Die Ausstellung « SUB ROSA » im Kloster Hegne 

Noch bis zum 14. September ist im Hotel St. Elisabeth des Klosters Hegne (D) die Ausstellung « SUB ROSA » zu sehen. Mit ihren gestrickten und gefilzten Kunst­werken eröffnet die Künstlerin Denise Bettelyoun einen neuen Blick auf die Natur, stellt verblüffende Zusammen­hänge her, fordert das Gegenüber humor­voll heraus, Selbstverständliches zu hinterfragen, und regt damit zum Nachdenken an.

Schon beim Betreten des Foyers des Hotels St. Elisabeth ziehen helle Stricke­reien mit riesigen Maschen die Aufmerk­samkeit auf sich : eine Heugarbe, über­grosse Getreideähren, Knospen und Blüten. Es erstaunt, wie sich solch filigrane Elemente der Natur in so einem Geflecht grober Fäden darstellen lassen. Mit feineren Maschen gelingt es der Künstlerin, auch Hände darzustellen, die ganz ineinander verflochten sind, und Gesichter, deren Augen, Ohren und Geist « zugemauert » erscheinen. Auf dem Strickbild « Generational Feeding » sind Brüste dargestellt, die sich in immer grösser werdenden Reihen aufeinandertürmen. « Die Brüste sind so flach, weil sie alle die nachfolgende Generation genährt haben », erklärt Denise Bettelyoun. 

Ihre gefilzten Bilder leben meist von einem markanten Weiss-Rot-Kontrast. In diesen veranschaulicht die Künstlerin zum Beispiel anhand von Tieren natürliche Kreisläufe wie « Geboren werden und Gebären ». Schliesslich sind noch mit Erdpigmenten und Acryl gefertigte Bilder ausgestellt, die traumhaft expressionistische Elemente miteinander verbinden. 

Textiles als Spiegel der Natur
Denise Bettelyoun, Tochter eines Oglala-Sioux-Indianers und einer deutschen Mutter, ist in einer Familie von Textil­künstlerinnen gross geworden : « Ich habe schon früh verschiedene Handarbeiten von meiner preussischen Urgrossmutter gelernt. » In ihrem Kunststudium lernte sie die klassischen Techniken, empfand aber Zeichnungen mit Stift auf weissem Papier schon bald als sehr kalt. Die Begegnung mit der mongolischen Filztechnik eröffnete ihr neue Möglichkeiten : « Ich konnte meine Zeichnungen in einen haptischen Grund einbetten. »
Durch die Auseinandersetzung in ihrer Doktorarbeit mit Textilien hat sich Denise Bettelyouns Blick für diesen Werkstoff geweitet. Sie entdeckte eine Entsprechung von Natur und Handarbeit : « Es gibt die Zelle, eine Ansammlung davon bildet eine Struktur, die Leben hervorbringt. In der Handarbeit gibt es die Masche, durch eine Summe davon baut sich eine Struktur auf, die alle Formen des Lebens abbilden kann. Wir reproduzieren das, was in unserer Natur liegt. »

Der Künstlerin erschlossen sich weitere Bedeutungsebenen des Textilen, auf die sie in ihren Kunstwerken aufmerksam machen möchte. Darauf verweist auch der Titel der Ausstellung « SUB ROSA (was so viel bedeutet wie : unter dem Siegel der Verschwiegenheit) – Die Weisheit, die in den Fäden ruht ».

Ein langer Weg
Ein besonders aufwendiger und anstren­gender Prozess stellt das Stricken dar. « Als Erstes überlege ich mir, wie sich ein Detail aus der Natur in gestrickter Form darstellen lässt », erzählt die Künstlerin. Dann entwirft und strickt sie verschiedene kleine Muster und wählt eines davon aus. Es folgt eine Maschenprobe in der originalen Grösse. Nachdem sie für sich einen Ablaufplan mit Art, Anzahl und Abfolge der Maschen geschrieben hat, beginnt der eigentliche Strickprozess. « Ich verwende dafür zwei bis zu 10 cm dicke Rundhölzer, die mit einem durchsichtigen Schlauch zu einer Art Rundstricknadel miteinander verbunden sind », erklärt Bettelyoun. Die Nadeln fertigt ein Schreiner für sie an, das Strickgarn dafür stellt sie sich auf dem eigenen Spinnrad her. Manche Werke können bis zu 40 Kilogramm wiegen. Um Ausdruck zu erhalten, müssen sie noch auf Holztafeln aufgezogen und hinterfüttert werden. 

Spiritueller Akt
Denise Bettelyouns Faszination für Pflanzen und Tiere führt sie auf ihre indigene Herkunft zurück : « Mein Vater hat mir beigebracht, dass alles in der Natur miteinander verbunden ist. » Handarbeit ist für sie ein Medium, diese Allverbundenheit auf allen Ebenen des Seins aufzuzeigen. Ihr künstlerisches Schaffen verweist damit auf etwas Grösseres, erhält für sie eine spirituelle Dimension.

Darüber hinaus versteht sie sich auch als « Textilaktivistin », die mit ihren Arbeiten gesellschaftliche Stereotypen wie Männer- und Frauenrollen humorvoll hinterfragt. Dazu zählt auch das grossformatige Filzbild vom Sündenfall, in dem Adams Penis zur versuchenden Schlange mutiert. 

Detlef Kissner, 02.07.2025


Weitere Infos zur Ausstellung

Blüten 2005, Gestrick
Quelle: Detlef Kissner
«Blüten 2005», 81cm x 117 cm, Gestrick

 

 

Denise Bettelyoun
Quelle: zVg
Denise Bettelyoun

 

 

 

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