Über Papst Benedikt XVI.

Bischof Felix Gmür trauert um Benedikt XVI. Dieser gab 2006 den Schweizer Bischöfen mit auf den Weg, bei allen kirchlichen Aufgaben zu unterstreichen, dass Gott im Zentrum stehe. Benedikts Engagement für die Alte Messe sieht Bischof Felix Gmür kritisch.

Bischof Felix Gmür, an welche Begegnungen mit Benedikt XVI. erinnern Sie sich?
Ich begegnete Benedikt XVI. mehrmals, am intensivsten beim Abschluss des Ad-limina-Besuches im November 2006, als ich Generalsekretär der Bischofskonferenz war. Die Schweizer Bischöfe waren mit den damaligen Kurienkardinälen und dem Papst an einem Tisch. Der Papst war sehr gut informiert, wusste um die pastoralen Schwierigkeiten und zeigte auch Verständnis für manche deutschschweizerischen Sonderzüge. Aber er wusste auch die Situation in einem einzelnen Land wie die Schweiz in grössere Zusammenhänge einzuordnen. Sein Ratschlag war, bei allen kirchlichen Aufgaben nicht zu vergessen, sondern zu unterstreichen, dass Gott im Zentrum steht.

Wann haben Sie als Theologiestudent zum ersten Mal den Namen Joseph Ratzinger gehört?
Im ersten Semester, als ich sein Buch «Einführung in das Christentum» las. Die Fragen über das Glaubensbekenntnis beschäftigen mich bis heute.

Was schätzen Sie an Joseph Ratzingers Theologie?
Für mich ist Ratzinger der Theologe, dem die Wahrheitsfrage am Herzen lag. Sie ist intellektuell spannend, aber trifft in den Überlegungen zur Heilsgeschichte die persönliche Glaubensentscheidung, wenn ich selbst in der Person Jesu Christi die Wahrheit finde.

Was wird von Benedikt XVI. in Erinnerung bleiben?
Das wird die Geschichte zeigen. Entscheidend ist sicher sein Amtsverzicht als Papst. Das war ein grosser Akt der Bescheidenheit. Damit trug er zur Vermenschlichung des Petrusdienstes bei.

In der Schweiz war Joseph Ratzinger als Präfekt der Glaubenskongregation und als Papst Benedikt XVI. zum Teil sehr unbeliebt. Mit welchen Entscheidungen hatten Sie Mühe?
Die Unterscheidung von ordentlicher und ausserordentlicher Form des einen römischen Ritus machte mir Mühe, weil sie für viele Gläubige mehr Verwirrung als Klarheit stiftete.

Hans Küng war Priester des Bistums Basel. Warum hat Benedikt XVI. ihn nie rehabilitiert?
Die beiden trafen sich einmal zu einem langen Versöhnungsgespräch. Wieso es nachher zu keinen weiteren Schritten kam, weiss ich nicht. Hans Küng selbst hat mir davon nie etwas erzählt.

Welchen Impuls von Benedikt XVI. nehmen Sie mit nach Prag, wo im Februar das europäische Synodentreffen des synodalen Prozesses stattfindet?
In einer seiner letzten Predigten als Papst sprach Benedikt von den drei Weisen auf dem Weg zur Jesuskrippe. Er sah in ihnen Menschen, die Gott suchten, die auf dem Weg zu Gott waren. Bei allen praktischen Fragen dürfen wir nicht vergessen, dass die Kirche dazu da ist, die Menschen in ihrer Gottsuche zu stützen, zu begleiten, zu führen. Wir gehen auf Gott hin, weil er die Liebe ist, wie Benedikt in seiner ersten Enzyklika sehr schön erläutert.

Schriftliches Interview: Raphael Rauch/Red., 11.01.2023
 

Papst Franziskus besucht emeritierten Papst Benedikt XVI.
Quelle: KNA-Bild
Papst Franziskus besucht den emeritierten Papst Benedikt XVI. Ende August 2022. Hinten Erzbischof Georg Gänswein, Benedikts Privatsekretär

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