Hohe Austrittsrate auch im Thurgau

Das Jahr 2019 hinterlässt deutliche Spuren in der katholischen Kirche in der Schweiz. Die Austrittszahlen sind alarmierend. 

Missbrauch, Frauen im kirchlichen Abseits, ein schwacher Start für den Prozess der kirchlichen Erneuerung haben 2019 bei vielen Katholikinnen und Katholiken Enttäuschungen ausgelöst. Andere wollen sich einfach die Kirchensteuer sparen. Eine Umfrage von kath.ch förderte ernüchternde Resultate zu Tage. Eine Gesamtübersicht für die Jahresstatistik 2019 ist noch nicht möglich. Einige Kantonalkirchen werden erst in den kommenden Monaten mit der Erhebung der Zahlen fertig. Vieles spricht jedoch dafür, dass sich so viele Menschen wie noch nie von der katholischen Kirche verabschiedet haben. 

Höchstzahlen in verschiedenen Kantonen 
Der Thurgau verzeichnete vergangenes Jahr 1362 Austritte. Das ist die höchste Austrittsrate seit Jahren, wie die Kantonalkirche festhält. Auch der Kanton Zürich weist einen Negativrekord aus, der in den letzten 60 Jahren nicht so hoch war, denn 2019 traten hier 7044 Personen aus der katholischen Kirche aus. Im Aargau waren es im vergangenen Jahr 4672 Kirchenaustritte. Die katholische Kirche im Kanton Zug verlor im vergangenen Jahr rund tausend Mitglieder, ebenso die Kirche in Genf und jene in Schwyz. Das dürfte sowohl auf Kirchenaustritte wie auf Todesfälle zurückzuführen sein. 

Irreführende Statistik 
In der Waadt führt der Kanton die Religionsstatistik. Gemäss Kanton zählte die katholische Kirche 234’465 Mitglieder im Jahr 2018, am Stichtag ein Jahr später waren es 224’713 Personen, also fast 10’000 Personen weniger. Der Sprecher der Kantonalkirche, Olivier Schöpfer, führt die hohe Zahl auf die Erhebungsmethode in der Waadt zurück. Die Religionszugehörigkeit kann seit rund drei Jahren auf der kantonalen Steuererklärung angegeben werden, muss aber nicht. Gewisse Gemeinden haben die Erhebung der Religionszugehörigkeit ganz gestrichen. Offiziell gab es gemäss Schöpfer in der Waadt letztes Jahr 47 Anfragen für Kirchenaustritte und 938 Taufen. 

Manchmal genügt ein kleiner Tropfen
3393 Personen traten in St. Gallen aus. Das ist ebenfalls ein Höchststand. Die Situation in St. Gallen dürfte sich nicht von jenen anderen Kantonen unterscheiden, schätzt Thomas Franck, Verwaltungsdirektor des Katholischen Konfessionsteils des Kantons St. Gallen. Ein Grund, der immer wieder genannt werde: der Umgang mit dem Missbrauch. Insgesamt werde auch die Distanzierung zur Kirche grösser. «Manchmal braucht es einen Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.» 

Erneuerung interessiert Kirchenferne nicht 
Franck geht nicht davon aus, dass der zögerliche Start des kirchlichen Erneuerungsprozesses ein solcher Tropfen ist. «Der synodale Weg ist bei engagierten Katholiken sehr präsent. Für den Austritt werden aber vielfach vorgedruckte Formulare benutzt. » Austrittswillige beschäftigten sich vermutlich gar nicht mehr mit der Erneuerung der Kirche. Auch engagierte Kirchenmitglieder würden aus Enttäuschung die Kirche verlassen. Diese bildeten aber nur einen kleinen Teil der Austretenden. 

Georges Scherrer, kath.ch/Red. (14.04.20)
 

Leere Kirchen
Auch im Thurgau leerten sich im letzten Jahr die Kirchenbänke.

Bild: Sarah Stutte

 

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