Eine Ausstellung zum Werk von Johannes Hugentobler

Wenn es die Bezeichnung Gesamtkunstwerker gäbe, wäre er der Inbegriff dieses Künstlertyps: der Maler und Architekt Johannes Hugentobler. Eine Ausstellung im Museum Appenzell gibt Einblick in sein Schaffen. Sie knüpft beim bildnerischen Werk an und öffnet den Zugang zu seinen Fassaden und Kirchen. 

Es ist nichts weniger als eine Entdeckung, die man derzeit in Appenzell machen kann. Denn der 1953 verstorbene Johannes Hugentobler war für über 60 Jahre mehr oder weniger in Vergessenheit geraten. Dies obwohl seine Kunstfertigkeit für jeden sichtbar in der Appenzeller Hauptgasse prangt. Dort hatte Hugentobler 1931 die Löwendrogerie, das Geschäft seines Schwiegervaters, mit Heilpflanzen bemalt. Diese hoben sich so vorteilhaft vom Grau der übrigen Häuserzeile ab, dass weitere Aufträge folgten. Es war der Grundstein zu einer Tradition, die bis heute gepflegt wird. Dennoch wissen die wenigsten, wer der Mann war, dem Appenzell seine Touristenattraktion verdankt. 

Das will das Museum Appenzell nun ändern. «Eine Ausstellung über Johannes Hugentobler war überfällig», sagt Martina Obrecht, die mitverantwortliche Kuratorin. Anlass dazu gab der Nachlass des Künstlers, der 2016 an das Museum überging. Gezeigt werden rund 55 Tafelbilder, die mehrheitlich in den 1920er- und 50er-Jahren entstanden sind. Es sind formal reduzierte Landschaften von teilweise naivem Duktus und grosser farblicher Intensität. Die Nähe zu den Malern des Expressionismus ist spürbar, etwa im Bild «Bäume am Abend» – zwei rote Bäume auf grüner Wiese und rotem Himmel –, diejenige zu seinem Malerfreund Ferdinand Gehr oft geradezu frappant. Blumenbilder und sakrale Werke bilden einen weiteren Schwerpunkt der Ausstellung. In diesen Motiven verbindet Hugentobler intensive Farbkraft mit sparsam gesetzten weissen Konturen von Blumen oder Engeln. Gerade in dieser Verknüpfung von satter Farbe und Transparenz zeigt sich Hugentoblers unverwechselbarer Stil. 

Die Liebe zur Kunst 

1897 in Staad am Bodensee geboren, wächst Hugentobler in ärmlichen Verhältnissen auf. Nach der Mittelschulzeit in St. Gallen, wo seine Liebe für Literatur und Kunst geweckt wird, steht sein Entschluss fest: Er will Künstler werden. Er besucht die Kunstgewerbeschule eben da und lässt sich zum Lithographen ausbilden. Es folgen Studienreisen nach Italien, Griechenland, Litauen und später nach Paris. Im Alter von 26 Jahren erhält Hugentobler den ersten öffentlichen Auftrag. Er schmückt den Turm der Appenzeller Pfarreikirche mit einem Bildnis des heiligen Mauritius. Hugentobler malt eine elf Meter hohe Figur in römischer Soldatentracht. Das ist gleichsam eine Ansage. Denn es ist die sakrale Kunst, die ihn sein Leben lang zutiefst beschäftigen wird. 

Scheitern und Erfolg

Doch vorerst scheitert der junge Künstler an einer Auferstehungsszene, die er 1923 für die Pfarrkirche in Mels malt. Sie ist den Kirchgängern zu modern. Für den Maler selbst aber ist das Bild eine Offenbarung. In einem Brief an seine zukünftige Frau Zilla Dobler schreibt er: «Ich finde mich zum ersten Mal selber.» Es kommen Jahre der Entbehrung, in denen sich der Künstler mit Tafelbildern und mit Aufträgen aus dem Freundes- und Gönnerkreis über Wasser hält. Das ändert sich 1930, als Hugentobler für die Klosterkirche in Jakobsbad einen Kreuzweg gestalten kann. Nun gelingt der Durchbruch. Als Architekt, Maler und – wenn man so will – Designer baut und renoviert er Kapellen und Kirchen. Es entstehen Gesamtkunstwerke, die von seiner Fähigkeit zeugen, Räume von atmosphärischer Tiefe zu schaffen. 

Die Ausstellung 

Zu sehen sind in der Ausstellung deshalb auch Skizzen, Pläne und Entwürfe, die Hugentoblers Tätigkeit als Architekt und Designer dokumentieren. Vom grossen Ganzen bis zum Detail eines Eisentürbeschlags, vom Altarbild bis zur elektrischen Beleuchtung trägt alles seine Handschrift. «Es war uns wichtig, diese Seite Hugentoblers zu zeigen, da sie für sein Werk zentral ist», so Martina Obrecht. Das Material schlägt zudem den Bogen zum Begleitprogramm der Ausstellung: Exkursionen führen zu Kapellen in der Umgebung und in die Gassen vor Ort. Die Ausstellung im Museum Appenzell ist noch bis 17. Februar 2019 geöffnet. 

Sibylle Zambon-Akeret 



Nähere Infos unter museum.ai.ch


 

Die Kapelle St. Magdalena, Steinegg, mit Malereien von Johannes Hugentobler

 

Johannes Hugentobler, 1945


Bilder: zVg

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