KirchenWege: Mit dem Zug von Weinfelden nach Bischofszell

Ausgangspunkt ist Weinfelden. Die katholische Kirche St. Johannes liegt gleich neben dem Friedhof, unweit des Bahnhofs. Sie strahlt aussen weiss und barock. Innen ist sie dagegen in Beige gestrichen. Viele Statuen «möblieren» die Kirche. Leise Musik hilft zur Ruhe zu kommen.

Die bunten Glasfenster aus den 30er-Jahren haben überwiegend Themen aus der hebräischen Bibel: Moses, David, die Vertreibung aus dem Paradies etc. und zwei beeindruckende Erzengel. Das Neue Testament ist mit Maria und Jesus am Ölberg vertreten. Diesmal fielen mir die Angaben zu den Spender*innen der Fenster besonders auf. Sie sind integrierter Bestandteil der Scheiben. Was mag Menschen dazu bewogen haben, sich dort so prominent zu verewigen? Wollten sie sich als gute Christen ausweisen? Den Weg zum Himmel ebnen? Gäbe es etwas, das ich mit meinem Namen so entschieden mir zuordnen wollte? Die Katholiken bauten erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine eigene Kirche. Die bauliche Ökumene dauerte recht lange!

Auf dem Berg
Die beiden Sulgener Kirchen liegen vom Bahnhof her kommend oben im Dorf. Mir kommt der Psalm-Vers in den Sinn «Wir ziehen hinauf zum Berge des Herrn». Die katholische Kirche ist sofort sichtbar, ein Betonbau, massiv mit kleinen Fenstern, die das Licht filtern. Dies gibt dem Innenraum eine Atmosphäre der Besinnung. Die Modernität wird durch eine alte Madonna mit Kind kontrastiert. In Corona-Zeiten standen viele Kerzen vor ihr. Der Raum war coronamässig vorbereitet, mit rotweissen Bändern jede zweite Bank abgesperrt, selbst die Gesangbücher sind in Quarantäne! Irritierend, aber notwendig. Der Altar liegt übrigens im Raum weit hinten an der Rückwand – für mich ein bisschen weit weg vom Volk! Nach einem kurzen Spaziergang kommt man im alten Dorfkern zur reformierten Kirche. Sie ist eher pragmatisch gestaltet. Dafür lädt die Umgebung mit einem kleinen Park inmitten alter Riegelhäuser zum Verweilen ein, inklusive Restaurants. Die Sulgener Kirche ist historisch ein Schwergewicht, sie hat eine mehr als 1000 Jahre alte Geschichte: Mutterkirche für Berg, Erlen, Bürglen und Neukirch. Die Kirche war bis 1961 paritätisch. Sehr berührt hat mich der Bericht der grossen Nöte um 1700, als der Pfarrer wegen Pest und Hungersnöten allein in Berg 150, in Sulgen 814 Opfer bestatten musste.

Hinabsteigen zu Kirchen und Rosengärten
In Bischofszell liegen die beiden Kirchen nicht weit vom Bahnhof entfernt. Man geht hier nach unten. Die evangelische Johanneskirche, ein moderner zweckmässiger Bau aus Beton, ist nur wenige Schritte entfernt. Das Innere vermochte mich nicht «anzuheimeln», wobei die technischen Installationen für die Übertragung der Gottesdienste wegen der Corona-Zeit sicher ihren Teil dazu beitrugen. Ist die Kirche geschlossen, kann man sich im Sekretariat melden. Der Vorplatz aber bietet eine prächtige Sicht auf die Altstadt, die man geniessen sollte! Ein kleiner Weg nach unten führt zum barocken Rosengarten, den ich in Blüte erlebte. Dahinter liegen die Gassen der Altstadt. Die katholische Kirche St. Pelagius diente seit dem 13. Jahrhundert als Pfarrkirche, bis 1968 paritätisch. Der Chor der drei Schiffe wird mit je einer Seitenkapelle erweitert. Die Kirche bietet viele Stile und Kunstwerke aus der Vorreformation sowie eine neugotische prächtige Marienkapelle. Das Schiff ist karg mit schlichten Bänken fürs Volk, der Chor dagegen Barock mit allem Glanz und prächtigem Gestühl. Es lohnt sich, Zeit und Ruhe mitzubringen für diesen Raum. Ganz nah liegt die Michaelskapelle (14. Jahrhundert) und die Kirchenwiese, früher ein Friedhof, auf der heute die Kinder spielen. Sie ist von wunderbaren alten Häusern eingerahmt, ein Platz wie aus der Zeit gefallen. Die Gassen der Altstadt mit Orten wie «Süsser Winkel», «Verlorenes Loch» oder «Zitronengässchen» sowie das prachtvolle Rathaus sind einen Spaziergang wert.

Gemeinsam genutzte Kirchen
Bei dieser Reise fiel mir auf, wie lange die Kirchen in diesem Raum paritätisch genutzt wurden – durchaus nicht immer friedlich. Aber man musste miteinander einen Weg finden, mindestens bei der Gottesdienstzeit. Ich bin per Bahn gereist, aber man kann auch den Bus oder das Velo nehmen, durchs Thurtal an Industrieanlagen und idyllischer Natur vorbei. Es lohnt sich bestimmt, für Bischofszell mit seiner reichen Geschichte einen ganzen
Tag zu reservieren!

Christiane Faschon (14.7.20)

Katholische Kirche von Weinfelden
Quelle: Detlef Kissner
Christiane Faschon erkundet die katholische Kirche von Weinfelden.​​​​

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