Ikonen-Schule in der Schweiz

Seit Anfang 2021 gibt es in Luzern eine Ikonen-Schule. Sie ist in der römisch-katholischen Kirche der Schweiz eine der ersten derartigen Einrichtungen. Eine Innovation also. Um mehr über ihr Wirken und das Handwerk der Ikonographie zu erfahren, hat sich Kirche ohne Grenzen mit Stefanie Blaser (39), einem Gründungsmitglied des Vereins, getroffen.

«Es benötigt Fachkräfte, welche sich mit christlicher Bildtheologie auseinandersetzen. Denn hinter christlichen Bildern, Statuen oder eben Ikonen, steckt viel Theologie und Symbolik», beginnt Stefanie Blaser das Gespräch und gibt somit einen ersten Grund an, weshalb es in der Westkirche eine Ikonen-Schule benötigt. Klar könne jede*r das Gesehene interpretieren, aber um bestimmte Gesten, Farben und Weiteres entsprechend und korrekt einordnen zu können, würde es mehr als eine persönliche Interpretation benötigen. «Wir setzen mit dieser neu gegründeten Ikonen-Schule den Auftrag des Zweiten Vatikanischen Konzils um, bei welchem in Sacrosanctum Concilium Art 126ff. ebendies klar gefordert wird. Diese Artikel tragen den Bischöfen auf, dass sie vor Ort Kunstakademien fördern sollen und dass sie somit auch die Künstler*innen der sakralen Kunst fördern», betont Blaser eindringlich.

Zugang zum Glauben
Im Osten betreiben die Klöster selbst Ikonen-Schulen im klassischen Sinne, vereinzelt auch Priester in ihren Gemeinden, wodurch die Ikonentheologie weitervermittelt wird. Im Westen jedoch gehe es um christliche Bilder im Allgemeinen wie Statuen, moderne Bilder und nebst anderem eben auch um Ikonen. «Darum ist unser Auftrag als Ikonen-Schule nicht nur das Herstellen von Ikonen, sondern das Betreiben christlicher Bildtheologie. Und dies bis hin in die akademische Auseinandersetzung damit», so Blaser. In der Westkirche sei es nicht so, dass nur Ordensleute und Priester Ikonen schreiben dürfen und können, sondern alle Gläubigen, die einen Zugang zum christlichen Glauben und Ikonen haben.

Geschriebenes Evangelium
Es sei ein anderer Zugang zum Evangelium. Einer, welcher weit mehr als bloss die intellektuelle Ebene berühre. Ikonen würden geschrieben und nicht gemalt, da man bei jeder Ikone, auch wenn es sich dabei um einen Heiligen handle, das Evangelium abschreibe. Bei Ikonen aber nicht Buchstabe für Buchstabe, sondern Strich für Strich. Blaser beschreibt: «Es ist ein Schreiben, welches das Evangelium durch den ganzen Körper hindurchgehen lässt und alle Sinne anregt». Personen und ganze biblische Szenen werden abgebildet.

Ikone für jede*n
«Die Ikonen-Schule bietet Kurse und Workshops für Institutionen, Gruppen und Pfarreien an, leistet Aufklärungsarbeit, hält themenspezifische Referate, investiert in Forschung christlicher Bildtheologie, stellt im Auftrag für Privat- oder Geschäftskund*innen individuelle Ikonen her und leitet Einzelpersonen sowie Gruppen im Ikonenschreiben, dem ikonographischen Handwerk selbst, an», listet Blaser die Tätigkeitsfelder des Vereins auf. Das Herstellen einer eigenen Ikone bedürfe keiner Vorkenntnisse oder aussergewöhnlicher künstlerischer Talente. Jede*r könne eine schöne Ikone schreiben. In einem Kurs in einem Kloster (als Exerzitien) oder in einer örtlichen Pfarrei oder Gruppierung kann man die Ikone herstellen. «Angeleitet durch einen unserer Ikonographen und begleitet durch Impulse sowie Gebet», erklärt Blaser. Sie bieten Kurse für jegliche Alterskategorien an und besprechen mit den Pfarreien und Gruppierungen jeweils individuell, welche Art von Kurs am sinnvollsten und auch realisierbar ist. Blaser fügt ausführend hinzu: «Man kann zudem Passiv- oder Aktivmitglied beim Verein Ikonen-Schule werden und hat damit je nach dem auch die Möglichkeit, an weiteren Angeboten teilzunehmen oder sich sogar verbindlicher einzubringen.» So hat die Ikonen-Schule noch viele Aufgabengebiete, welche vergeben werden können.

Wunsch an Klerus und Gläubige
«Wir wünschen uns, dass der Klerus aber auch die Gläubigen selbst sensibler werden und christliche Bilder als solche erkennen und anerkennen, dass sie eine Tiefe haben. Diese Kunst sollte in der Theologie wie auch in der Volksfrömmigkeit vor Ort ernst genommen werden», betont Blaser zum Schluss des Gesprächs.

Interview & Text: Romina Monferrini, Kirche ohne Grenzen, 27.7.21
Übersetzung: Monika Freund Schoch


Gospel in color

Icon School in Switzerland

Since the beginning of 2021 there is an Icon School in Switzerland. It is one of the first such institutions in the Roman Catholic Church in Switzerland. Therefore, it’s an innovation. To learn more about its work and the craft of iconography, KoG met with Stefanie Blaser (39), a founding member of the association.

«It needs professionals who deal with Christian image theology, because behind Christian pictures, statues or even icons, there is a lot of theology and symbolism», Stefanie Blaser begins the conversation and thus gives a first reason why there is a need for an icon school in the Western Church. Of course, everyone can interpret what they see, but in order to be able to classify certain gestures, colors and further aspects appropriately and correctly, more than a personal interpretation would be needed. «With this newly founded Icon School, we are implementing the mandate of the Second Vatican Council, which clearly calls for this in Sacrosanctum Concilium Art 126ff. These articles impose on the bishops that they should endorse locally academies of art and that, therefore, they also promote the artists of sacred art,» emphasizes Blaser emphatically.

Written Gospel
Through the icons there’s a different approach to the Gospel, which touches far more than just the intellectual level. Icons are written, not painted, because even if it presents a saint, the Gospel is being transcribed thereby. With icons, however, not letter by letter, but brushstroke by brush-stroke. Blaser describes: «During this way of writing the Gospel passes through the whole body and stimulates all the senses.» Persons and entire biblical scenes are being depicted. 

Request to clergy and faithful
«We wish that the clergy, but also the believers themselves, would become more sensitive and not simply dismiss Christian images as art, but recognize and acknowledge that it has a depth. And take it seriously in theology as well as in local popular piety,» Blaser emphasizes at the end of the conversation.

Ikonen-Schule
Quelle: Romina Monferrini
Stefanie Blaser: «Wir raten Anfänger*innen, ein Porträt zu schreiben, danach kann man sich auch mal Gewändern widmen. Für Fortgeschrittene warten ganze Szenen zum Schreiben.»

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