Wie aus einem Stein eine Maria Magdalena wird

Seit Ende Juli ziert eine Statue der Maria Magdalena den Pfarrhauseingang der katholischen Kirchgemeinde Weinfelden. Geschaffen hat sie der ortsansässige Bildhauer Felix Hotz. forumKirche sprach mit ihm darüber, wie ein solches Projekt von der Idee bis zur Fertigstellung realisiert wird. 

In der Nische über dem Eingang des 1910 erbauten Weinfelder Pfarrhauses stand noch nie eine Figur. Das wollte Gemeindeleiter Armin Ruf ändern. Deshalb ging er im November letzten Jahres auf Felix Hotz zu und fragte ihn, ob er für die Pfarrei eine Maria Magdalena aus Stein schaffen könne. Der pensionierte Bildhauer nahm die Herausforderung gerne an und arbeitete sich in das Thema ein. «Wir waren uns einig, dass es keine Betende, sondern eine ganz normale Frau werden sollte», so Hotz.
Er stellte vier kleine Modelle aus Gips her, in denen er unterschiedliche Haltungen ausprobierte. «Die Modelle hatten alle einen Schleier. Uns wurde aber klar, dass wir Maria Magdalena mit offenem Haar darstellen wollen, so, als ob sie gerade von der Arbeit auf dem Feld kommt. Sie sollte keine typische Heilige werden», erklärt der Künstler. So entschieden sich Armin Ruf und er nach intensiven Gesprächen auch gegen ein langes Gewand – die Beine sollten zu sehen sein - und dafür, dass eine Schulter frei ist. Da Maria Magdalena nach dem Johannesevangelium als erste das leere Grab Jesu entdeckte, sollte dieses symbolisch neben ihr dargestellt werden. Ein wichtiger Punkt war auch die Haltung der Hände. «Wir fanden es stimmig, dass Maria Magdalena mit offenen Händen dasteht, mit der einen auf das leere Grab weisend, mit der anderen ihre Botschaft in die Welt gebend», sagt Felix Hotz.

Die Umsetzung
Nach diesen Klärungen folgte die intensivste Phase. In etwa fünf Monaten gestaltete der Künstler ein Modell aus Lehm in Originalgrösse. «Ich habe das Modell immer wieder eingepackt, ruhen lassen, wieder ausgepackt und daran weitergearbeitet. Es braucht zwischendurch die Distanz und ein neues Darauf-Zugehen.» Der Werkstoff Lehm eigne sich besonders gut dazu, Dinge umzugestalten und auszuprobieren. Danach begann die kunsthandwerkliche Umsetzung: Das fertige Modell wurde mit Gips umhüllt, um ein Negativ herzustellen. Dieses wurde mit einer Trennschicht versehen und wiederum mit Gips ausgefüllt. So entstand eine Gipsfigur, die sich als Vorlage für die Bildhauerarbeiten eignete. 

Von Gips in Stein
Mithilfe eines Gerätes, mit dem Abstände millimetergenau vermessen werden können, übertrug Felix Hotz Hunderte von Referenzpunkten vom Gipsmodell auf einen Block aus Savonnières-Muschelkalk, indem er diesen mit seinen Metallwerkzeugen millimeterweise reduzierte. Dabei war Vorsicht geboten: Was einmal wegeschlagen ist, kann nicht mehr ersetzt werden. Bei den Bildhauerarbeiten konnte er noch kleinere Änderungen vornehmen. So war es ihm möglich, die Draperien bewusst zu steigern, damit das Licht- und Schattenspiel auf dem porösen Stein besser zur Geltung kommt. 
Mit dem Ergebnis ist Felix Hotz zufrieden: «Es ist eine junge, lebendige, auch attraktive Frau geworden - eine mit Lebenserfahrung. Sie könnte vom Eierlewald her übers Feld kommen und zur Kirche gehen.»

Detlef Kissner, forumKirche, 18.10.2022
 

Felix Hotz neben dem Gipsmodell der Maria Magdalena
Quelle: Detlef Kissner
Felix Hotz neben dem Gipsmodell der Maria Magdalena

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