Im Gespräch mit einem Psalmdichter unserer Zeit

Michael Peter Fuchs hat in Fortsetzung der biblischen Psalmen 30 neue Psalmen auf Mundart und Hochdeutsch herausgegeben. Damit stellt er sich in die Reihe der Psalmbeter, um die «Debatte mit Gott» weiterzuführen.

Sie haben Psalm 151 bis 180 neu gedichtet und vertont – auch auf Mundart. Wie kamen Sie dazu?
Angefangen hatte es vor ein paar Jahren damit, dass ich im Rahmen von Gemeindekonzerten in St. Heinrich (Kiel) jeweils einen neuen Psalm vortrug, was dazu führte, dass ich im Februar 2020 mein erstes Konzert in St. Heinrich geben durfte. Das Feedback darauf gab mir einen solchen Schub, dass in der Folgezeit zu den anfänglichen zwölf neuen Psalmen 18 weitere dazukamen. Beflügelt wurde ich zudem durch den rex Verlag, Luzern, der meinem Projekt gegenüber aufgeschlossen war, durch gute Musiker, die bereit waren, mich zu begleiten, sowie durch den Leiter des Aufnahmestudios in Kiel.

Darf man überhaupt den Psalter um 30 neue Psalmen ergänzen?
Das Risiko, vielleicht als anmassend beurteilt zu werden, gehe ich ein, weil ich ja das Gespräch mit «Menschen guten Willens» suche. Wenn mir jemand schreibt, dass er durch die neuen Psalmen erstmalig auf die biblischen Psalmen gestossen ist und nun angefangen hat, diese zu lesen, weiss ich, dass meine Rede von der Ergänzung, obwohl für manche Ohren vielleicht provokativ, nicht so verkehrt sein kann.

Welches war Ihre Motivation?
Schon mein ganzes Leben lang bin ich fasziniert von diesem grossen Geheimnis, das wir Gott nennen oder Liebe oder Leben oder Christus oder einfach DU. Es hat mich sensibilisiert für die Frage, wie ich leben soll, um diesem Geheimnis immer näherzukommen. Vielleicht sind die neuen Psalmen auch so etwas wie eine Frucht meines langen Lebens. Sie handeln in Wort und Melodie von meinen Erfahrungen mit diesem Geheimnis auf meinem (Un-)Glaubensweg – mit allem Auf und Ab. Dann lag für mich die Ergänzung des Psalters um weitere 30 Psalmen auf der Hand. Als Christ bin und bleibe ich zwar gegründet auf dem Judentum, meinen Wurzeln, bringe aber gleichzeitig etwas Neues ein: das Bekenntnis zu Jesus von Nazareth. Ein Leser schrieb mir, er würde meine neuen Psalmen als neutestamentlich bezeichnen. Ja, das trifft es wohl, das ist das eigentlich Neue an diesen Psalmen.

Warum auch auf Mundart und warum musikalisch untermalt?
Sicher, Jesus war kein Schweizer, aber der Jesus in mir spricht Schweizerdeutsch. Obwohl ich schon lange im Norden Deutschlands lebe und hier heimisch geworden bin, ist Schweizerdeutsch meine Herzenssprache geblieben. Und eine echte Begegnung findet bekanntlich von Herz zu Herz statt. Dass die neuen Psalmen gesungen werden, ist eine weitere Gemeinsamkeit zwischen den biblischen und den neuen Psalmen und ein weiteres Indiz dafür, dass sich die neuen Psalmen an den biblischen orientieren.

Weshalb haben Sie neue Psalmen gemacht und nicht einfach neue geistliche Lieder?
Nicht geistliche Lieder haben mich inspiriert, sondern die biblischen Psalmen, und ich bin froh darüber. Bei den Psalmen geht es zur Sache. Sie sagen mehr, als was dasteht, ihr jeweiliger Kontext schwingt mit, sie enthalten Fragmente von Lebens- und Glaubensgeschichten, sie sind ehrlich, lassen (menschliche und göttliche) Widersprüche zu, vertreten alle Stimmlagen gegenüber Gott und der Welt, geben nicht vor, auf alle Fragen eine Antwort zu haben – mit anderen Worten: Sie geben mir den Freiraum, den ich brauche, um mich selbst finden zu können.

Sie waren bereits mit Ihren Psalmen in Deutschland und in der Schweiz auf Tournee. Mission erfüllt?
Ob in Norddeutschland, bei einzelnen Einsätzen oder im April bei der Schweizer Tournee – überall war die Geistkraft Gottes spürbar am Wirken. Aufgrund der an allen Orten erfolgten Resonanz weiss ich jetzt: Die neuen Psalmen sind «stimmig», «tragen», «berühren», «richten auf», «verbinden sich mit dem eigenen Leben», «sind lebensnah», «authentisch», «führen nach innen», «zur Andacht», sind ein «Gottesdienst» usw. Das freut mich zutiefst. Egal, in welcher Besetzung wir spielen (zu viert, zu dritt, zu zweit oder ich allein), egal, wie viele Leute kommen: Die Botschaft der neuen Psalmen in Wort und Melodie spricht für sich selbst. Das alles erlebe ich als eine Art Bestätigung meiner Wahrnehmung, die neuen Psalmen seien nicht mein Werk, sondern ein Geschenk von oben.

Interview: SKZ/Red., 15.03.2023
(Erstveröffentlichung in SKZ 10/2022)


■ Michael Peter Fuchs präsentiert seine Psalmen am 1. April um 18 Uhr in einem Gottesdienst in der katholischen Pfarrkirche von Sitterdorf.

Michael Peter Fuchs hat eigene Psalmen gedichtet und vertont.
Quelle: Milan Mitrovic
Michael Peter Fuchs hat eigene Psalmen gedichtet und vertont.

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psalm 158 

mit gott im rugge
über muure springe
mit DIR im rugge
gib ich ned uuf

mit gott im rugge
über miin schatte springe
mit DIR im rugge
chan ich vergä

mit gott im rugge
miini dämone besiige
mit DIR im rugge
bin ich wider frey   

mit gott im rugge
vo neuem stuune
mit DIR im rugge
werd ich berüehrt

mit gott im rugge
wachsd d freud an allem
mit DIR im rugge
bin ich voller dank

mit gott im rugge
chan ich mich verschänke
mit DIR im rugge
verlür ich mich ned

mit gott im rugge
isch sogar s schiitere sinnig
mit DIR im rugge
isch s läbe es gschänk

mit gott im rugge
bin ich kei nummere meh
mit DIR im rugge
weiss ich wer ich be

mit DIR im rugge
läbid mir usem vertroue
mit gott im rugge
wäm mir zäme wiitergoh
 
mit DIR im rugge
wird d liebi grösser
mit gott im rugge
wird d wält gerächt 

mit DIR im rugge
sorgid mir guet für d schöpfig
jo mit gott im rugge
chömmid mir a s ziil
chömmid mir a s ziil

Michael Peter Fuchs

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