Auf den Fersen eines Mesmers

Kirchenbesucher*innen erblicken Matija Murk oft bei seinen letzten Vorbereitungen kurz vor einem Gottesdienst. Doch der Vollzeit-Mesmer von St. Maria Schaffhausen ist für viele andere Aufgaben zuständig, die die Öffentlichkeit kaum mitbekommt. 

Seit zwei Jahren wirkt der 40-jährige Kroate in und um St. Maria. Seine Präsenz ist bei Aktivitäten in der Kirche erforderlich, vor allem bei Gottesdiensten, Feiern und Konzerten. Mesmer (mittellateinisch masionarius) bedeutet «Haushüter». Es ist Matija Murks Aufgabe, um acht Uhr die Kirchentüren auf- und generell um 19.30 Uhr wieder zuzuschliessen. Aber morgens um sieben kann man schon seine lauten Maschinen zum Reinigen und Polieren der Böden und Bänke hinter verschlossenen Türen hören. Auf seinem Putzplan stehen auch die 14 Kronleuchter im Kirchengewölbe. Sie lässt Matija Murk jährlich herunter, um das Messing zu polieren. «Alles muss sauber und schön sein, damit die Menschen sich auch wohl fühlen.»

Hinter den Kulissen

Auch in der Sakristei herrscht Ordnung. Matija Murk kümmert sich um die Reinigung der liturgischen Textilen, dazu gehören auch die Paramente von Ambo, Altar und Tabernakel. Regelmässig muss er Kerzen, Hostien, Messwein und Blumenschmuck bestellen. Einmal jährlich kommen Palmzweige, Adventskranz und acht Meter hohe Tannenbäume hinzu, die der Alleskönner selber bindet bzw. aufstellt und dekoriert. Seine Wartungen im Kirchengebäude beinhalten auch die Kontrollgänge zu den Glocken und in das Orgelgehäuse, um den Befeuchter zu füllen. Als Abwart sorgt er sich um das Pfarreizentrum, reinigt den Spielgruppenraum und die öffentlichen WCs. Bei der Gartenarbeit rund um St. Maria unterstützt Matija Murk einen anderen Mesmer. Es freute ihn, positives Feedback zu den Blumenrabatten zu erhalten, nachdem sie dort 1'400 Blumenzwiebeln gesetzt haben. «Das ist bereits ein herzliches Willkommen vor der Kirche», erklärt der engagierte Angestellte.

Intensive Wochenenden

Bereits donnerstags fängt der einstige Priesterkandidat und nun verheiratete Familienvater mit den Wochenend-Vorbereitungen an. «Der Mesmer muss immer zwei, drei Gedanken vorausplanen», erklärt der frühere Teamleiter. Er bestückt die Liedtafeln mit Nummern und bereitet die Paramente, Messbücher, Hostien und vieles mehr für die Gottesdienste vor. Auch legt er viel Wert auf die religiösen Ausmalbilder zum Sonntag, die er am Kindertisch im Nebenschiff austauscht. Hochzeiten, Taufen und besondere Feiertage erweitern sein Aufgabengebiet. «Trotz perfekter Vorbereitung, muss ich immer da sein», sagt der Gastgeber der Kirche und berichtet von kaputten Mikrofonen, Erste-Hilfe-Einsätzen oder vom Einsatz als Ministrant und Lektor. St. Maria ist auch die Heimatpfarrei von fünf Missionen, die ihre Gottesdienste in italienischer, spanischer, portugiesischer, ungarischer oder tamilischer Sprache halten. Murk dekoriert auch für ihre speziellen Feiertage und hat viele schöne Erlebnisse mit diesen Gläubigen.

Mystik mit Licht und Natur

Jede Woche muss der Mesmer über 500 Opferkerzen erneuern. «Kerzenlicht ist eben etwas Schönes und Verbindendes», erklärt er. In seinem Lager zeigt er 12 verschiedene Kerzengrössen. Ihre Bedeutungen und Anwendungen sind dem Theologen sehr wichtig. Ostern werden immer neue Kerzen als Symbol für Neubeginn und Reinheit verwendet. Bei der Roratefeier inszeniert Matija Murk mit circa 400 Kerzen eine Mystik mit Lichtern. Sehr stolz ist er auf die Gestaltung seiner 12 qm grossen Krippenlandschaft. Zum Einsatz kommen frisches Moos, Tannen, ein plätschernder Bach und heimische Tiere. «Jesus ist zu uns in die Schweiz gekommen», begründet er die naturalistische Mystik. «Mesmer ist mehr als ein Beruf und eine Dienstleistung an den Gläubigen», bringt er es auf den Punkt. «Ich bin Der Mesmer – grossgeschrieben!», schmunzelt Matija Murk, «die Visitenkarte der Kirche.»

Judith Keller, forumKirche, 30.8.21


Mesmer als Beruf

Im Pastoralraum Schaffhausen-Reiat sind neun Mesmer*innen für vier Kirchen, Nebengebäuden und Umgebungsarbeiten angestellt. Ihr Arbeitspensum reicht von 5 bis 100 Prozent. Insgesamt sind das 380 Stellenprozente.
Voraussetzungen für diesen Beruf sind der Glaube, handwerkliches und organisatorisches Talent, Teamfähigkeit und vor allem regelmässige Präsenz zu aussergewöhnlichen Zeiten. Mesmer*innen besuchen einen mehrwöchigen Grundkurs und Weiterbildungen beim Schweizerischen Sakristanenverband. Diesem gehören 22 Kantonalverbände an, darunter auch die Verbände Thurgau und Zürich-Schaffhausen. 
 

Matija Murk richtet den Altar in St. Maria ein
Quelle: Judith Keller
Matija Murk richtet den Altar in St. Maria ein.

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