Isenheimer Altar befreit von alten Schichten

Der Isenheimer Altar gehört zu den bedeutendsten Werken der europäischen Kunst. Nun ist er frisch restauriert. Die Arbeiten haben bislang verborgene Details sichtbar gemacht, etwa die schwarzen Wolken am Nachthimmel der Kreuzigung Christi.

Die aufwendige Restaurierung und wissenschaftliche Untersuchung des Isenheimer Altars in Colmar ist abgeschlossen. Expert*innen haben das Meisterwerk religiöser Kunst aus dem frühen 16. Jahrhundert mit modernen Techniken in den vergangenen Jahren analysiert und restauriert – und so für kommende Generationen gesichert. Viele der Arbeiten fanden direkt im Unterlinden-Museum in Colmar statt und konnten von den Besucher*innen beobachtet werden. Museumschefin Pantxika de Paepe sprach vom Abschluss eines Abenteuers. Es sei gelungen, eine neue Transparenz zu schaffen und zahlreiche bislang verborgene Details offenzulegen. Die Gesamtkosten des Restaurierungsprojekts lagen bei 1,4 Millionen Euro. Nach Voruntersuchungen ab 2011 liefen von 2018 an die Hauptarbeiten. Dazu wurden die von Matthias Grünewald geschaffenen Gemälde sowie die Schnitzereien und Holzskulpturen von Nikolaus von Hagenau materialwissenschaftlich untersucht und restauriert.

An Ausdruckskraft gewonnen
Zunächst war umstritten, ob und wie stark die oxidierten und trüben, bei vorausgegangen Restaurierungen aufgetragenen Lack- und Firnisschichten entfernt werden können, ohne das Kunstwerk zu verfälschen oder zu beschädigen. Die Expert*innen entschieden sich dann für eine vollständige Entfernung. Abgenommen wurden auch Übermalungen vorangegangener Restaurierungen. Im Vergleich zum Zustand der Altartafeln vor Beginn der Arbeiten leuchten die Farben jetzt wieder viel stärker und kontrastreicher. Erstmals sind wieder Details sichtbar wie beispielsweise die schwarzen Wolken am Nachthimmel der Kreuzigung Christi. Auch die Holzskulpturen haben an Ausdruckskraft gewonnen.

Naturalistisch gemalte Kreuzigung
Der 1512–1516 für das Antoniter-Kloster Isenheim geschaffene Altar ist das Hauptwerk des frühneuzeitlichen Ausnahmekünstlers Matthias Grünewald (um 1475–1528). Die insgesamt elf Bildtafeln werden zusammen mit den von Nikolaus von Hagenau (um 1450–1535) geschaffenen Skulpturen seit dem 19. Jahrhundert in Colmar ausgestellt. Im Zentrum des Altars steht die naturalistisch gemalte Kreuzigung Christi. Grünewald stellt zugleich Szenen aus dem Leben des Heiligen Antonius des Einsiedlers dar. Die Bildtafeln wurden ursprünglich im Laufe des Kirchenjahres in unterschiedlicher Weise aufgeklappt, damit jeweils andere Gemälde betrachtet werden konnten. Vollständig geöffnet, steht die detailreich geschnitzte Figur des Heiligen Antonius im Zentrum. Grünewald zeigt in seinen Altarbildern, dass Gottes Sohn genauso leiden musste wie die damaligen Kranken. Diese beteten in der Spitalkirche des Antoniter-Klosters zum Heiligen Antonius. Und zwar um Heilung von Pest und dem grassierenden Antoniusfeuer, einer durch verunreinigtes Getreide (Mutterkorn) ausgelösten Vergiftung. 

kath.ch/Red., 26.07.2022
 

Isenheimer Altar in Colmar
Quelle: © Museum Unterlinden
Kontrastreicher als vor der Restaurierung: der Isenheimer Altar in Colmar in geschlossenem Zustand.

 

 

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