Redewendungen aus der Bibel

Mit der Redewendung vom Land, wo Milch und Honig fliessen, verbindet sich die Vorstellung von einem Ort, an dem paradiesische Zustände herrschen, bzw. von idealen Lebensbedingungen verbunden mit dem Gefühl der Freiheit und Unbeschwertheit.

Eines muss ich hier vorwegschicken, ich bin passionierter Imker. Somit bin ich parteiisch, wenn es um das biblische Bild geht vom «Land, wo Milch und Honig fliessen». Ein schöneres Bild vom Paradies kann ich mir persönlich kaum vorstellen. Aber im Buch Exodus, das den Auszug der versklavten Israeliten aus Ägypten und die 40-jährige Wanderung durch die öde Wüste auf jenes gelobte Land hin beschreibt, geht es nicht um ein jenseitiges Paradies, schon gar nicht banal um ein Märchen-Schlaraffenland (obwohl mit Honig kandierte gebratene Tauben auch nicht zu verachten sind).

Das Bild vom gelobten Land versinnbildlicht die Verheissung, die dem Volk Israel geschenkt wurde. Dass nach dieser elend langen und kargen Wüstenzeit eine neue Zeit anbricht – wenn das Volk nur den Gesetzen Gottes treu bleibt. Es wird eine Zeit kommen, in der die Milch der Ziegen, Schafe und Kamele, dem Grundnahrungsmittel der Nomaden, in Überfluss von allen genossen werden kann. Weil das Land fette Weidegründe für das Vieh spriessen lässt. Und statt staubtrockener Wüste blühen auf diesem Land unzählige Blumen, Nektarquellen für die Bienen und somit Nahrung für die Menschen.

Wobei Honig nicht einfach Zuckerersatz fürs Dessert ist. Honig heilt auch Wunden und Honig wehrt schädliche Bakterien ab. Sprich, Honig schützt das Leben. Und wenn er nicht nur tröpfelt (wie leider diese Bienensaison), sondern in Strömen fliesst, gibt es genug für alle von dieser lebenspendenden Kraftquelle aus dem Bienenstock.

Fette, frische Milch als Grundnahrung, dazu der süsse und heilende Honig, und beides für alle genug. Das ist kein billiger Trick wie die Cervelat, die dem Hund vor die Schnauze gehalten wird und die er doch nie erreicht, das ist in der Bibel lebendige Verheissung und zugleich auch dauernder Auftrag: Seid den Gesetzen Gottes treu, gestaltet euer Miteinander so, dass Witwen, Waisen, Flüchtlinge und Arme genug haben. Gebt euch nicht mit der Wüste zufrieden, glaubt daran, dass eine bessere Welt möglich ist. Eine Welt, in der niemand Not leiden, hungern und flüchten muss. Das, was ist – die Wüste –, das darf nicht alles sein. Wir wollen ein Land, in dem Milch und Honig fliessen – für alle genug. Und das ist wirklich möglich, mit Gottes Hilfe.

Simon Spengler, Leiter Kommunikation, kath. Kirche Zürich

Ausgabe Nr. 15/2018

Bild: Alina Martin

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