Redewendungen aus der Bibel

«Auf keinen grünen Zweig kommen» bedeutet, dass man trotz Anstrengung keinen Erfolg hat oder einfach kein Glück hat.

«Er hat sich zwar angestrengt, ist aber nie auf einen grünen Zweig gekommen», sagen wir etwa. Es ist keine Erfolgsmeldung… Die Farbe Grün ist positiv besetzt. Sie steht für Wachstum, für Fortschritt. Und für Natur, für den Kreislauf des Jahres, fürs Aufblühen und Früchtetragen.

Hildegard von Bingen, die weise Frau aus dem Mittelalter, spricht von Grünkraft, von der Viriditas. Es ist eine grosse Energie, eine Dynamik, die aus der Erde drängt. Und aus Herzen und Köpfen. Sie bewegt etwas, bringt ans Licht, lässt wachsen und reifen. Will Pläne, Träume und Sehnsüchte aus Herz und Hirn in die Hände und Füsse bringen. Und die Grünkraft hat heilende Kraft. Nicht umsonst rät man Menschen, die Augenprobleme haben, oft ins Grüne zu schauen. Für Hildegard ist die Grünkraft etwas Göttliches. Sie wirkt in der Natur, in der Schöpfung, in den Menschen, die so teilhaben an der Schöpferkraft Gottes.

Die Redewendung «Es auf keinen grünen Zweig bringen» steht im Buch Hiob. Gemeint sind die Frevler, die ihre Hände gegen Gott erheben. Der Bund mit Gott bedeutet ihnen nichts. Ins Positive gekehrt: Wer mit Gott in Verbindung steht oder um ihn ringt, durch alle Zweifel und Leiden hindurch, der kommt auf einen grünen Zweig. Auf seinem Tun und Lassen liegt ein Segen, der gedeihen lässt und Früchte bringt. Das gilt für jeden einzelnen Menschen. Aber man darf es auch gesellschaftlich, politisch verstehen: Wenn wir anerkennen, dass wir Schöpfung und Leben nur geliehen bekommen haben und entsprechend sorgsam umgehen mit der Grünkraft, kommen wir auf einen grünen Zweig.

Wer jetzt im Frühling in die Natur geht, erlebt die Grünkraft ganz sinnlich, in den Farben, in den Düften, in den Knospen. Gelobt seist du, Mutter Erde, können wir mit Franziskus singen und beten.

Bruno Dörig, Autor

Ausgabe Nr. 7/2018

Bild: Alina Martin

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