In den Fussstapfen Beeinträchtigter

Im Rahmen des Projektunterrichts der zweiten und dritten Oberstufe fand am 22. März ein Abend zum Thema «Menschen mit Beeinträchtigung» statt. Die Anwesenden erfuhren am eigenen Leibe, was es bedeutet, eine Behinderung zu haben.

Wie ist das Leben im Rollstuhl? Und wie wird gesprochen, wenn Hören nicht geht? Diese zwei Fragen wurden für die Teilnehmerinnen des Projektunterrichts von Weinfelden durch Bernadette Niedermann, Kindergärtnerin im Rollstuhl, und Andreas Barth von der SeelsorgePlus beantwortet.

Projektunterricht in Weinfelden
Da die katholischen Jugendlichen in Weinfelden mit 17 Jahren gefirmt werden, erhalten sie in der zweiten und dritten Oberstufe Projektunterricht. Dieser wird neu durch Dominik Bucher erteilt in einem zusätzlichen Pensum zu seiner Gemeindeleiterfunktion in Berg. Der Unterricht findet in der Freizeit statt, in der Regel am Abend. Zwei Themenabende sind verpflichtend, andere Projekte stehen zur Auswahl, beispielsweise der Besuch der Rehaklinik Zihlschlacht oder ein Spielnachmittag im Altersheim. 

Diskriminierung erlebt
Zu den Projekten, die gewählt werden konnten, gehörte der dreistündige Abend zum Thema «Menschen mit Beeinträchtigung». Er war gefüllt mit theoretischen Inputs über SeelsorgePlus, Menschen mit Beeinträchtigung, Gebärdensprache und vielem mehr. Darüber hinaus konnten die Jugendlichen mit Übungen im Rollstuhl selbst erfahren, wo die Schwierigkeiten als Rollstuhlfahrer*in liegen. Das Zentrum Franziskus in Weinfelden diente dabei als Übungsfeld, Es galt, die Treppen mit dem Rollstuhl hochzukommen, wenn der Lift ausgefallen ist, eine Konfi aus dem Kühlschrank der Cafeteria zu holen oder eine Pfanne auf dem Herd zu platzieren. Im Anschluss an diese Erfahrungen konnten die Jugendlichen Bernadette Niedermann Fragen stellen und angeregt mitdiskutieren. 

Getragen sein
Andreas Barth als Fachperson im Umgang mit Menschen mit Behinderung führte durch den Abend. Er leitete die Jugendlichen auch an, in Gebärdensprache Lieder zu singen. Mit einer weiteren Übung wurde das Zusammengehörigkeitsgefühl gestärkt: Vier Anwesende stellten sich um Bernadette Niedermann, die von ihrem Hund begleitet wurde. Um alle herum wurde ein zusammengenähtes, fast mannshohes Tuch gegeben. Lehnten sich die vier stehenden Jugendlichen gleichzeitig gegen das Tuch, wurden sie von ihm getragen. 

Fokussierung auf Stärken
Bernadette Niedermann erzählte im Laufe des Abends, dass sie Diskriminierung in verschiedenen Situationen erlebt habe. Auch der Begriff «Beeinträchtigung» ist für sie nicht okay. «Die Bezeichnung Beeinträchtigung finde ich diskriminierend, Behinderung ist mir lieber», sagte sie. Die Teilnehmerinnen waren beeindruckt von der Stärke und Offenheit der Rollstuhlfahrerin. Sie hatten sich das Funktionieren im Rollstuhl einfacher vorgestellt. Entsprechend fanden sie den Abend sehr spannend. Dominik Bucher und Andreas Barth waren sich einig, dass dies eine der besten Projektunterrichtseinheiten gewesen sei.
«Wir sind eine Gemeinschaft und jeder ist Teil davon. Jeder kann von jedem lernen, auch wenn dies am Anfang nicht für alle klar ist.» Diese Aussage war das Fazit des Abends und legte den Fokus nicht auf Menschen mit Beeinträchtigung, sondern auf alle Menschen, die diskriminiert werden. Jede*r hat Stärken, von denen andere lernen können – ungeachtet der Beeinträchtigung, Ethnizität oder des Charakters.

Giulia Paris/Red., 12.04.2023
 

Die Selbsterfahrung zeigt: Das Fortbewegen im Rollstuhl ist anspruchsvoll.
Quelle: Andreas Barth
Die Selbsterfahrung zeigt: Das Fortbewegen im Rollstuhl ist anspruchsvoll.

 

 

In der Gemeinschaft ist jede*r getragen.
Quelle: Andreas Barth
In der Gemeinschaft ist jede*r getragen.

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