Anregungen für das grosse Fest

Weihnachten lebt von vielen Traditionen: dem Christbaum, Kerzenlicht, Geschenken, einem festlichen Mahl… Solch vertraute Zeichen geben uns Halt und Sicherheit. Und dennoch tut es gut, sie von Zeit zu Zeit zu hinterfragen, zu verändern und dadurch ein Fest lebendig zu halten. Wir haben Erfahrungen zusammengetragen, die Sie anregen sollen, die Adventszeit, den Heiligen Abend und Weihnachten bewusst zu gestalten – vielleicht etwas einfacher, mit mehr Aufmerksamkeit füreinander. 


Persönliches schenken

Vor einigen Jahren haben wir in unserer Familie beschlossen, künftig zu wichteln, damit nur noch eine Person gezielt ein Geschenk bekommt, das sie sich auch wünscht. Vorher herrschte regelrechter Geschenke-Wildwuchs. Jede*r kaufte für jede*n irgendetwas. Die einen bekamen zehn Päckchen, die anderen nur eins, alle waren mit sich beschäftigt und die Bescherung dauerte ewig. Seit unserem Umschwung ist es nun so, dass sich das Weihnachtsfest mehr auf das gemeinsame Essen und die miteinander geführten Gespräche konzentriert. Auch das anschliessende Beschenken ist zu einem gemeinsamen Erlebnis geworden, das viel bewusster wahrgenommen wird. Da einige Mitglieder unseres Clans sehr kreativ unterwegs sind, gab und gibt es weiterhin, neben den bestellten oder im städtischen Weihnachtskaufwahnsinn noch  ergatterten Geschenken, auch stets selbstgemachte Präsente. Meine Schwester nimmt sich beispielsweise jedes Jahr die Zeit, meinen Eltern einen Fotokalender mit den besten familiären Schnappschüssen zusammenzustellen. Mein Neffe hat vor zwei Jahren einen Weihnachtsbaum aus Holz gefertigt, der immer wieder verwendet werden kann und ich selbst habe schon in stundenlanger Kleinstarbeit Adventskalender mit persönlichen Nachrichten für enge Freunde gebastelt oder selbstgeschriebene Gedichte verschenkt. Genauso schenken wir Zeit in Form von Gutscheinen, die man miteinander einlösen kann, wie beispielsweise, zusammen auf den Weihnachtsmarkt oder ins Museum zu gehen. Empfehlen kann ich auch, lieben Menschen Briefe zu schreiben mit gemeinsam erlebten Anekdoten oder wie man den anderen sieht, was man an dieser Person mag und wertvoll findet. Oftmals geht dies im Trubel des Alltags unter. Dabei ist gerade diese Wertschätzung, die vom Gedanken an den jeweiligen Menschen getragen wird, eines der schönsten Dinge, die man ihm geben kann. Gerade an Weihnachten. 

Sarah Stutte, Redaktorin forumKirche, 01.12.2021
 

«Ich trage Deinen Namen nach Bethlehem»

Im Jahr 2015 habe ich Weihnachten im Heiligen Land verbracht. Während des Studienjahres in Jerusalem hat es sich zeitlich kaum gelohnt, über die Weihnachtszeit zu meinen Eltern zu fliegen. Deshalb bin ich in Jerusalem geblieben und habe dort Weihnachten verbracht. Die Benediktiner der Abtei Dormitio in Jerusalem rufen jedes Jahr zu einer Weihnachtsaktion auf, der ich mich ebenfalls angeschlossen habe (vgl. http://dormitio.net/abtei/). Wie die Hirten in der Heiligen Nacht zum Geburtsort Jesu gepilgert sind, pilgerten wir um zwei Uhr nachts von Jerusalem aus nach Betlehem. Mit dabei hatten wir eine Schriftrolle, auf der viele Namen notiert waren. Diese Namen und damit die Menschen, die diese Namen tragen, haben wir ganz besonders auf unsere Pilgerwanderung mitgenommen. Im Vorfeld habe auch ich einige Namen auf diese Schriftrolle schreiben lassen. Unterwegs haben wir uns in der Gemeinschaft der Pilger unterhalten und so gemeinsam Weihnachten verbracht. Als wir nach knapp drei Stunden in Betlehem angekommen waren, haben wir die Schriftrolle in die Geburtsgrotte gelegt und für unsere Anliegen und für die Menschen, deren Namen auf der Schriftrolle standen, gebetet. So waren wir in Gedanken und im Gebet eine viel grössere Pilgergruppe, die unterwegs war. Das war für mich eine ganz besondere Weihnachtserfahrung. Vielleicht kann sie dazu anregen, selbst eine Weihnachtswanderung zu unternehmen und dabei an andere Menschen zu denken. Zielpunkte könnten Kapellen und Wallfahrtsorte sein, wie Pelagiberg oder das Kloster Fischingen. Viele junge Erwachsene, die nicht mehr bei ihren Eltern wohnen, pilgern an Weihnachten zu ihren Eltern. Wer nicht unterwegs ist, kann sich überlegen, ob sie*er den eigenen Geburts- oder Kindheitsort besuchen möchte. Dabei kommen vielleicht ganz andere Menschen und Lebensumstände in den Blick.

Jean-Pierre Sitzler, Fachstellenleiter Kirchliche Erwachsenenbildung, 01.12.2021

Geschichten verbinden

Sind Sie schon einmal im Adventsbus mitgefahren? Wenn nicht, können Sie das in Winterthur einmal ausprobieren. Dort dreht nämlich ein roter Oldtimer, in dem man Geschichten hören kann, seit dem 1. Dezember seine Runden. Die Geschichten stammen aus der Feder von Kindern bis hin zu erwachsenen Schreiber*innen und wurden von einer Jury prämiert (vgl. www.adventsbus.ch). Ich finde dieses Projekt, das von der reformierten und katholischen Kirche getragen wird, eine tolle Idee für die vorweihnachtliche Zeit: Wenn man genug hat vom geschäftigen Treiben, kann man sich an einen warmen Ort zurückziehen und kleine Geschichten hören – und das kostenlos. 
Geschichten sind etwas Einzigartiges. Sie entführen uns in eine andere Welt, lassen uns mitfühlen, regen uns an zum Nachdenken, rücken scheinbar feste Einstellungen zurecht, versetzen uns in Staunen. Ich sehe heute noch meine beiden kleinen Töchter vor mir, wie sie mit offenen Mündern beim Vorlesen zuhörten. Geschichten passen gut zur Advents- und Weihnachtszeit. Dabei ist es egal, ob sie von Fantastischem oder Alltäglichen erzählen, ob sie «erfunden» oder wirklich passiert sind. Sie faszinieren immer wieder neu. Gerade der Heilige Abend lädt ein, sich Geschichten zu erzählen, von früher, von fernen Ländern, von der Schule oder der Arbeit, von Begebenheiten, die diese besondere Nacht aufsteigen lässt. So ein Teilen verbindet. Eine andere besinnliche und adventliche Erfahrung ist für mich das Tonen. Das erste Mal kam ich in einer Trauergruppe damit in Berührung. Auf Anraten einer Kollegin gab ich den Teilnehmenden einen Tonklumpen in die Hand und liess sie das formen, «was aus ihren Händen floss». Es entstanden eindrucksvolle Figuren, die von dem erzählten, was die Menschen in ihrer Not bewegte und nach was sie sehnten. In der stillen Zeit von Advent und Weihnachten kommen wir auch mit dem in Berührung, was uns bewegt. Beim Tonen kann das, was uns aufregt, bedrückt, Angst macht oder freut, Gestalt annehmen - für uns selbst, aber auch für andere. Alle können mitmachen, Kleine und Grosse. Man kann die kleinen Kunstwerke auch zur Krippe legen, als kostbare persönliche Geschenke an das Kind.

Detlef Kissner, Redaktionsleiter forumKirche, 01.12.2021
 

Kein Fondue Chinoise

Das Weihnachtsfest vor zwei Jahren war echt komisch. Der erste Teil bei meinem Vater war wie üblich: Mit einem feinen Essen, mit einer speziellen Weihnachtsgeschichte und mit dummen Sprüchen an Heiligabend zusammen mit meinem Bruder und meiner Stiefmutter. Das zweite Feiern bei meiner Mutter war hingegen anders als gewohnt. Sie hatte eine ganz verrückte Idee. Anstatt in der warmen Stube wollte sie mit uns in den Wald, um zusammen um ein Feuer zu stehen. Anstatt einem köstlichen Gala-Dinner sollte es Wurst und Glühwein geben. Zum Glück gehe ich im Winter sowieso gern und oft Draussen grillieren. So war es für mich keine grosse Überwindung, abends im Dunkeln und in der Kälte durch den Wald zu laufen. An der Feuerstelle trafen wir uns – meine Mutter mit ihrem Freund, mein Bruder, meine Schwester mit ihrem Mann und meinen drei Neffen. Diese spezielle Form des Feierns war sehr bescheiden. Zugleich empfand ich das einfache Zusammensein am Feuer als extrem harmonisch und stimmig. Keine Geschenkeschlacht, kein Glitzer und Bling-Bling. Im Zentrum dieser Feier stand das wärmende Feuer, das die fröhlichen Gesichter erhellte. Und niemand vermisste irgendetwas, wir hatten alles, was es braucht. Sogar meine sonst so aktiven Neffen konnten die ruhige Stimmung am Feuer geniessen – zumindest eine Zeit lang. Und ich selber? Als Kind konnte ich mir nicht einmal ein Weihnachten ohne Fondue Chinoise vorstellen. Durch solche und andere Erlebnisse kann ich mir Weihnachten heute so oder so vorstellen. Es muss eben doch nicht immer dasselbe sein.

Manuel Bilgeri, Fachstellenleiter Kommunikation, 01.12.2021
 


 

Paket-Aktionen für Bedürftige

Eine weitere gute Idee ist der «Umgekehrte Adventskalender» – die Weihnachtsaktion für armutsbetroffene und einsame Menschen in der Schweiz. Hierfür werden 24 haltbare und unzerbrechliche Dinge für den täglichen Gebrauch in eine Kartonschachtel verpackt, beispielsweise Shampoo, Socken, Zucker oder Migros-Gutscheine. Wer mitmachen möchte, muss sein Paket vorher bei einer der Koordinationsstellen anmelden. Von dieser bekommen die Teilnehmer*innen dann anonymisierte Angaben zu den Empfängern und können damit den Inhalt der Päckchen entsprechend zusammenstellen. Weitere Informationen hat jährlich ab Anfang November die Caritas Thurgau. Auch die Aktion «2x Weihnachten» verschenkt Lebensmittel und Hygieneartikel für Menschen in Not. Teilgenommen werden kann mit Online- oder Postpaketen. Ab dem 24. Dezember 2021 bis zum 11. Januar 2022 werden die Postpakete wieder entgegengenommen. Online-Päckchen können das ganze Jahr über gespendet werden. Mehr unter: www.2xweihnachten.ch
 

Der kreative Weihnachtsbaum aus Holz vom Neffen.
Quelle: ©Géraldine Gruber
Selber basteln, statt Tannen holzen: Der kreative Weihnachtsbaum aus Holz vom Neffen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Mit Ton gestalten.
Quelle: ©persik232/pixabay.com
Mit Ton gestalten und damit in Berührung kommen, was uns bewegt.

 

 

 

 

 

 

 

Lagerfeuer
Quelle: ©Manuel Bilgeri
Draussen im Wald mit einem Lagerfeuer Weihnachten feiern.

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