Die Vision «dual kongruent» regt an, die Zukunft zu planen

Der Kirchenrat der Landeskirche Thurgau und die Bistumsregionalleitung St. Viktor haben miteinander die Vision «dual kongruent 2030-2040» erarbeitet. Mit ihr sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie die Pfarreien im Thurgau angesichts des Rückgangs an Fachpersonal auch künftig ihre Aufgaben wahrnehmen können. Zudem soll sie Grundlage für eine breit angelegte Diskussion sein. 

Derzeit gibt es im Thurgau 48 Pfarreien und 38 Kirchgemeinden. Gemäss Vorlage soll es künftig nur noch ca. 25 Pfarreien und Kirchgemeinden geben, die von ihrer räumlichen Ausdehnung her deckungsgleich sind. D. h. die beiden korrespondierenden Grössen des dualen Systems sollen (wieder) kongruent sein – eben «dual kongruent». Von dieser strukturellen Bündelung versprechen sich Bistumsregionalleitung und Kirchenrat ein besseres Zusammenwirken der Verantwortlichen in Pfarreien und Kirchgemeinden und damit das Freiwerden neuer Kräfte. 

Grössere Pfarreien
Diese Angleichung zielt auch darauf ab, dass es schlussendlich weniger und dafür grössere Pfarreien und Kirchgemeinden gibt. Damit würde der schon in den letzten Jahren begonnene Prozess von Fusionierungen fortgesetzt werden. Es ist vorgesehen, dass die Pfarreien und Kirchgemeinden künftig rund 1´000 Gläubige umfassen. Durch die Vergrösserung der Pfarreien soll laut Entwurf gewährleistet werden, dass sie als «lebendige kirchliche Orte weiterbestehen». Zudem ist geplant, dass die Thurgauer Pfarreien in insgesamt fünf Netzwerke eingebunden sind, in denen Teams von Seelsorgenden - Priester, Diakone und Pfarreiseelsorgende - tätig sind. Deren Dienste sollen dann in allen Pfarreien verfügbar sein. 
Cyrill Bischof, Präsident des Kirchenrates, sieht in diesem Prozess keine Zentralisierung: «Für mich sind die Pfarreien die Basis. Sie können aus eigener Kraft existieren. Sie können Gemeinschaft, Leben und Inspiration hervorbringen.» Auch Bischofsvikar Hanspeter Wasmer weist darauf hin, dass Sakramente wie z. B. Taufen weiterhin an verschiedenen Orten gespendet werden könnten. Aber er räumt auch ein, «dass sicher nicht mehr in allen Pfarreien alles angeboten werden kann». Darin bestehe ja gerade die Entlastung, die dieses Konzept anstrebe.

Seelsorgende und Netzwerker*innen 
Da das theologisch qualifizierte Personal vor allem seelsorgerliche Grundaufgaben in den Netzwerken wahrnehmen soll, braucht es zusätzlich Mitarbeitende, die vor allem in den Pfarreien vor Ort präsent sind. Der Entwurf sieht vor, dafür «Personen mit einer christlichen Grundkompetenz und spirituellen Verankerung sowie mit dem nötigen pastoralen Know-how als Netzwerker*innen» zu beauftragen. 
Für Hanspeter Wasmer besteht deren Aufgabe vor allem darin, Ansprechperson vor Ort zu sein, Gruppen zu begleiten und das, was in der Gemeinde lebendig ist, zu unterstützen. Ausserdem sieht er in ihnen «Scharniere» zwischen den Menschen vor Ort und den ausgebildeten Theolog*innen: «Sie können bei Bedarf z. B. ein weitergehendes Gespräch mit einem Seelsorgenden vermitteln.» Cyrill Bischof ist es wichtig, dass man in den Pfarreien nicht nur Hinweisschilder und Anrufbeantworter vorfindet: «Es braucht eine gute Seele, auf die man zugehen kann, ein Gegenüber, das Verständnis zeigt, das z. B. auch in einem ersten Kontakt Menschen in Trauer angemessen begegnet.»
Im Blick auf die Ausbildung solcher Netzwerker*innen bestehen noch keine konkreten Vorstellungen. Hanspeter Wasmer betont, dass sie möglichst nahe an den Formodula-Modulen ausgerichtet sein solle, damit sie schweizweit anerkannt werde. 

Pilotprojekt
Die Vision «dual kongruent» wurde in den letzten Monaten bereits den Kirchgemeinderäten und Synodalen vorgestellt. Nun sind diese und weitere kirchlich Interessierte eingeladen, bis Ende September ihre Rückmeldungen dazu einzureichen. Erste Reaktionen hätten gezeigt, dass die Initiative durchaus gewürdigt wird, so Cyrill Bischof: «Man findet es gut, wenn man mit Perspektiven vorausdenkt.»
Als nächster Schritt steht die Planung eines Pilotprojekts an. Bereits im November sollen erste Gespräche mit den Verantwortlichen des Netzwerkes Thurgau Süd stattfinden. «Aufgrund der Erfahrungen aus dem Pilotprojekt sollen Rückschlüsse für das Gesamtprojekt gezogen werden», erklärt Hanspeter Wasmer. Er ist sich bewusst, dass viele Pfarreien erst den Prozess der Pastoralraumentwicklung hinter sich haben. Deshalb ist es ihm wichtig, dass Zeit für den Austausch und die nötige Bewusstseinsbildung bleibt: «Es soll nach und nach etwas wachsen.»

Detlef Kissner, forumKirche, 31.08.2022


■ Nähere Infos auf www.kath-tg.ch/de/dual-kongruent

Erster Entwurf für die angestrebten 25 Pfarreien, die in 5 Netzwerke eingebunden sind.
Quelle: kath-tg.ch
Erster Entwurf für die angestrebten 25 Pfarreien, die in 5 Netzwerke eingebunden sind

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