Neue Schweizergardisten aus dem Thurgau

Am 6. Mai wurden im Vatikan 34 neue Schweizergardisten vereidigt. Darunter waren auch zwei Thurgauer: Elias Künzler aus Arbon und Manuel Klingler aus Amriswil. Im Interview erzählt der 23-jährige Manuel Klingler, warum er Gardist werden wollte und wie sich die Ausbildung gestaltet. 

Wie kamen Sie dazu, sich als Schweizergardist ausbilden zu lassen?

Als Amriswiler Ministrant war ich als 15-Jähriger zusammen mit meiner Gruppe in Rom. Als ich dort die Gardisten gesehen habe, war ich fasziniert von ihrem Auftreten in den Renaissance-Uniformen. Das hat mich fortan nicht mehr losgelassen. Ich habe mich mit der Thematik beschäftigt und letzten Herbst dann definitiv entschieden, meine Bewerbung einzureichen. Zuvor habe ich die Rekrutenschule der Schweizer Armee absolviert und danach eine Zweitausbildung als Forstwart angefangen, die ich im letzten Jahr abschloss.

Inwiefern hat Ihr Glaube Ihren Entschluss beeinflusst?

Ohne katholischen Glauben funktioniert es in der Garde nicht. Wir gehen jeden Sonntag in die Kirche und müssen die Reden des Papstes verstehen können. Wenn man nicht bereit ist, sich vertieft mit Gott auseinanderzusetzen, wird es schwierig, den Dienst zu bestreiten. Ich bin katholisch aufgewachsen, meine Eltern haben vor dem Schlafengehen immer mit mir gebetet. Überdies war ich nicht nur Ministrant, sondern auch in der Jubla in Amriswil engagiert. Nach der Romreise wusste ich, dass ich ins Zentrum der katholischen Kirche möchte. 

Welche Anforderungen muss man erfüllen, um diesen Beruf erlernen zu können?

Man muss römisch-katholisch und aktives Mitglied einer Kirchgemeinde sein, den Glauben also leben. Eine Lehre oder Matura wird vorausgesetzt, genauso wie die abgeschlossene Rekrutenschule, eine einwandfreie Gesundheit, ein ebensolcher Leumund und keine Strafregistereinträge. Des Weiteren muss man Schweizer Staatsbürger sein und sich mit den Schweizer Werten identifizieren, eine Richtgrösse von 1.74 Metern haben, männlich, ledig und zwischen 19 und 30 Jahren alt sein. Zudem müssen die Kandidaten sich für mindestens 26 Monate Dienstzeit in der Schweizergarde verpflichten. 

Wie sieht die Ausbildung konkret aus?

Sie ist in zwei Teile gegliedert, den ersten Monat verbringt man in Rom und den zweiten in Isone im Tessin. In Rom erwirbt man die nötigen Orts- und Personenkenntnisse des Apostolischen Palasts, die Gardespezifikationen wie die Vermittlung der Schutzaufgaben, die Theorien zur Dienstordnung, dem Wachbefehl und der Postenführung. Wir werden in Religion, Italienisch und Sport unterrichtet und erhalten Lektionen zu rechtlichen Grundlagen und Verhaltensregeln. Ein wichtiger Teil ist auch das Exerzieren in Uniform, also das Grüssen und Marschieren alleine und im Verband, die verschiedenen Drehungen und natürlich der Umgang mit der Hellebarde. Im zweiten Teil verschieben wir mit dem Korps von Rom nach Isone und werden von der Kantonspolizei Tessin im sicherheitstechnischen Bereich ausgebildet, also im Einsatz mit Pistole und Pfefferspray, in Selbstverteidigung sowie Psychologie. Es ist eine spannende Ausbildung, in der man viel lernen kann. 

Können Sie den Alltag eines Schweizergardisten etwas näher beschreiben?

Wir haben täglich in zwei Schichten Dienst. Am Morgen wird mir ein Posten zugeteilt. Der ordentliche Dienst bedeutet, dass der Posten während 24 Stunden immer besetzt ist. Bei einem ausserordentlichen Dienst findet beispielsweise eine Generalaudienz oder eine Messe statt. Es kann sein, dass ich den ganzen Tag im selben Dienstbereich Dienst leiste, meistens gibt es jedoch Wechsel. Teilweise ist es ziemlich anstrengend, nur einen Posten zu bewachen. Wir dürfen uns aber bewegen. Die Schildwache, also die Ehrenwache vor den Eingängen, steht jedoch die ganze Zeit über still, manchmal während ein bis zwei Stunden.

Wie haben Sie die Vereidigung erlebt?

Sie war wirklich schön. In der Gran-Gala-Uniform im Harnisch (Brustpanzer) auf die Gardefahne zu schwören, dass man bereit ist, sich mit Leib und Leben für den Papst einzusetzen, ist etwas Einmaliges. Ich bin stolz, dass ich das erleben kann. Natürlich war ich vor der Zeremonie nervös, aber meine Eltern waren vor Ort, bei der Messe in der Basilika und auch bei der Vereidigung. Sie haben mir viel von meiner Nervosität genommen. 

Was für Erwartungen haben Sie an die nächsten Monate?

Ich freue mich auf meine Ferien in wenigen Wochen. Ich komme das erste Mal seit letztem Oktober zurück in die Schweiz, sehe meine Grosseltern und Freund*innen wieder. Danach werde ich mich auf meine Prüfungen vorbereiten, um die nächste Kompetenzstufe zu erreichen und ich möchte mein Italienisch verbessern. Im Moment geniesse ich es, in aller Ruhe die Stadt erkunden zu können. Normalerweise wäre Rom überlaufen, jetzt wirkt die Hauptstadt fast wie ausgestorben. Ich hoffe aber, dass irgendwann wieder grössere Messen auf dem Petersplatz stattfinden, damit ich diese Erfahrung auch machen kann. 

Interview: Sarah Stutte, forumKirche, 8.6.21


Auf dem Weg zum Gardist

Er hat seine Ausbildung und Vereidigung als Schweizergardist noch vor sich: Der 20-jährige Ferdinand Jäger aus Frauenfeld wird diesen September seinen Dienst antreten. 

Der erste Eindruck des Bewerbungsverfahrens sei recht überwältigend, sagt Ferdinand Jäger. «Auf den vierstündigen Eignungstest in Glarus folgen ausführliche Gespräche mit dem Rekrutierungsbeauftragten, dem Gardekommandanten und dem Kaplan. Den Verantwortlichen ist es wirklich wichtig, einen persönlichen Eindruck der Bewerber zu bekommen und zu wissen, wer sich für den Dienst bereit erklärt», so der 20-jährige Frauenfelder. Er hat den Bewerbungsprozess «im Schnelldurchlauf» gemacht, wie er selbst sagt, da er sich erst relativ spät dazu entschlossen hat. «Ich spiele schon seit ungefähr fünf Jahren mit dem Gedanken zur Schweizergarde zu gehen. Das rührt von meinem frühen Interesse für Sicherheitspolitik – ein Bereich, in den es mich zieht und worin ich meine Zukunft sehe», erklärt der Frauenfelder. Sein Interesse an der Garde wurde – wie bei Manuel Klingler – durch eine Ministrantenreise nach Rom richtig entfacht. Doch als er nach der Matura die Rekrutenschule (RS) absolvierte, regten sich bei ihm erstmal Zweifel, ob das militärische Umfeld wirklich das Richtige für ihn sei. «Die RS hat mir anfangs gar nicht gefallen, weil bei einigen Rekruten die Motivation dafür fehlt, da sie es eher als Pflichtübung sehen. Ich wollte mir einfach sicher sein, dass dies bei der Garde anders ist, weil sie auf Freiwilligkeit fusst, bevor ich mich für zwei Jahre auf etwas nicht Alltägliches einlasse, was auch gewisse Einschränkungen mit sich bringt», so Ferdinand Jäger. Deshalb habe er im Herbst des letzten Jahres an der Schnupperreise der Schweizergarde teilgenommen, die diese jährlich für zwanzig interessierte junge Männer organisiert. Dieser Blick hinter die Kulissen war für ihn matchentscheidend. Ferdinand Jäger sieht seiner Ausbildung als Schweizergardist offen entgegen: «Ich bekomme einen Einblick in eine ganz exklusive und spezielle Welt. Die Schweizergarde ist eine Lebensschule, die dort erlernte Disziplin wird mir später beruflich sicherlich von Nutzen sein». 

Sarah Stutte, forumKirche, 8.6.21


Geld für den Kasernenneubau oder nicht? 

Synode stimmt über finanzielle Unterstützung ab

Da die Truppenunterkunft der Schweizergarde in Rom mittlerweile in die Jahre gekommen ist, soll ein Neubau realisiert werden. Das rund 55 Millionen Franken teure Projekt wird in der Schweiz von Bund, einigen Kantonen und Landeskirchen mit finanziellen Mitteln unterstützt. Auch die katholische Landeskirche Thurgau will einen Beitrag für das neue Kasernengebäude in Höhe von 100'000 Franken sprechen. Am 21. Juni wird an der Synode darüber abgestimmt. 

Die Unterkunft der päpstlichen Schweizergarde in Rom sowie der im Quartier lebenden Gardefamilien umfasst drei Gebäude, von denen zwei schon rund 150 Jahre alt sind. Die mangelhafte Isolation und die schlechte Substanz verursachen unverhältnismässig hohe Unterhaltskosten, weshalb ein Neubau laut Experten unumgänglich ist. Zudem benötigt die Garde mehr Platz. Papst Franziskus hat aufgrund der zunehmenden Risiken beschlossen, sie von bisher 110 auf 135 Mann zu erhöhen, was mehr Raum sowohl für die unverheirateten Hellebardiers als auch für verheiratete Gardisten und ihre Familien bedingt. Die Stiftung für die Renovation der Kaserne der Päpstlichen Schweizergarde im Vatikan sammelt deshalb in der Schweiz Geldmittel für den Neubau. Verschiedene Landeskirchen haben bereits Gelder gesprochen, zuletzt die katholische Landeskirche Luzern Ende Mai, die eine Unterstützung von 250'000 Franken zusicherte. Nun werden am 21. Juni auch die Mitglieder der Thurgauer Synode über einen Beitrag von 100'000 Franken an das insgesamt rund 55 Millionen Franken teure Projekt Kasernenneubau abstimmen. Der Kirchenrat hat dazu seine Erwägungen in der Botschaft sehr ausführlich dargelegt. Unter anderem gibt er zu bedenken, dass die Verantwortung für einen Neubau massgeblich beim Heiligen Stuhl liege, bislang aber unklar sei, ob dieser zumindest einen Teil der Kosten übernehme. Zudem habe die Schweizergarde mit dem Vorwurf zu kämpfen, sie repräsentiere durch den Ausschluss von Frauen das reaktionäre Bild der katholischen Kirchenführung. Für eine finanzielle Beteiligung der Landeskirche Thurgau spreche aber, dass der Neubau dem langfristigen Erhalt der Garde diene, die ein einzigartiger Werbeträger für die Schweiz sei und die Möglichkeit zur Stärkung der Kirchenbindung einer ansonsten eher kirchendistanzierten Generation biete.

Sarah Stutte, forumKirche 8.6.21


 

Manuel Klingler aus Amriswil bei seiner Eidesleistung am 6. Mai.
Quelle: zVg ©Päpstliche Schweizergarde/Jessica Krämer
Manuel Klingler aus Amriswil bei seiner Eidesleistung am 6. Mai.

 

 

 

 

 

Manuel Klingler im Harnisch
Quelle: zVg ©Päpstliche Schweizergarde/Oliver Sittel
Manuel Klingler im Harnisch

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der 20-jährige Ferdinand Jäger aus Frauenfeld tritt im September dem Korps der  Schweizergarde bei.
Quelle: zVg ©Ferdinand Jäger
Der 20-jährige Ferdinand Jäger aus Frauenfeld tritt im September dem Korps der Schweizergarde bei.

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