Das Gemeinsame der Religionsgemeinschaften betonen

Der Bischof von Basel, Felix Gmür, ist nicht nur Präsident der Schweizer Bischofskonferenz. Kürzlich hat ihn der Schweizerische Rat der Religionen (Swiss Council of Religions SCR) für eine zweijährige Amtszeit von 2023–2024 zum Vorsitzenden gewählt. Im schriftlich geführten Interview äussert er sich zur Wahl und zum SCR im Allgemeinen.

Bischof Felix Gmür, warum leiten Sie den SCR?
Der SCR führt verschiedene Religionsgemeinschaften regelmässig an einen Tisch und ist zusätzlich ein wichtiges politisches Bindeglied zur Landesregierung. Im Turnus bin ich jetzt für zwei Jahre Präsident.

Was würde fehlen, wenn es den SCR nicht gäbe?
Christentum, Judentum und Islam haben mit dem SCR eine gemeinsame Plattform der Verständigung, der Vertrauensbildung und des Austausches. Der Fokus ist der Erhalt und die Förderung des religiösen Friedens. Ohne den SCR fehlte eine Plattform für gemeinsame Botschaften gegenüber Gesellschaft und Politik. Gerade in schwierigen Zeiten kann er zu gegenseitigem Verständnis beitragen.

Ein Learning der Coronapandemie lautet: Die Religionsgemeinschaften müssen in Bundesbern eine bessere Lobby-Arbeit machen. Was heisst das konkret für den SCR?
Der Kontakt zur Landesregierung war während der Pandemie anfänglich zwar schwach, dann aber intensiv. So wurden auch dank dem SCR die Interessen der Religionsgemeinschaften wahrgenommen und passende Regeln gefunden.

In den letzten Jahren gab es zwei interne Kontroversen, als es um die Aufnahme einer islamischen und einer freikirchlichen Gruppierung ging. Stichwort: Antisemitismus, Verhältnis zu Israel. Wie konnten Sie die Wogen glätten?
Es gab einen Austausch, durch den das Vertrauen wachsen konnte und der zu einer gegenseitigen Verständigung geführt hat.

Was nehmen Sie sich konkret für Ihre Amtszeit vor?
Ich habe das Glück, an die lange Amtszeit von Bischof Harald Rein [siebter Bischof der christkatholischen Kirche der Schweiz, Anm. der Red.] anschliessen zu können. Wir müssen weiterhin das Gemeinsame unserer Religionsgemeinschaften betonen. Das ist auch gegenüber einer immer stärker säkularisierten und von Konfessionslosigkeit geprägten Gesellschaft ein wichtiges Zeichen – denn Religion ist relevant.

Hans Küng stammte aus Ihrem Bistum. Inwiefern prägt Sie der Weltethos-Gedanke?
Ich teile Küngs Auffassung, dass der Friede unter den Religionen ein entscheidender Faktor ist für den Frieden in der Welt. Zudem können wir alle voneinander lernen.

Und was heisst es, die Weltethos-Idee im SCR mit Leben zu füllen?
Ich erlebe die Ratsmitglieder bereits heute in diesem Geist. Ein Ziel des Rates ist ja die Förderung und der Erhalt des religiösen Friedens. Das gilt auch für die Schweiz.

Wie erleben Sie die Zusammenarbeit mit der russisch-orthodoxen Kirche in der Schweiz?
Der SCR hat zu ihr keinen Kontakt.

Die serbisch-orthodoxe Kirche steht weniger im Schussfeld, auch wenn sie zum Teil mit Putin sympathisiert und gegen ein angebliches «Gayropa» Stimmung macht. Wie nehmen Sie die serbisch-orthodoxe Kirche in der Schweiz wahr?
Im SCR ist sie nicht vertreten. Als Bischof von Basel stehe ich in losem, aber gutem Kontakt mit dem zuständigen Bischof, der in Wien residiert.

Was schätzen Sie besonders an der Enzyklika «Fratelli tutti»?
Für die Aufgaben im SCR sind für mich erstens der gegenseitige Respekt im Dialog wegleitend und zweitens der Hinweis, dass das Bemühen um Geschwisterlichkeit «tutti» – alle Menschen – meint, besonders auch die Gebrechlichen und Schwachen. Und drittens die Mahnung, dass der Glaube an Gott praktische Konsequenzen im menschlichen Handeln zeitigt.

Interview: Raphael Rauch/Red., 14.12.2022


Über den SCR
Der SCR wurde im Mai 2006 gegründet. Er geht auf die Initiative des evangelischen Pfarrers Thomas Wipf zurück.
Erklärtes Ziel ist der Austausch der Religionsgemeinschaften untereinander, um sich besser kennenzulernen und den Frieden in der Schweiz zu fördern.
Der SCR besteht aus leitenden Persönlichkeiten verschiedener Religionsgemeinschaften und einem dreiköpfigen Beirat aus der Wissenschaft. Mitglieder sind je ein*e Vertreter*in der drei Landeskirchen (christkatholische Kirche, evangelisch-reformierte Kirche, katholische Kirche), je ein Vertreter der orthodoxen Kirche, der christlichen Freikirchen, der jüdischen Gemeinschaft sowie je ein Vertreter zweier islamischer Organisationen. Generalsekretär ist Dr. Abel Manoukian von der armenisch-apostolischen Kirche.
Red.

Bischof Felix Gmür
Quelle: Bistum Basel
Bischof Felix Gmür leitet von 2023 bis 2024 den Schweizerischen Rat der Religionen.

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