Auf das neue Schuljahr wird der islamische Religionsunterricht eingeführt

Der Lehrplan für den islamischen Religions­unterricht (IRU) als Orientie­rungs­hilfe für die Unterrichts­planung sowie als Instrument zur Her­stellung öffentlicher Transparenz wird mit dem neuen Schul­jahr definitiv eingeführt. Damit besteht auch eine Grund­lage für die Zusammen­arbeit zwischen den Lehr­personen, die aus verschiedenen Perspektiven (muslimische) Religion thematisieren.

Im Kanton Thurgau, wie auch in vielen anderen Deutschschweizer Kantonen, hat der kirchliche Religionsunterricht in der Volks­schule eine lange Tradition. Dieser Unterricht spielt eine zentrale Rolle in der ganzheitlichen Bildung und ergänzt den Unterricht der Volksschule in den Fächer­gruppen NMG (Natur, Mensch, Gesellschaft) sowie ERG (Ethik, Religionen, Gemeinschaft). Der Religions­unterricht ermöglicht den Schülerinnen und Schülern, ihr Leben aus den Quellen ihrer eigenen Religion zu deuten und Religion als eine Ressource für das eigene Leben zu entdecken. Diese Aus­einander­setzung fördert nicht nur die Reflexion der eigenen (religiösen) Identität, sondern trägt auch dazu bei, die Werte und Prinzipien zu hinterfragen, die das tägliche Leben prägen. So wird die Persönlichkeits­entwick­lung der Lernenden gestärkt und sie werden auf ein Leben in einer viel­fältigen, pluralistischen Gesell­schaft vor­bereitet.

Wachsendes Bedürfnis
Während der katholische und evangelische Religions­unterricht in vielen Gemeinden selbst­verständlich angeboten wird, besteht ein wachsender Bedarf, auch den Bedürf­nissen der Schülerinnen und Schülern mit muslimischem Hinter­grund gerecht zu werden. Im Kanton Thurgau sollen deshalb Projekte zur Ein­führung eines muslimischen Religions­unterrichts dort geprüft werden, wo mehr als 20 Prozent der Kinder einen muslimischen Hinter­grund haben. Aktuell existieren bereits entsprechende Projekte in den Schulgemeinden von Kreuzlingen, Sulgen, Romanshorn und Bürglen.

Der IRU stellt jedoch nicht nur eine Reaktion auf die zunehmende kulturelle und religiöse Vielfalt dar, sondern bietet den Jugendlichen auch die Möglichkeit, sich vertieft mit ihrer eigenen Religion auseinanderzusetzen. Ein eigenständiger muslimischer Religions­unterricht fördert das Verständnis und den Respekt für die eigene Kultur und Religion und unter­stützt die Kinder darin, ihre religiöse Identität zu stärken. Gleich­zeitig wird das Zugehörig­keits­gefühl zur Gesellschaft gefördert, da diese Kinder ihre Werte in einem anerkannten Rahmen zur Sprache bringen können.

Wichtiger Beitrag an die Gesellschaft
Darüber hinaus trägt der IRU zur Förderung der inter­religiösen Verständigung bei. Dies unterstützt nicht nur die Integration, sondern fördert auch Toleranz und gegen­seitigen Respekt. Das Bildungs­angebot berück­sichtigt die multi­religiöse Dimension unserer Gesell­schaft und stellt einen wichti­gen Bei­trag zu einer pluralistischen Gesell­schaft dar. Erfahrungen aus dem lang­jährigen Projekt in Kreuzlingen zeigen, dass ins­beson­dere der integra­tive Charak­ter des IRU von Lehr­personen, Schul­behör­den und Eltern sehr geschätzt wird.

Im vergangenen Schuljahr wurde der im Auftrag des Inter­religiösen Arbeits­kreises im Kanton Thurgau aus­gearbeitete Lehrplan für den IRU in einer Pilot­phase einge­führt und evaluiert. Parallel dazu fand eine Konsul­tation mit externen Fach­personen aus der ganzen Deutsch­schweiz statt. Auf dieser Basis wurde der Lehr­plan über­arbeitet und angepasst. Im neuen Schuljahr steht der endgültige Lehrplan nun zur Verfügung. Zur Qualitätssicherung sind neben der Orientierung am Lehrplan auch die Aus- und Weiterbildung der Lehrpersonen sowie regelmässige Unterrichts­besuche von Behörden­mitgliedern oder externen Fachpersonen wichtig. Diese Besuche dienen nicht nur der Kontrolle, sondern auch der Unter­stützung der Lehr­kräfte in ihrer Arbeit. Der IRU unterliegt dem Öffentlichkeits­prinzip : Unter­richt und Lehr­mittel sind deutsch­sprachig und können ein­gesehen werden.

Ergänzende Angebote
Neben dem schulischen Religions­unterricht bieten sowohl die katholische und evangelische Kirche als auch die Moscheen ergänzende Angebote an. So werden die Kinder beispielsweise in der Vorbereitung auf die Sakramente, wie die Erst­kommunion und Firmung oder die Konfirmation, ausserhalb des Unter­richts auf religiöse Feste und Ereignisse hin­geführt. Für muslimische Kinder gibt es ähnliche Angebote, etwa den Moschee­unterricht, der die religiöse Erziehung im schulischen Kontext ergänzt.

Daniel Ritter, 12.08.2025

Der Autor ist Stellenleiter der Fachstelle Religionspädagogik und Projektleiter des IRU-Lehrplans.

Lehrmittel für den islamischen Religionsunterricht
Quelle: Ralph Weibel
Lehrmittel für den islamischen Religionsunterricht

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