Eine archäologische Sonderausstellung in Schaffhausen

Eine sensationelle Ausstellung unter dem Titel «Bis auf die Knochen. Was Gräber erzählen» bietet das Museum zu Allerheiligen in Schaffhausen bis zum 28. November 2021. Von der Jungsteinzeit bis ins Mittelalter (4. Jahrtausend v. Chr. bis 16. Jhd. n. Chr.) werden an Hand von regionalen, teils neuen Funden verschiedene Untersuchungsmethoden vorgestellt. Interaktive Stationen laden zum Forschen und Staunen ein. Angesprochen werden insbesondere Kinder aber auch interessierte Erwachsene.

«Was bleibt von uns im Grab übrig?» Durch diese Einstiegsfrage werden die Besucher*innen mit der Problematik archäologischer Quellen und auch mit unserer Bestattungsform konfrontiert. Am Beispiel einer Illustration einer verstorbenen Frau in Jeans und Turnschuhen, mit Mobiltelefon und Schmuck sind nach zehn und hundert Jahren nur noch Knochen, Metalle, Kunststoffe und das Handy im Grab zu entdecken. Was würden Wissenschaftler*innen nach etlichen Jahrhunderten über diese Verstorbene und ihre Kultur wohl aussagen?

Alte Gräber erzählen

In der archäologischen Forschung sind Gräber eine wichtige und häufige Informationsquelle zu Menschen aus einer anderen Epoche. Bis zur Christianisierung im Frühmittelalter verrieten Grabbeigaben viel über den gesellschaftlichen Stand, die Kultur und den Grabritus. «Das ist ein Kulturerbe, dass es in unserer christlich geprägten Gesellschaft nicht mehr gibt», berichtet Franziska Pfenninger, Kuratorin regionale Archäologie. Heute können Grabfunde aus ur- und frühgeschichtlicher Zeit durch modernste Analysemethoden aus verschiedenen Fachgebieten Neues offenbaren. «Die Objekte sind nicht das Ziel», verrät die Kuratorin, «wir wollen den Menschen verstehen. Wie hat er gelebt? Wie ist er mit Veränderungen umgegangen?»

Der Riese von Schaffhausen

Bei den aktuellen Grabungen im Stadthausgeviert entdeckten Mitarbeiter*innen der Kantonsarchäologie Schaffhausen 2020 ein spektakuläres Grab in der ehemaligen Klosterkirche der Barfüsser. Phänomenal ist die Grösse des Bestatteten von über 190 cm. In einer Instagram-Liveführung stellt die Anthropologin Viviane Mee den Verstorbenen als grossen, muskulösen Mann vor. Sein privilegierter Bestattungsort lässt auf eine wichtige Persönlichkeit im mittelalterlichen Schaffhausen schliessen. Der Hüne lag mit seinen Füssen nach Osten, wo nach christlicher Auffassung die Auferstehung Jesu Christi erwartet wird. Am Jüngsten Tag werden alle Toten wieder auferstehen und können somit dem Wiederkehrenden entgegensehen.
Einen weiteren prominenten Platz in der Sonderausstellung erhält ein spätrömisches Kindergrab aus dem 5. Jahrhundert. 2019 haben es Archäolog*innen auf der Ausgrabung Stein am Rhein-Hofwise entdeckt. Besondere Aufmerksamkeit erhielt es durch die Auffälligkeiten am Skelett und den Reichtum an Grabbeigaben. Spezifische Analysen der Knochen und Accessoires liefern spannende Erkenntnisse zur Bestattung dieses vermutlich männlichen Jugendlichen. Neuste Ergebnisse der laufenden Forschung werden in der Sonderausstellung aktualisiert.

(Un)Vergänglichkeit?

Während wir heute kaum über Sterben, Tod und Bestattung sprechen, haben Schüler*innen aus Stein am Rhein sich intensiv mit den Fragen «Was soll die Nachwelt von mir wissen? Welche Objekte zeigen, was mir wichtig ist?» auseinandergesetzt. In einer beeindruckenden Fotoreihe stellen die «schlafenden» Kinder dar, was sie gerne mit in ihr Grab nehmen würden. Die Fotos vermitteln eine vertrauensvolle und optimistische «Bestattung» – Hut ab! Zukünftige Archäolog*innen können über diese Kinder sehr viel erfahren! Sie auch!

Archäo-Detektiv*in werden

Per Videobotschaften werden insbesondere junge Besucher*innen angesprochen archäologische Rätsel zu lösen. Mit scharfer Beobachtung und geschickten Händen gelangen sie zu weiteren Fragen. Spielerisch lernen sie verschiedene Epochen und archäologische Arbeitsmethoden wie Ausgrabung, Blockbergung, Lebensbilder sowie die Bestimmung von Knochen kennen. Erfolgreiche Archäo-Detektiv*innen erhalten eine Urkunde.
Das vielseitige Begleitprogramm während der Ausstellungszeit ist sehr zu empfehlen! In der Sonderausstellung kann man beispielsweise einmal im Monat dem Konservator-Restaurator der Kantonsarchäologie bei der Freilegung eines Urnengrabes über die Schulter schauen.

Judith Keller, forumkirche, 20.5.21
 

Die Kuratorin Franziska Pfenninger beim Skelett des «Riesen von Schaffhausen»
Quelle: Judith Keller
Die Kuratorin Franziska Pfenninger beim Skelett des «Riesen von Schaffhausen»

 

 

 

Die Kuratorin bei der interaktiven Station «Ausgrabung»
Quelle: Judith Keller
Die Kuratorin bei der interaktiven Station «Ausgrabung»

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