Wissenswertes über das Wasser im Thurgau

Die diesjährige «SchöpfungsZeit» steht ganz im Zeichen des Wassers. Wasser ist der Grundstoff des Lebens, ohne es können weder Menschen, noch Tiere, noch Pflanzen existieren. Doch gerade in unserer Zeit ist das Vorkommen von sauberem Wasser nicht mehr selbstverständlich. forumKirche informierte sich bei Heinz Ehmann, Leiter der Abteilung Gewässerqualität und –nutzung im Thurgauer Amt für Umwelt

Gehört der Thurgau zu den wasserreichen Kantonen?

Ja, der Thurgau ist ein wasserreicher Kanton. Wir haben den Bodensee, eine beinahe unerschöpfliche Quelle an Wasser, wir haben im Thurtal ein ergiebiges Grundwasservorkommen und eine ganze Anzahl an Quellen. 

Auf der Webseite des Amtes für Umwelt steht: Der ökologische Zustand der Fliessgewässer ist zum Teil unbefriedigend. Was fehlt ihnen?

Das eine betrifft den Lebensraum, das andere die Wasserqualität: Rund 40 Prozent der Thurgauer Fliessgewässer sind stark beeinträchtigt, naturfremd oder gar eingedolt, indem die Ufer verbaut sind oder Querhindernisse die natürliche Fischwanderung unterbinden. Flüsse und Bäche sind das Wohnzimmer der Wasserlebewesen. Die Wasserqualität ist bei rund einem Drittel unserer Bäche mässig bis ungenügend. Wir haben Handlungsbedarf.

Wie geschieht das?

Mit der Annahme der Initiative «Lebendiges Wasser» wurden die Kantone verpflichtet, eine Revitalisierungsplanung für die Gewässer in Angriff zu nehmen und diese naturnaher, lebendiger zu gestalten. Die ökologische Qualität der Gewässer aufzuwerten, ist eine Mehrgenerationenaufgabe. Bei einer ungenügenden Wasserqualität versuchen wir, die Ursache zu ermitteln und die Belastungsquelle zu beseitigen. 

Was kann die Wasserqualität beeinträchtigen?

Das ist sehr breit gefächert. Das können Fehler in der Siedlungsentwässerung sein, wie z. B. ein Fehlanschluss einer Abwasserleitung, Einflüsse der Strassenentwässerung oder auch Belastungen aus der Landwirtschaft.

Wie ist es um die Wasserqualität des Bodensees bestellt?

Die ist sehr gut. In den 1970er-Jahren hatte der Bodensee noch eine sehr hohe Phosphorbelastung, da bis in die 1960er-Jahre Abwässer ungereinigt in den See eingeleitet wurden. Er war akut gefährdet. Heute hat er einen Phosphorgehalt, der wieder seinem natürlichen Zustand entspricht. Man muss sich bewusst sein, dass der Bodensee ein nährstoffarmer Alpensee ist, obwohl er im Voralpengebiet liegt, weil der Rhein und die Bregenzer Aach, die etwa 75 Prozent des Zulaufs ausmachen, aus alpinem Einzugsgebiet kommen.

Die Wende wurde dadurch erreicht, dass man kein Abwasser mehr in den See leitete?

Ja, wichtig war der Bau von Kläranlagen, um das Abwasser zu reinigen, bevor man es in den See einleitete. In Bezug auf Mikroverunreinigungen (Pflanzenschutzmittel, Industriechemikalien, Arzneimittel) ist der Bodensee auch sehr sauber. Dies hat damit zu tun, dass das Einzugsgebiet des Sees von ca. 10'000 km2 grossteils dünn besiedelt ist. Der See ist zudem eine wertvolle Trinkwasserquelle für rund 4.5 Millionen Personen. Im Thurgau werden rund 110'000 Personen mit Seewasser versorgt.

Welche ökologische Funktion haben die Uferbereiche?

Man bezeichnet den Uferbereich auch als «Lunge» eines Sees. Hier laufen viele dynamische und ökologisch wichtige Prozesse ab, wie z. B. der Abbau von Stoffen. Natürliche Uferbereiche sind Lebensraum und auch Nahrungsgrundlage für Kleinlebewesen oder dienen Jungfischen als Refugium. Heute sind weite Abschnitte unseres Bodenseeufers verbaut mit der Folge, dass anlandende Wellen in den See zurückgeworfen werden und dabei am Seegrund einen «Wirbelsturm» verursachen, keine lebensfreundliche Umgebung. Mit einer Revitalisierungsplanung für Stehgewässer soll die Situation in den nächsten Jahrzehnten verbessert werden.

Wie setzt sich das Trinkwasser im Thurgau zusammen?

Etwa 40 Prozent kommt aus dem Bodensee, 40 Prozent aus dem Grundwasser und 20 Prozent aus Quellen. Beim Trinkwasser bestehen heute redundante Verbundsysteme, d. h. eine Wasserversorgung hat die Möglichkeit ihr Wasser von zwei Standorten zu beziehen. Fällt ein Standort wegen einer Störung aus, kann Wasser aus dem zweiten Standort bezogen werden, ohne dass der Konsument etwas von der Störung merkt. Bei einer Störung kann es somit vorkommen, das ein Konsument im Raum Weinfelden Bodenseewasser zu trinken bekommt.

Woher kommt Grundwasser?

Es entsteht durch das Versickern von Niederschlägen in den kiesigen Untergrund, wie beispielsweise in die Schottergebiete des Thurtals. Im Weiteren kann das Wasser eines Baches oder Flusses in den Untergrund infiltrieren. Um das Grundwasser als Trinkwasser oder zum Bewässern zu nutzen, wird es wieder an die Oberfläche hochgepumpt. In der Region Weinfelden muss man es aus rund 10 bis 15 Metern hochpumpen während es in Frauenfeld lediglich 2 bis 3 Meter sind.

Wie gut ist die Qualität des Grundwassers? 

Wir haben in der Schweiz nach wie vor eine sehr gute Grundwasserqualität. In der Vergangenheit war das eine Selbstverständlichkeit, heute ist das nicht mehr so. Wir müssen heute mehr tun, um die Grundwasserqualität zu erhalten. 

Was beeinträchtigt die Qualität am meisten?

Eine Belastungsquelle stammt aus der Landwirtschaft. Durch das Ausbringen von Gülle steigen die Nitratwerte im Grundwasser, was in einzelnen Grundwassergebieten Sorge bereitet. Hinzu kommen Mikroverunreinigungen wie Industriechemikalien oder auch Pflanzenschutzmittel. In der Regel sind es einzelne problematische Wirkstoffe, die im Boden schlecht gefiltert oder nicht abgebaut werden. Das Herbizid Atrazin ist ein Klassiker. Es wird heute noch in tiefen Konzentrationen nachgewiesen, obwohl seine Zulassung vor rund 15 Jahren aufgehoben wurde. Mikroverunreinigungen können zudem aus Altlasten z. B. Altdeponien kommen. Auch hier ist man dran, den Eintrag zu reduzieren.

Bräuchte es weitere gesetzliche Massnahmen, um die Qualität des Trinkwassers auch in Zukunft zu sichern (vgl. Trinkwasserinitiative)?

In der Vergangenheit wurde viel unternommen um die Trinkwasserqualität zu sichern und man setzt sich auch weiterhin dafür ein. Kläranlagen werden mit einer vierten Reinigungsstufe ausgebaut, in der das Wasser von Mikroverunreinigungen gereinigt wird. In der Landwirtschaft gibt es den Aktionsplan Pflanzenschutzmittel, um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren. Mit dem Projekt AquaSan sind das Landwirtschaftsamt und das Amt für Umwelt in enger Zusammenarbeit mit dem Thurgauer Bauernverband und der Branche (Obst- Beeren und Gemüseproduzenten) dabei, den Eintrag von Pflanzenschutzmitteln in die Gewässer zu minimieren. Es sind gute gesetzliche Grundlagen vorhanden. Man muss sie nur konsequent umsetzen und an neue Erkenntnisse und Entwicklungen anpassen. 

Der Klimawandel erhöht die Wahrscheinlichkeit für extreme Wetterereignisse. Könnte es im Thurgau eine vergleichbare Hochwasserkatastrophe wie in der Eifel (D) geben?

Ich gehe davon aus, dass so ein Starkregen mit mehr als 200 mm in 24 Stunden auch bei uns zu massiven Schäden führen würde. Wir betreiben in der Schweiz schon jahrzehntelang einen vorsorglichen Hochwasserschutz – im Kanton Thurgau zum Beispiel an der Thur. Jetzt sind Situationen eingetreten, die man sich bisher kaum vorstellen konnte. Es gilt zu überlegen, ob und welche Anpassungen dies erfordert z. B. mit Blick auf Überflutungsflächen. 

Wie ist der Thurgau bei extremer Trockenheit versorgt?

Grundsätzlich gut. Wir haben 2015 bis 2018 eine Trinkwasserversorgungsplanung über den ganzen Kanton erstellt und haben unter anderem die Auswirkungen der Klimaveränderungen auf das Wasserangebot sowie die Bevölkerungsentwicklung berücksichtigt. Aus heutiger Sicht steht uns genug Trinkwasser zur Verfügung. Allerdings müssen wir in mittlerer Zukunft die Leitungssysteme noch ausbauen.
Für den landwirtschaftlichen oder industriellen Bedarf wird gerade eine Brauchwasserversorgungsplanung erstellt. Geht man von den heutigen Klimaszenarien aus und bezieht man die Möglichkeit von Einsparungen mit ein, denke ich, dass man auch zukünftig das Wasser für die Landwirtschaft respektive die Industrie sicherstellen kann. Auch hier geht es um die Wasserinfrastruktur. Man muss die Verteilung des Wassers verbessern, z. B. durch den Bau von Speicherbecken oder einem Verbundsystem von Leitungen, um das Wasser über weite Strecken transportieren zu können. Hier dürften viele kleine Massnahmen zum Ziel führen.

Interview: Detlef Kissner, forumKirche, 17.8.21


Schiffstour über den Bodensee

Ökumenischer Tag der Schöpfung 2021
 

Jedes Jahr vom 1. September bis 4. Oktober feiern die christlichen Kirchen weltweit die «SchöpfungsZeit». Damit rufen sie auf zum Gebet und der gemeinsamen Verantwortung für die Bewahrung der Schöpfung Gottes. Den Auftakt bildet jeweils der Ökumenische Schöpfungstag, der diesmal am Bodensee stattfindet. 

Die «SchöpfungsZeit» steht jeweils unter einem wechselnden Thema und lautet 2021: «Damit Ströme lebendigen Wassers fliessen». Das Motto ist in Zusammenhang mit den Vorbereitungen für den Ökumenischen Tag der Schöpfung entstanden. Das Element Wasser findet vielfältige Verwendung in vielen Lebensbereichen des Menschen. Es ist überlebenswichtig, Leben spendend, kraftgebend, und durststillend, kann aber auch zerstörerisch wirken – durch Flutkatastrophen oder Verunreinigung. Da die Alpen quasi das Wasserschloss vieler europäischer Staaten sind, hat das diesjährige Thema auch eine überregionale Bedeutung. Denn in den Seen der Alpenregionen sammelt sich das Wasser, das Länder und Menschen verbindet. Die «SchöpfungsZeit» bietet die Gelegenheit, für das Geschenk des Wassers zu danken und dafür zu sorgen, dass lebendiges Wasser auch in Zukunft fliessen kann.

Erstmals international

Der diesjährige Ökumenische Tag der Schöpfung bildet den Auftakt der «SchöpfungsZeit» und findet am Samstag, den 4. September statt. Dabei wird der Schöpfungstag erstmals im deutschsprachigen Raum international begangen, denn Vertreter*innen der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in der Schweiz (AGCK), der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK), der ACK in Bayern sowie des Ökumenischen Rats der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) laden gemeinsam mit vielen lokalen Partnern zu einer Dreiländerfahrt auf dem Bodensee ein. Los geht es am Vormittag in Bregenz mit einem ökumenischen Morgenlob und einer orthodoxen Wassersegnung. Danach folgt die Abfahrt nach Lindau, dort wird es ein Mittagsgebet geben und die Möglichkeit eines Besuchs der Gartenschau. 

Gottesdienst in Romanshorn

Am Nachmittag fährt das Schiff weiter nach Romanshorn, wo der Tag mit einem ökumenischen Gottesdienst in der Kirche St. Johannes beschlossen wird. Die Predigt wird Harald Rein halten, Bischof der Christkatholischen Kirche der Schweiz. «Insgesamt werden sechs Vertreter*innen verschiedener Kirchen jeweils einen kleinen Teil der Gestaltung übernehmen», erklärt die Romanshorner Gemeindeleiterin Anne Zorell, die von katholischer Seite aus am Gottesdienst teilnimmt. Sie fügt hinzu: «Das Thema Wasser wird von uns natürlich aufgenommen, auch visuell mit Schwimmkerzen. Der Gottesdienst wird live gestreamt und für Gehörlose übersetzt». Im Anschluss gibt es einen Empfang zum 50-jährigen Jubiläum der AGCK Schweiz, an dem auch Geschäftsführerin Anne Durrer anwesend sein wird. Um 19 Uhr können dann die Bregenzer Gäste wieder mit dem Schiff zurückfahren. 

Sarah Stutte, forumKirche, 17.8.21

Seit 1993 stellt der Verein oeku – Kirchen für die Umwelt den Schweizer Kirchgemeinden für die Gestaltung von Gottesdiensten auf www.oeku.ch diverse Materialien zur «SchöpfungsZeit» und dem jeweiligen Thema zusammen. Weitere Infos und Online-Anmeldung (bis 23. August) zum Schöpfungstag: www.schoepfungstag.info

einz Ehmann, Leiter der Abteilung Gewässerqualität beim Amt für Umwelt Thurgau
Quelle: Detlef Kissner
Heinz Ehmann, Leiter der Abteilung Gewässerqualität beim Amt für Umwelt Thurgau

 

 

 

 

Die Mündung des Rheins (l) und der Bregenzer Ach (r) in den Bodensee
Quelle: Carsten Steger/Wikimedia Commons
Die Mündung des Rheins (l) und der Bregenzer Ach (r) in den Bodensee

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