Besuch bei Markus Beerli, einem Umweltschützer der ersten Stunde

Wer hätte es gedacht, dass das Paradies einen kleinen Ableger auf dem Seerücken hat, in der Nähe von Hörhausen. Dort habe ich zur diesjährigen Schöpfungszeit Markus Beerli getroffen. Neben vielem anderen ist er auch der Hüter, also eine Art Engel, dieses schönen Ortes. 

Zwischen zwei Naturschutzgebieten sind auf dem Thurgauer Seerücken 80 Aren für die Lebensvielfalt der Schöpfung reserviert. Lebensräume werden gebildet von Wald, einem Bach, Blumenwiesen, Gemüse­gärten, Hochstammbäumen, Ast- und Holzhaufen, Wieselburgen, Ohrwurm­heimen, Totholz, Sandlinsen für Wildbienen und vielem, was auf den ersten Blick nicht sichtbar ist. Abgestorbene Bäume wie eine alte Eiche dürfen stehen bleiben für die Tiere. Es ist noch nicht das himm­lische Paradies, denn junge Bäume müssen vor Rehbiss geschützt und ungebe­tene Gäste wie Wühlmäuse mithilfe von Mäuse­bussar­den und Fallen in Grenzen gehalten werden und bei anhaltender Trockenheit muss bewässert werden.

Klimawandel, Artenschwund und aus den Fugen geratene Ökosysteme betreffen mittler­weile jeden Ort der Erde. Aber hier geschieht mehr als nur ein Versuch, etwas zu heilen und der Natur zurückzu­geben. Es gelingt sichtbar. Die vielleicht wichtigste Voraussetzung dafür : den gnaden­losen Verwertungs­druck herausnehmen, auch den für die eigene Seele. Trotzdem – oder deswegen – ist die Ernte gut und ein Gewinn für die Lebens­zufriedenheit. Es soll ein Ort sein und werden, wo sich viele Lebewesen zu Hause fühlen, ungestört von Gift, Lärm und mit viel Zeit und Raum zum Wachsen, Reifen, Säen und Ernten, Hegen und Pflegen, auch für Weite, Gedanken, Gebete und Erinnerungen. 

Verbundenheit mit Leben und Tod
Der Garten beherbergt eine Fülle verschie­denster Salat-, Obst- und Gemüse­sorten und wird von Markus Beerli sorgsam gepflegt, selbstverständlich ohne Gifte, aber mit grosser Freude am Gedeihen und an der Rückkehr von kleinen und grösseren Tieren. Auch das erinnert ein wenig ans Paradies und das Thema der dies­jährigen Schöpfungszeit « Mehr als genug ». Respekt hat Markus Beerli vor den alten grossen Bäumen wie dem wunderschönen Birnbaum, dessen Zauber man sich kaum entziehen kann. Mit dem Stück Land verbindet er auch Erinnerungen an Menschen, die mit ihm etwas gepflanzt und errichtet haben. Die Holzbeige und die jungen Nussbäume werden ihn immer an seinen Sohn Michael erinnern, der kürzlich tragisch verunglückte. Hier ist ein Ort für Trauer, Verbundenheit, Dank­barkeit und fürs Kraftschöpfen. Das Holz hatte er mit Michael gestapelt und die Nussbäume mit ihm gepflanzt. Sie werden uns alle überleben. Die beiden Kastanienbäume sind für seine Frau Birgitta und ihn. 

Engagement für eine lebenswerte Kirche
Seit 2002 ist Markus Beerli Mitglied der katholischen Synode im Thurgau. Seine grosse kirchliche Verbundenheit und die seiner Frau führten beide zu vielen Engagements in der Kirche. « Die intensivste und schönste Zeit war », sagen beide übereinstimmend, « als in einer Vakanz ein Team aus Laien und dem pensionierten Pfarrer Josef Gründler von 1996 bis 2012 die Pfarreileitung von Herdern-Hüttwilen‑Warth übernommen hatte. » Das sei so spannend, lebendig, und geistvoll gewesen, weil sie viel hätten mitge­stalten können. Mit­gestalten ist das, was Markus Beerli fasziniert. Von blossen Absichts­erklärungen und Alibiübungen hält er nichts. Aber zusammen mit anderen etwas zu verbessern und Nöte zu wenden, dafür ist er zu haben.

Von Josef Gründler hat er mitgenommen : « Wenn es den Menschen dient, ist es gut, sonst nicht. » Gut ist dabei im Sinne des Gemeinwohls, was die Schwächsten nicht vergisst und die Bewahrung der Schöpfung als Grundvoraussetzung sieht. Beerli schrieb auch für die Schlussrubrik in forumkirche, was ihn beschäftigte und wo er Lösungen sah. Die Kirche müsse sich so entwickeln, dass der Glaube für Menschen von heute wertvoll bleibe, sagt er.

Kirche und Umwelt
Als 2010 in der katholischen Synode die « Kommission Kirche und Umwelt » entstand, war Beerli Gründungsmitglied. Schon zuvor betreute er als als lang­jähriger Kirchgemeinderat das Ressort Liegenschaft und Umwelt. Mit ihm führte die grosse Kirchgemeinde FrauenfeldPLUS bereits 2017 das kirchliche Umwelt­manage­ment Grüner Güggel ein. Die Kommis­sion hat dieses ab 2013 im Thurgau lanciert. Bis heute sind über 80 Kirchgemein­den und Einrichtungen in der Schweiz gefolgt. Die Bewahrung der Schöpfung gehört zu den Kernaufgaben der Kirchen. Als Elektroingenieur mit eigener Elektroplanungsfirma brachte er nicht nur grosse Fachkompetenz für Energieeffizienz mit, sondern auch die starke Überzeugung, dass wir unbedingt zur Schöpfung Sorge tragen müssen. Sie sei Grundlage von allem, wir Teil von ihr « und das Gottes­geschenk dürfen wir nicht vermüllt, verdreckt, vergiftet und unbewohnbar hinterlassen. Wir können nicht gegen die Natur, sondern nur mit ihr leben », sagt er und setzt das konsequent um. Wie er mit seinem Stück Land, aber auch mit allen Aufgaben umgeht : Er gestaltet viel, zum Beispiel den Waldrand, der von Bäumen über Sträucher und einen Saum aus Kräutern und Gräsern in Wiese und Garten übergeht. Er hört zu, schaut genau hin und gibt vielem so erst wieder Raum zum Atmen, Gesunden und für gute Lösungen. 

Berufung zum Lösen von Problemen
Er könnte in Pension gehen, aber es macht ihm noch grosse Freude, Wissen, Kompetenz und langjährige Erfahrung einzusetzen, um die besten Lösungen für die Energiewende und die Biodiversität zu finden. Erst wenn das Ergebnis überzeugt, ist er zufrieden. Ein ehrlicher Berater und Partner sei er, habe ein Kunde gesagt. Er schätze die Zusammenarbeit mit vielen Fachleuten im Bauprozess, lerne dazu und ist sich sehr bewusst, dass alles, was mit Bauen zu tun hat, in unserer flüchtigen Zeit etwas Dauerhaftes ist und darum auch mit besonderer Sorgfalt und Rücksicht geplant werden muss. Besonders im Hinblick auf die Schöpfung und die Nachwelt. Wie lehrreich, ermutigend und inspirierend die Zusammenarbeit mit Markus Beerli ist, kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen.

Lebensvielfalt als Schlüssel
Dass ihm die Schöpfung und die Natur so viel bedeute, habe er von seinem Vater, der Bauer war, dem Schwiegervater, dem dieses Landstück ebenfalls sehr am Herzen lag, und seiner Frau, die seine Haltung teilt und fördert. Schon früh habe er erkannt, dass die Biodiversität einen Schlüssel zum Lösen vieler heutiger Probleme bereithält. Es brauche gerade in Zeiten des Klimawandels unbedingt guten Boden und einen gesunden Wald und einen anderen Umgang mit Energie. Diese müsse viel sparsamer eingesetzt werden und erneuerbar sein. « Wir müssen aufhören, uns als Menschen so wichtig zu nehmen. Im grossen Gefüge sind wir klein. » Wir hätten kein Recht, alles zu nehmen, was wir kriegen können. Davor warne auch unser Glaube. Von verbliebenen Urvölkern könne man Achtung und Dankbarkeit lernen für das, wovon wir leben. 

Rücksicht und Aussicht
Unser Treffen endet im Haus von Beerlis, das ausgestattet ist mit Wärmepumpe, Photovoltaik, Stromspeicher, E‑Auto-Ladestationen, auch für die Mieter. Wieder finden sich einheimische Pflanzen, Tiere, ein grosser Teich mit Kois und ein Gemüse- und Beerengarten. Der weite Blick vom Balkon zum Horizont ist auch eine Aussicht auf das, was unser Zuhause und das vieler Mitgeschöpfe ist. Dankbar, Menschen wie Markus und Birgitta Beerli zu begegnen, fahre ich heim.

Gerade jetzt, wo unsere wichtigsten Werte auf dem Spiel stehen und menschen­verursachte Krisen und Kriege nach dem Leben greifen, gelingt es Menschen wie Markus Beerli, mit viel Glaube und Engage­ment der Zerstörung sehr konkret entgegen­zutreten. Sie schaffen Lebensräume und -zeiten trotz Wider­ständen und Rückschlägen, die es auch gibt. Das tut gut, inspiriert und verbindet mit denen, die ähnlich unterwegs sind. Dies schenkt glückliche Momente und Sinn. Um der Mitwelt zu helfen, dafür gibt es  mehr als genug  Möglichkeiten. Ein paar wunderschöne und beispielhafte habe ich gesehen. Und ich weiss, dass Schutzengel noch nicht verschwunden sind. Sie haben « nur » ihren Wirkungskreis auf die Schöpfung ausgeweitet.

Text und Bilder : Gaby Zimmermann, 25.08.2025

Markus Beerli
Quelle: Gaby Zimmermann
Markus Beerli steht vor einer Wieselburg auf dem Seerücken.

 

Birnbaum
Quelle: Gaby Zimmermann
Der prächtige Birnbaum steht in Markus Beerlis Garten.

 

Teich
Quelle: Gaby Zimmermann
Der Teich in Markus Beerlis Garten ist nicht nur für die Kois ein Zuhause.

 

Markus Beerli mit einem Jungbaum
Quelle: Gaby Zimmermann
Ein Jungbaum wird gegen Wildverbiss geschützt.

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