KirchenWege: Mit dem Velo von Kreuzlingen nach Güttingen und wieder zurück

Mit dem Velo die Bodenseeregion zu erkunden, gehört zu den schönsten Dingen, die man vor allem im Sommer machen kann. Der KirchenWeg von Kreuzlingen am See entlang nach Güttingen via Altnau, Bottighofen und Kurzrickenbach und wieder zurück zeigt den Thurgau von einer seiner schönsten Seite und verdeutlicht, wofür er bekannt ist: die Nähe zum See, endlos scheinende Obstplantagen und kulturelle Kleinode, die es zu bestaunen gibt. 

Ich habe mich noch gewundert, weshalb vor der katholischen Basilika St. Ulrich und Afra in Kreuzlingen einige Autos geparkt sind – mitten unter der Woche, am Morgen. Als ich vorsichtig das Hauptportal öffne, ist mir klar warum: Es wird eine Messe gefeiert. Eigentlich ein schöner Gedanke, die Velotour der KirchenWege mit einem Gottesdienst zu starten. Es lohnt sich also, zuvor die Gottesdienstpläne zu studieren. Die Kreuzlinger Kirche ist beeindruckend. Sonnenstrahlen suchen sich ihren Weg durch die Seitenfenster und tauchen die Rokoko-Ornamente in ein mystisches Licht. Kaum zu glauben, dass diese Kirche, wie sie heute steht, erst im 20. Jahrhundert gebaut worden ist. Denn 1963 wurde die alte Kirche durch einen Brand fast vollständig zerstört. Anstatt eine moderne Kirche aufzubauen, wurde die alte rekonstruiert. Herzstück der Basilika ist die Ölbergkapelle, die mit über 280 Figuren den Weg Jesu vom Palmsonntag bis zur Auferstehung mit viel Liebe zum Detail darstellt – ein wahres Kunstwerk.  

Schlichte und prunkvolle Kirchen bestaunen

Von der Kreuzlinger Kirche führt der Weg weiter zum Hafen und durch den Seeburgpark Richtung Scherzingen. Vorbei an Feldern und Magerwiesen, den See in Sichtweite, ist die evangelische Kirche Scherzingen am leicht erhöhten Dorfrand bald erreicht. Ihre schlichte Schönheit steht im Gegensatz zum Prunk und Pomp des vorherigen Rokokos. Auch die Klosterkirche St. Remigius Münsterlingen ist wieder prunkvoller gehalten. Besonders bestaunen lässt sich hier die Johannesbüste, die jeweils bei einer «Seegfrörni» in einer Prozession über den Bodensee getragen wird, was 1963 zum letzten Mal der Fall war. Danach fahre ich am ehemaligen Kloster vorbei in Richtung Landschlacht und entdecke vor mir plötzlich das nächste Ziel meiner Tour: die katholische Kapelle St. Leonhard in Landschlacht, eingebettet zwischen Wiesen und alten Riegelhäusern. Ich fühle mich sofort ins Frühmittelalter zurückversetzt, als die «Perle der Gotik im Bodenseeraum» erbaut worden ist. Die gut erhaltenen Fresken an den Innenwänden zeigen Szenen der Leidensgeschichte Jesu und sind weltweit bekannt. Obwohl oder vielleicht gerade weil die Kapelle so schlicht und unverputzt daherkommt, versprüht sie einen besonderen geschichtsträchtigen Charme. Zurück in der Gegenwart folge ich dem Veloweg entlang am Ufer des Sees bis nach Güttingen, wo ich in der Badi eine wohlverdiente Mittagspause einlege. Wer möchte, kann hier auch den Sprung ins kühle Nass wagen.

Aussicht auf den See geniessen

Anstatt weiter dem See entlang Richtung Romanshorn zu fahren, nehme ich den Weg Hügel aufwärts zur paritätischen Kirche Güttingen, die über dem Bodensee thront und mit einer wunderschönen Aussicht besticht. Von da aus geht es weiter nach Altnau. Das Besondere dort ist, dass die katholische und evangelische Kirche nur ein paar Meter voneinander entfernt stehen. Wenn das kein Zeichen für eine gute Nachbarschaft ist. Die evangelische Kirche wurde vor einigen Jahren frisch renoviert und erstrahlt mit der prächtigen Orgel und schönen Kanzel in neuem Glanz. Die nächste Wegstrecke, die ich unter die Räder nehme, gehört für mich zu den schönsten der ganzen Tour. Der See lässt sich weit herum überblicken, unzählige Segelboote tummeln sich als kleine weisse Punkte auf dem dunklen Blau, die Naturwege schlängeln sich zwischen Obstplantagen und Feldern hindurch und manchmal auch im Wald, was für eine erfrischende Abkühlung sorgt. War der Veloweg am See entlang fast schon überbevölkert, begegnet man hier nur ab und zu anderen Menschen. Die letzte Kirche der Tour, die evangelische Kirche Kurzrickenbach, kann ich leider nur von aussen bestaunen, da sie geschlossen ist.

Mehr Zeit einrechnen

Die Vielfalt an katholischen, evangelischen und paritätischen Kirchen und Kapellen im Thurgau ist gross. Um die Kirchen in Ruhe ansehen und entdecken zu können, empfiehlt es sich, mehr als die vorgegebenen drei Stunden Zeit für die Tour einzurechnen. Die Kirchtürme bieten ausserdem gute Orientierungspunkte, sollte man sich einmal nicht sicher sein, welchen Weg man gehen soll. Für mich hat sich die Tour mehr als gelohnt, denn ich habe regionale Kulturschätze entdecken können, habe mir Zeit gelassen zum Geniessen, Staunen und Verweilen, und dabei meinen Heimatkanton von einer altbekannten und doch neuen Seite kennengelernt. 

Simone Ullmann, 4.8.20
 

Simone Ullmann mit dem Velo unterwegs
Quelle: Simone Ullmann
Die kleine gotische Kapelle St. Leonhard in Landschlacht ist ein Kleinod im Thurgau und weltweit bekannt - der heimliche Höhepunkt der Velotour.

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