Präventionskurse für kirchliches Personal

Die Kirchliche Erwachsenenbildung (KEB) bietet im Auftrag der katholischen Landeskirche Thurgau Schulungen zur Prävention gegenüber sexueller Übergriffe an. Kirchliche Mitarbeiter*innen sollen durch Impulse und im Austausch dafür sensibilisiert werden, wie viel Nähe und Distanz es in seelsorgerlichen Begegnungen braucht. Kursleiterin Monica Kunz aus Frauenfeld hat langjährige Erfahrungen in der Prävention und Intervention.

Je sensibilisierter man ist, umso aufmerksamer wird man. Mit dieser Erkenntnis ist Monica Kunz, Mediatorin, Supervisorin und Coach aus Frauenfeld, zum Schutz der Schwächsten unterwegs. Von 2003 bis 2015 leitete sie die kantonale Fachstelle Häusliche Gewalt bei der Kantonspolizei Thurgau. Auch rief sie den Verein PräVita ins Leben, der Präventionsprogramme zum Thema Gewalt anbietet. Da sie mehr als ein Jahrzehnt lang Erfahrung in der Intervention hat, kennt sie alle zuständigen Stellen im Kanton. «Ausserdem habe ich eine Leidenschaft für die Kirche, für die mein Mann und ich uns gerne engagieren», sagt Monica Kunz. Durch die Bekanntschaft zur früheren Regionalverantwortlichen Margrith Mühlebach erhielt Monica Kunz die Anfrage, ob sie im Bistum Basel Sensibilisierungsmodule für Pfarrer anbieten würde. Mittlerweile hat die erfahrene Kursleiterin schon 30 Module durchgeführt und sich einen reichen Erfahrungsschatz zum Thema Nähe und Distanz zugelegt.

Gemeinsame Sicht entwickeln

Für Monica Kunz ist es der Idealfall, wenn sich die kirchlichen Mitarbeiter*innen einer ganzen Kirchgemeinde oder eines Pastoralraums für eine Schulung anmelden. Von der Lagerköchin, über die Ministrant*innenbetreuer*in bis hin zum Pfarrer sind alle angesprochen und gefordert. Monica Kunz sagt dazu: «Wichtig ist, dass alle im Team eine gemeinsame Sicht und Sprache entwickeln. » Sie arbeitet mit verschiedenen Fallbeispielen, die direkt in einem kleinen Team besprochen werden. «Das funktioniert aktuell auch mit der Online-Schulung, obwohl ich die Stimmung der Teilnehmenden weniger direkt spüre. Deshalb hole ich aktiv die Überlegungen und Meinungen ab», sagt Monica Kunz. Beim Thema Nähe sollte man reflektieren, ob man selber ein Mensch ist, der viel Nähe und Berührung braucht oder sich eher im Rückzug wohl fühlt. Somit lautet die Leitfrage: Wie gehe ich damit um, wenn es zu viel oder zu wenig Nähe gibt? Wo stille ich mein Bedürfnis nach Nähe? Diese Sensibilisierung beugt reflexartigen Handlungen vor und stellt die zentrale Frage danach, was opferadäquat ist. Ihre Fallbeispiele helfen zudem, Grenzwahrungen und Grenzüberschreitungen zu erkennen. Denn für das grenzwahrende Verhalten liegt die Verantwortung bei den Seelsorger*innen. Sie müssen sich laut Monica Kunz immer ihrer Rolle, ihrer Position bewusst sein. Monica Kunz sieht ihre Schulung als Kick-Off-Veranstaltung, danach sind die Teilnehmer*innen gefordert. Es geht darum, Standards in den Kirchgemeinden zu definieren und festzuhalten, damit dieses Wissen auch bei einem Personalwechsel gesichert ist. Kopieren lassen sich diese Konzepte jedoch nicht, da jede Kirchgemeinde anders aufgestellt ist. Bei der Ausarbeitung eines Schutzkonzepts kann man sich durchaus professionell begleiten lassen.

Unangebrachte Situationen unterbrechen

Pfarreisekretärin Kerstin Haubrich und der vollamtliche Kirchenmusiker Thomas Haubrich von der katholischen Kirchgemeinde Amriswil haben im März die Schulung absolviert. Kerstin Haubrich ist oft die erste Anlaufstelle bei Trauerfällen. Ihr sei jetzt bewusster geworden, wie sie einem Menschen in solch einer Situation Nähe geben kann, ohne zu nah zu kommen: Durch Worte oder kleine Geschenke. Um Trost zu spenden, kann auch gefragt werden, ob man die Hand auf den Arm der trauernden Person legen darf. So gelingt ein professioneller Umgang mit Nähe und Distanz. Thomas Haubrich kennt seit der Schulung die Devise «Nie allein!» und zieht künftig eine*n Kolleg*in bei, um einen Tumult unter weiblichen Jugendlichen zu klären. «Es geht darum, deren wie auch meine Privatsphäre zu schützen», so der Kirchenmusiker. Bei Situationen, die das Bauchgefühl als unangebracht einstuft, gilt es, diese zu unterbrechen und sich um die bedrängte Person zu kümmern. Dabei sollte man die mögliche Tatperson nicht auf die vermutete Tat ansprechen. Das Fazit des Ehepaars Haubrich zur kurzweiligen und positiven Schulung: Unbedingt hingehen und von der Professionalität sowie der Erfahrung der Kursleiterin Monica Kunz profitieren!

Claudia Koch, forumKirche, 13.4.21

Monica Kunz gibt ihr Wissen in der Schulung zur Prävention gegen sexuelle Übergriffe, gern an kirchliche Mitarbeiter*innen weiter.
Quelle: Claudia Koch
Monica Kunz gibt ihr Wissen in der Schulung zur Prävention gegen sexuelle Übergriffe, gern an kirchliche Mitarbeiter*innen weiter.

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