Unsere Umfrage reicht von gar nicht bis ganz anders

Dieses Jahr werden vermutlich viele Weihnachten nicht wie sonst üblich feiern können. Während einige Familien bereits Kompromisse gefunden haben, sind andere noch dabei, Lösungen zu suchen, wie man das Fest trotzdem zusammen verbringen kann. Wir haben Menschen mit Bezug zum Thurgau und Schaffhausen gefragt, wie sie in den letzten Jahren den Heiligabend verbracht haben, was in diesem Jahr für sie speziell sein wird und wie sie damit umgehen.

Andrew Bond (55), Kinderliedermacher, Wädenswil

Als Heimweh-Engländer feiern wir normalerweise mit meinen Eltern, Geschwistern und den bereits erwachsenen Kindern einen wunder - baren «Christmas Day». Zusammen mit unserer Tochter brate ich einen grossen Truthahn. Dazu gibt es die obligaten Beilagen. Nach einem Verdauungsspaziergang singen und musizieren wir lange, bis es dann «Christmas Pudding», «Mince Pies» und «Guetzli» gibt. Wie es dieses Jahr sein wird, wissen wir zurzeit noch nicht. Sicher ist, dass wir vorab viele Zutaten und Spezialitäten nicht direkt in England holen können. Auf das gemeinsame Singen werden wir leider auch verzichten müssen. Dafür werde ich es selber in den Tagen davor weit ruhiger und hoffentlich auch besinnlicher haben als in Jahren voller Konzertauftritte.

Géraldine Gruber (28), dipl. Pflegefachfrau/Schwerpunkt Psychiatrie, Schaffhausen

Wir feiern Heiligabend stets abwechselnd bei einem Familienmitglied. Dieses Jahr wäre unsere Grossmutter an der Reihe gewesen. Da sie aber zu gefährdet ist und ihre Wohnung schlicht zu klein, um sechs Personen unter Berücksichtigung der nötigen Abstandsregeln unterzubringen, können wir den Abend nicht bei ihr verbringen. Auch unser angedachter Kompromiss einer einfachen Verlagerung ist unter den jetzigen Bedingungen schwer durchführbar. Wir überlegen derzeit, das Fest nach draussen zu verlegen, auch eine Waldweihnacht könnten wir uns vorstellen. Heiligabend ist für unsere Familie wie ein Ritual. Es ist der einzige Tag im Jahr, an dem wir uns alle sehen. Besonders in diesem Jahr haben wir uns als Familie das letzte Mal gemeinsam im März getroffen. Es wäre deshalb sehr schade, wenn wir Weihnachten komplett absagen müssten.

Carsten Peters (58), Kinderarzt, Frauenfeld

Wir haben Weihnachten bisher immer mit der Familie meiner Frau verbracht, meistens im Kanton Aargau, bei den Geschwistern meiner Frau. Zwei von ihnen haben geeignete Räumlichkeiten für ein grosses Treffen. Manchmal waren wir auch bei uns, wir haben uns abgewechselt. Das war bisher gut möglich, weil es noch keine Personenbeschränkung gab. Dieses Jahr hat sich der Kreis aus verschiedenen Gründen verkleinert, sodass wir trotzdem miteinander feiern können – eben in kleinerem Rahmen. Meine eigene Familie ist sehr verstreut. Meine Eltern und eine Schwester wohnen seit über 20 Jahren in Schweden, eine andere Schwester lebt in Hamburg. Es hat sich so eingespielt, dass wir über Weihnachten per Telefon oder Skype miteinander Kontakt haben. Das wird auch dieses Jahr so sein. Als die Kinder noch kleiner waren, waren sie bei den Telefonaten dabei. Die Treffen mit meiner Familie finden zu anderen Zeiten statt. Ich war vor kurzem gerade zu einem verlängerten Wochenende bei meinen Eltern.

Heidi Bötschi (59), Leiterin des Alterszentrums Sunnewies in Tobel

Im Alterszentrum fand immer am 22. Dezember mit den Bewohner* innen und ihren Angehörigen eine Weihnachtsfeier mit einem feinen Essen statt. Am 24. selbst feierte ein kleiner Teil der Bewohner*innen Heiligabend bei Verwandten, die meisten aber im kleinen Rahmen mit den Mitarbeiter*innen auf den Wohngruppen. Das ist vor Corona so gewesen. Dieses Jahr müssen wir die Weihnachtsfeier mit den Angehörigen schweren Herzens ausfallen lassen. Dafür werden wir am 24. Dezember das Mittagessen mit den Bewohnern etwas festlicher gestalten. Nach einem feinen Essen wird eine Weihnachtsgeschichte vorgelesen, umrahmt mit musikalischen Darbietungen. Abends treffen sich die Bewohner*innen in den Speisesälen zu einem einfacheren, traditionellen Essen, so wie sie es von früher her kennen. Manche Bewohner*innen, sagen klar, dass sie damit gerechnet haben. Sie hätten schon gern Besuch gehabt, möchten sich aber nicht einer Gefahr aussetzen. Aber es gibt auch solche, die das Ganze nicht verstehen können. Die eigene Lebenszeit verstreicht, es kann immer das letzte Weihnachten gewesen sein.

Priska Bühler (56), Mutter von zehn Kindern, Basadingen

Wir feiern Weihnachten schon seit Jahren nicht, also fällt für uns die Problematik ganz weg, wie wir uns in diesem speziellen Jahr mit so vielen Personen organisieren müssten. Grundsätzlich finden wir, dass Weihnachten viel zu aufgebauscht wird und es eher um die Geschenke geht, als dass Jesus an Heiligabend und den beiden Weihnachtstagen eine tragende Rolle spielt. Deshalb schenken wir uns auch gegenseitig nichts. Wir sind der Meinung, dass es immer an der Zeit ist zu fragen, was Gott will, nicht nur zu einer bestimmten Zeit im Jahr. Deshalb ist – rein auf den christlichen Gedanken bezogen – bei uns auch das ganze Jahr hindurch Weihnachten.

Aurelia Campedel (27), Moderatorin/Videojournalistin Tele Top, Zürich/Freidorf

Von den Weihnachtsfeiertagen ist für unsere Familie vor allem der Heiligabend wichtig, der traditionell zelebriert wird. Wir sind normalerweise zu zehnt und feiern bei uns zu Hause mit unserer österreichischen Verwandtschaft zusammen: der Familie meiner Tante sowie meiner Oma. Das wird in diesem Jahr jedoch nicht möglich sein, weil die österreichische Grenze geschlossen ist. Es wird also das erste Weihnachten in meinem Leben, das wir nicht mit unseren österreichischen Verwandten feiern können. Gerade mit der Grossmutter möchte man natürlich jedes Weihnachten feiern, weil sie älter wird und niemand weiss, wie viele gemeinsame Weih nachten wir noch zusammen verbringen können. Die Massnahmen sind verständlich in diesem Ausnahmejahr, aber sehr schade ist es natürlich trotzdem.

Graça Schell (62), Sekretärin der Portugiesischen Mission, Bischofszell

Letztes Jahr haben wir in der Familie gefeiert, mit der Familie meiner Tochter (34) und der Familie meines Sohnes (36). Für uns Portugiesen ist am 24. Dezember Weihnachten, da feiern wir ein riesiges Fest. Dazu gehört natürlich der «Stockfisch » als traditionelles Hauptmenu. Der 25. Dezember ist dann hauptsächlich dem Gottesdienstbesuch gewidmet. Früher haben wir sogar noch mit der Grossfamilie gefeiert, mit fast 20 Personen. Ich habe noch Verwandte im Ausland, die sind auch zu uns gekommen. Als unsere eigene Familie gewachsen ist, haben wir uns auf die eigenen Kinder mit Partnern und Enkelkindern beschränkt. Dieses Jahr wird es schwierig. Eigentlich möchte ich, dass alle zu uns kommen, erlaubt sind aber nur zwei Familien. Wir haben schon darüber gesprochen, wissen aber noch nicht, wie wir es machen. Wir haben gedacht, dass der Sohn am 24. und die Tochter am 25. Dezember kommen könnte. Ich habe meinen Sohn schon ein paar Monate nicht mehr gesehen, weil er mit seiner Familie in London gelebt hat und erst seit ein paar Tagen wieder in der Schweiz ist.

Bruder Hans Lenz (56), Guardian der Franziskanergemeinschaft Insel Werd

An Weihnachten bin ich in den um - liegenden Pfarrgemeinden unterwegs und feiere dort Gottesdienste. Dieses Jahr gibt es noch Zusatzangebote, weil maximal 50 Personen an einem Gottesdienst teilnehmen können. Wir wissen noch nicht genau, welche Angebote nachgefragt werden. Wenn man an Weihnachten nicht singen kann, ist das schon hart für mich. In unserer Gemeinschaft feiern wir Weih - nachten erst am Abend des ersten Feiertages. Wir beten zuerst die Vesper, dann gibt es ein gutes Nachtessen, bevor wir ein, zwei Geschenke auspacken, die wir von auswärts bekommen haben. Danach singen wir miteinander noch Weihnachtslieder. Früher haben wir Mitbrüder von anderen Gemeinschaften eingeladen. Dieses Jahr wissen wir noch nicht genau, was möglich und sinnvoll ist. Darum warten wir noch ab. Hinzu kommt, dass die Leitung bei uns gewechselt hat. Bruder Christoph Maria, der bisherige Guardian, wird noch bis Ende des Jahres bei uns sein. Es ist gerade ein Kommen und Gehen in der Gemeinschaft.

Sarah Stutte, Detlef Kissner, forumKirche, 15.12.20
 

Geschmückter Weichnachtsbaum
Quelle: paxabay.com

 

Andrew Bond
Quelle: zVg
Andrew Bond

 

Géraldine Gruber
Quelle: zVg
Géraldine Gruber

 

Carsten Peters
Quelle: zVg
Carsten Peters

 

Bewohnerinnen des Alterszentrums Sunnewies in der Adventszeit 2018.
Quelle: Detlef Kissner
Bewohnerinnen des Alterszentrums Sunnewies in der Adventszeit 2018.

 

 

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