Caritas Thurgau bereitet sich auf zusätzliche Hilfeleistungen vor

Die Energiekrise hat in den letzten Wochen Fahrt aufgenommen. Sie betrifft vor allem Menschen, die in Armut leben. Die Sozialberater*innen der regionalen Caritas-Stellen spüren, wie deren Sorgen angesichts der steigenden Lebenshaltungskosten wachsen. Auch Caritas Thurgau rechnet damit, dass der Bedarf an Hilfen in den kommenden Monaten wachsen wird, und ruft deshalb zu Spenden auf. 

Die Inflation von über 3 Prozent reisst schon jetzt ein Loch in das Portemonnaie von Menschen, die in Armut oder an der Armutsgrenze leben. Mehrkosten von 50 oder 100 Franken im Monat wirken sich auf ihren Alltag drastisch aus: Sie müssen diese zusätzlichen Ausgaben irgendwo einsparen. Gemäss einer Studie der Berner Fachhochschule sind allein durch die diesjährige Teuerung 78'000 Personen zusätzlich in Armut geraten. In den 21 Caritas-Märkten sind nach Auskunft von Caritas Schweiz seit diesem Sommer 40 Prozent mehr Personen auf vergünstigte Lebensmittel angewiesen. Und das Ende der Preisspirale ist noch nicht erreicht, das Jahr 2023 wird mit einer Kostenexplosion starten. «Die Strompreise steigen um durchschnittlich 27 Prozent, die Krankenkassenprämien werden bis zu 10 Prozent teurer», prognostiziert Caritas Schweiz in einer Mitteilung. Angesichts dieser Entwicklung fordert die Hilfsorganisation die Politik zu raschem Handeln auf. «Was es braucht, sind Direkthilfen, welche allen Menschen in einer akuten Notsituation unbürokratisch und rasch zur Verfügung stehen», sagt Peter Lack, Direktor von Caritas Schweiz. Das Hilfswerk ging mit gutem Beispiel voran und richtete einen Fonds für Einzelfallhilfe ein, auf den regionale Stellen zugreifen und damit diese schnelle Art von Hilfe umsetzen können.

Besorgniserregende Signale
Die sich verschärfende Krise zeigt sich auch im Thurgau. «Wir erhalten vermehrt Anrufe von Menschen, die Angst davor haben, dass sie ihre Nebenkostenabrechnung nicht mehr bezahlen können», sagt Simone Rutishauser, Mitarbeiterin der Caritas Thurgau. Viele hätten durch die hohe Inflation kaum noch Spielräume, um für die anstehenden Rechnungen Geld anzusparen. «Wir können in diesen Fällen nicht proaktiv reagieren und den Anrufenden versprechen, dass ihre Rechnung bezahlt wird.» Es bleibt nur der Appell, weiterhin zu sparen. Menschen, die von einem fixen Sozialhilfebetrag leben müssen, sind jetzt schon in Bedrängnis. Ihr geringes Budget reicht für immer weniger, ihre Einkäufe werden immer kleiner. Deshalb sind viele auf vergünstigte Lebensmittel angewiesen. 
Das zeigt sich auch bei der Caritas Thurgau. Dort werden derzeit viele KulturLegi beantragt, die dazu berechtigen, in den Caritas-Märkten in Wil und Winterthur einzukaufen. «Ausserdem geben wir Tischlein-deck-dich-Karten aus, mit denen man einmal pro Woche für einen Franken Lebensmittel beziehen kann. Aber auch diese stehen uns nur begrenzt zur Verfügung», sagt Simone Rutishauser. Aus diesem Grund plant die Caritas Thurgau ein weiteres Projekt, das Ende November startet: ein Häuschen mit einem Kühlschrank, dem gespendete Lebensmittel entnommen werden können. 

Wachsende Sorgen
Die grösste Sorge von armutsbetroffenen Menschen ist es, Schulden machen zu müssen und damit einen Eintrag im Betreibungsregister zu erhalten. «So ein Eintrag macht es ihnen sehr schwer, künftig eine Wohnung zu finden. Das belastet sie in ihrem Alltag noch mehr», sagt Simone Rutishauser. 
Eltern sorgen sich vor allem, dass sie ihren Kindern nicht das bieten können, was sie eigentlich bräuchten. Das spitzt sich vor allem vor Weihnachten zu. Denn diese Mütter und Väter würden ihren Kindern auch gern einen Herzenswunsch erfüllen. Doch angesichts der gestiegenen Ausgaben bleibt in ihrem Portemonnaie dafür nichts mehr übrig. Auch in diesem Fall hilft Caritas Thurgau. Sie vermittelt den Eltern Kontakte zu verschiedenen Weihnachtsaktionen wie z. B. Ostschweizer helfen Ostschweizern (OhO), die manches Weihnachtsgeschenk ermöglichen. 

Schnelle Hilfe ist wichtig
In der Corona-Zeit gerieten auch Menschen in eine finanzielle Notlage, die ihr Leben bisher gut bestreiten konnten. Die Anträge auf Sozialhilfe brauchten sehr lange, bis sie bearbeitet wurden. «Vielen fiel ein Stein vom Herzen, dass sie bei uns unbürokratisch und schnell finanzielle Unterstützung erhielten. Diese Erfahrung bestärkt uns, weiterhin so niederschwellig zu helfen», sagt Simone Rutishauser. Da Berechnungen davon ausgehen, dass in den nächsten Monaten viele durch die Energiekrise in eine Notlage geraten werden, ruft Caritas Thurgau die Bevölkerung zusätzlich zu Spenden auf, die solche Hilfen in grösserem Umfang ermöglichen (www.caritas-thurgau.ch).

Detlef Kissner, forumKirche, 02.11.2022
 

Caritas-Markt
Quelle: Corinne Sägesser/Caritas Schweiz
In den Caritas-Märkten können Armutsbetroffene günstige Lebensmittel einkaufen.

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