Eröffnung der Neunkircher Zehntenscheune

Die konstanzerische Zehntenscheune befindet sich im historischen Städtchen Neunkirch im Klettgau. Das heutige Wohnhaus mit Weinkellerei steht unter Denkmalschutz. Der Theologe und Künstler Reto Friedmann öffnet nun dort seine «Budigg», eine ehemalige Werkstatt, als kulturellen Veranstaltungsraum.

Zu Beginn der Reformationszeit hat das überschuldete Bistum Konstanz die politischen Rechte von Neunkirch mitsamt dem Schloss an Schaffhausen verkauft. Die Zehntenscheune blieb weiterhin im Besitz des Bischofs von Konstanz. Sie galt als Zwischenlager für seine letzten Einnahmen, den zehnten Teil vom Klettgauer Wein und Getreide, bevor die Ware nach Konstanz geliefert wurde. Im 17. Jahrhundert wurde das Gebäude zu einem stattlichen Bauernhaus umgestaltet. Hierbei entstand auch die Budigg, hergeleitet vom französischen «Boutique», eine Werkstatt im Erdgeschoss.

Wände und Böden erzählen
Der Bewohner Reto Friedmann ist fasziniert vom geschichtsträchtigen Raum, der im Laufe der Zeit Veränderungen erlebt hat. Spuren von zwei Schmiedeessen, ein unfertiges Hufeisen und eine Schmiedeform am russigen Stützbalken zeugen von einer ehemaligen Schmitte. Der Künstler ist von einem gefundenen Papierfetzen mit dem Hinweis «Bitte läuten» entzückt. Er erzählt von einer Glocke in der oberen Etage, die wohl durch einen Drahtzug mit der Budigg verbunden war und Kundschaft meldete. Ein Restaurator hat die verschiedenen Wandschichten mit Mörtel und Russ gesichert sowie die unebenen Stein- und Holzböden sichtbar gelassen. «Für die einen wird es ein Schmuddelraum sein», berichtet Friedmann, «und für die anderen ist dies 500 Jahre Geschichte.»

Kleinod Kulturraum
Jetzt entsteht aus der Budigg ein Ort der Kulturbegegnungen. Reto Friedmann möchte hier einen kleinen Veranstaltungsraum anbieten, in dem etwa 25 Personen Platz haben. Geplant sind zwei bis drei Veranstaltungen in den Sommermonaten. Mögliche Formate sind Vorträge, Lesungen, Gesprächskreise sowie eigene Klanginstallationen und Aufführungen des Künstlers. Am Herzen liegen dem Veranstalter auch Gespräche mit älteren Einwohner*innen über Geschichten im Städtli Neunkirch. Ebenso sollen theologische Themen aus dem Klettgau aufgegriffen werden.

Matinee zu Professor Wildberger
Der Kulturraum «Budigg» wird am 12. Juni mit einer Matinee eröffnet. Dort bietet das Autoren-Ehepaar Jehle-Wildberger Einblicke in die Neunkircher Familiengeschichte sowie in die Biografie des international bekannten Neunkircher Theologie-Professors Hans Wildberger (1910–1986). Dessen Tochter und Historikerin Marianne Jehle-Wildberger erzählt von ihren Sommerferien im Zehntenscheune-Bauernhof. Ihr Ehemann, der Theologe Frank Jehle, hat eine Biografie über seinen Schwiegervater Hans Wildberger geschrieben, der in diesem Haus aufwuchs. Gefördert vom damaligen Ortspfarrer besuchte Hans das Humanistische Gymnasium in Basel. Nach seinem Theologie-Studium kehrte er als Vikar in Osterfingen und als Gemeindepfarrer in Wilchingen zurück in den Klettgau. Er wurde Professor für Altes Testament und Allgemeine Religionswissenschaften an der Universität Zürich und erhielt internationales Ansehen.

Judith Keller, 08.06.2022
 


    Weitere Infos zur Eröffnung: www.blablabor.ch/veranstaltungen

Reto Friedmann
Quelle: Judith Keller
Reto Friedmann lädt in die «Budigg» der Zehntenscheune ein.

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