Streit um Kirchenort

Vom 30. September bis 2. Oktober feiert Steinebrunn ein doppeltes Jubiläum: 150 Jahre katholische Pfarrei Steinebrunn sowie 100 Jahre Kirche Winzelnberg. Der Weg zum Bau der Kirche war allerdings nicht einfach.

Es muss wüst zugegangen sein vor rund 110 Jahren unter den Katholik*innen in Steinebrunn. Sie waren jahrelang zerstritten. «Im Laufe der Jahre wurden unzählige Seiten gefüllt, die von Intrigen und Verleumdungen erzählen», sagt Adi Koch, Präsident des Kirchgemeinderats und Co-Präsident des Organisationskomitees. Was war passiert? Mitte des 17. Jahrhunderts liessen sich immer mehr «Altgläubige» in Steinebrunn nieder. Ab 1674 wurde in der Kapelle St. Gallus durch die Mutterpfarrei Arbon wieder die Messe gefeiert. Die Gemeinde wuchs. 1872 entstand die selbständige Pfarrei Steinebrunn. Bald genügte die Kapelle den Bedürfnissen einer Pfarreikirche nicht mehr. Deshalb wurde 1895 eine ausserordentliche Kirchenbausteuer eingeführt. 1905 kamen zwei Architekten ins Spiel – 1910 trat die Baukommission zusammen. Wo aber sollte gebaut werden? «Die einen wollten die Kirche im Dorf haben, das war die Westpartei. Die Ostpartei plädierte für einen von Weitem sichtbaren Bau auf dem Winzelnberg. Diesen Vorschlag hatte Pfarrer Alois Scheiwiler gemacht, von 1903 bis 1918 im Amt, das er im Streit quittierte», fährt Koch weiter. 

Doch Winzelnberg
Die Wende kam unvermittelt: In der Nachkriegsdepression der frühen 1920er-Jahre unterstützte der Bund Bauvorhaben von Institutionen mit Subventionen. Die Eingabefrist dafür lief am 25. August 1922 ab. Deshalb kam es an der Kirchgemeindeversammlung vom 22. Januar desselben Jahres endlich zu einer Abstimmung: Mit 61 zu 30 Stimmen wurde zugunsten des Winzelnbergs entschieden. Am 4. August fand der Spatenstich statt, am 2. Oktober die Grundsteinlegung. Der Frauenfelder Albert Rimli, Architekt der katholischen neubarocken Kirche St. Nikolaus in Frauenfeld, erhielt den Auftrag. Die Kirche wurde am 13. Oktober 1925 durch Bischof Josephus Ambühl eingeweiht – mit den Heiligen Gallus und Othmar als Patrone. «Nachdem die Entscheidung gefallen war, legte sich der Zwist allmählich. Und spätestens nach der Einweihung kehrte wieder Frieden ein», erläutert Koch. 

Gemeinschaftsgefühl stärken
Vom 30. September bis 2. Oktober wird nun gefeiert: Am Samstag findet ab 11 Uhr das Fest für die Öffentlichkeit statt. «Uns ist es ein Anliegen, dass wir das 150-jährige Wirken der Pfarrei feiern. Die gelebte Gemeinschaft ist ohne Freiwilligenarbeit nicht möglich. Mit dem bunten Programm möchten wir alle Menschen aus Steinebrunn und Umgebung ansprechen», so Koch. «Wir wollen Danke sagen, miteinander feiern und das Gemeinschaftsgefühl stärken. In diesem Sinne heissen wir möglichst viele friedliebende Menschen herzlich willkommen.» Am Sonntag wird um 10 Uhr mit Bischof Felix Gmür ein Festgottesdienst gefeiert – auf den Tag genau 100 Jahre nach der Grundsteinlegung. 

Béatrice Eigenmann, forumKirche, 27.09.2022
 

Kirche in Steinebrunn
Quelle: zVg
Nach jahrelangem Streit wurde die Kirche in Steinebrunn ab 1922 auf dem Winzelnberg gebaut.

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