Stola für Nichtkleriker

Unterenstringen, 22.12.19 (kath.ch). Die Meinungen zur Stola für Nichtkleriker des Klosters Fahr sind unter Reform-Theologinnen geteilt. Die einen tragen Dekorbänder der liturgischen Farben wegen. Gefragt seien neue Haltungen, sagen die anderen.  

Das unscheinbare Thema sorgte für Klicks und Kommentare: Die Paramentenwerkstatt des Klosters Fahr hat neu eine Stola für Nichtkleriker im Angebot. Wie das Kloster kürzlich mitteilte, sei diese eine Weiterentwicklung der bekannten Fahrer Stola für Priester. Mit den neuen Stolen seien nun auch Laien besser als Gottesdienstleitende erkenntlich.

Das liturgische Institut für die deutschsprachige Schweiz reagierte reserviert auf die Neuigkeit, insbesondere auf die Bezeichnung des neuen Produkts: Diese sei «heikel», denn Stolen seien Priestern vorbehalten, um fachliche Beratung habe das Kloster Fahr «leider» vorab nicht angefragt.

In einem Facebook-Kommentar zum Artikel auf kath.ch heisst es dazu: «Ein wenig mehr Mut, so wie die Frauen aus dem Kloster Fahr, wünsche ich mir, Jesus hat auch sehr ‘heikle’ Sachen gemacht, sonst wäre er wahrscheinlich im hohen Alter im Bett gestorben.»

Dekorstreifen in wechselnden Farben

Inzwischen sei die neue Stola bereits verkauft worden, teilt Manuela Camichel, Leiterin der Paramentenwerkstatt des Klosters Fahr, auf Anfrage mit. Zugleich sei aber auch Zurückhaltung zu spüren: «Die Abklärungen in den Pfarreien laufen, ob die Stolen zum Einsatz kommen sollen. Dies ist immer auch eine Budget-Frage.»

Die Meinungen zur Fahrer Neukreation sind bei den Theologinnen, die sich für den Fortschritt in der Kirche engagieren, vielfältig.

«Ich habe mich gefreut, als ich gelesen habe, dass im Fahr Stolen gewoben werden, die für Liturginnen und Liturgen gedacht sind», teilt Theologin Veronika Jehle auf Anfrage mit. «Die Arbeiten aus der Paramentenwerkstatt des Klosters gefallen mir einfach. Meine Tunika hat schon immer einen Farbstreifen, den ich je nach Zeit im Jahreskreis farblich anpasse.»

Auch in der Pfarrei von Elke Kreiselmeyer, Gemeindeleiterin der Pfarrei St. Stephan Therwil/Biel-Benken im Kanton Basel-Landschaft, ist ein vergleichbares Kleidungsstück bereits im Gebrauch. «Die beiden Theologen-Ehepaare tragen bei allen liturgischen Feiern seit vielen Jahren den ‘Dekorstreifen’ des Paramenten-Herstellers Heimgartner in den entsprechenden liturgischen Farben grün, gelb, rot und violett», teilt Gemeindeleiterin Kreiselmeyer auf Anfrage mit. «Uns ging es dabei vor allem darum, dass bei zunehmendem Priestermangel die Tradition der liturgischen Farben in der Kirche nicht verloren geht. So tragen auch unsere Ministrantinnen und Ministranten farbige Kordeln um die Gewänder.»

Widerstand gegen potenziell Klerikales

Hingegen kann sich die Luzerner Theologin Jacqueline Keune nicht vorstellen, eine solche Stola zu tragen. Einerseits habe sie sich immer als Volkstheologin verstanden: «Ich habe nie eingesehen, warum ich anders gekleidet sein sollte als alle die anderen Menschen, die miteinander Gottesdienst feiern.» Zum anderen spüre sie inneren «Widerstand gegen alle Zeichen, die das Potenzial des Klerikalen in sich tragen», wie sie auf Anfrage mitteilt.

Etwas abgewinnen kann sie einer solchen Stola insofern, als sie die «menschengemachten Unterschiede zwischen Geweihten und Nicht-Geweihten» abmildern würde. «Aber dazu braucht es nicht neue Kleider, sondern neue Haltungen.»

Kundenbedürfnis und auch Zeichen?

«Unsere Kirche steht im Wandel, sie wird sich in den kommenden Jahren noch stärker verändern», sagt Irene Gassmann, Priorin des Klosters Fahr, auf Anfrage. Die neue Stola sei eine Antwort auf die pastorale Situation in der Kirche. Viele Gottesdienste – Wortgottesfeiern oder auch Begräbnisfeiern – würden von Nichtklerikern geleitet. «Die Vorsteherinnen und Vorsteher dieser liturgischen Feiern sollen erkennbar sein.»

Gassmann sagt weiter: «Wir Benediktinerinnen vom Kloster Fahr wollen den Wandel unserer Kirche mitgestalten. Die Entwicklung der neuen Stola ist eine Möglichkeit, uns aktiv und kreativ einzubringen.»

Dabei lässt sie offen, ob sie die Bezeichnung als «Stola» sowie das Tragen derselben als Schritt in Richtung Selbstermächtigung sieht.

Das Thema «Selbstermächtigung» hatte kürzlich der in Auflösung begriffene Verein Pfarrei-Initiative aufgegriffen: Vorstandsvertreter hatten moniert, dass man trotz vielen Gesprächen mit den Bischöfen nichts zum Guten habe wenden können, «gegen das erstarrte klerikale System» nicht angekommen sei. Unter anderem setzte sich die Pfarrei-Initiative laut Website dafür ein, dass «befähigte Frauen und Männer ohne Rücksicht auf den Lebensstand zu verantwortlichen Diensten in der Kirche geweiht werden».

Selbstermächtigung ist auch im Sinne von Theologin Keune. «Es geht darum, dass wir uns nicht länger als Bittstellerinnen und Bittsteller gegenüber den Bischöfen verhalten», so Keune. «Und während der langen Zeit, die die SBK noch braucht, um irgendeinen Weg der Erneuerung aufzugleisen, können wir ihn ja schon mal gehen.»

Auftritt in Schwarz statt Albe

Einen ganz anderen Umgang mit ihrer Kleidung in Gottesdiensten pflegt die Effretiker Theologin Monika Schmid. Sie findet die Diskussion, ob man eine solche Stola tragen dürfe, «müssig». Diese zu tragen, kann sie sich nicht vorstellen. Sie selbst trägt seit diesem Frühling in Gottesdiensten ein Outfit in Schwarz, ergänzt durch einen Schal in den Farben des Kirchenjahres. Nach Bekanntwerden der Missbrauchsfälle in Italien in einem Gehörlosenheim und ihrem Auftritt in der Sendung «Rundschau» habe sie gemerkt, dass sie am nächsten Tag nicht mehr in der Albe im Gottesdienst auftreten konnte.

Nach all den Missbräuchen durch Personen in solchen Gewändern habe sie darin gleichsam einen Deckmantel gesehen. Es habe sie «gruused», sagt sie.

Am Palmsonntag dieses Jahres habe sie denn auch den Gottesdienst ohne die Albe geleitet und auch vor der Gemeinde die Gründe dargelegt. Es habe riesigen Applaus gegeben, an diesem Tag sei die Kirche mit über 500 Personen äusserst gut besucht gewesen.
«Ich dachte zuerst, dass ich die Albe irgendwann wieder anziehen würde. Dieser Moment ist allerdings bislang noch nicht gekommen», sagt Schmid.

«Selbstermächtigung» hält Schmid für ein grosses Wort. Darüber müsste sie noch etwas länger nachdenken. Ihre bisherige Haltung: «Ich versuche, in der Pfarrei zu leben, was möglich ist, ohne lange nachzufragen, so wie es die Pfarrei-Initiative schon 2012 aufgelistet hat. Ich habe stets die Grenzen ausgelotet, was innerhalb der Kirche liturgisch möglich ist.»

Segnung statt Salbung

So etwa im Zusammenhang mit der Segnung von Kranken.  «Wenn mich jemand für die Krankensalbung der sterbenden Mutter anfragt, biete ich eine Krankensegnung an. Ich mache klar, dass es keine Krankensalbung nach römisch-katholischem Ritus ist, bei welchem auch die Beichte dazu gehören würde. Ich nehme mir die Freiheit, beim Krankensegen das geweihte Krankenöl mitzubringen», so Schmid – viele Menschen seien sehr angetan von dieser Form.

«Vielleicht ist das mit Selbstermächtigung gemeint», so Schmid weiter, «nicht einfach in die Fussstapfen des herkömmlichen Priesteramtes zu treten, sondern liturgische Formen zu entwickeln, die dem heutigen Menschen entgegenkommen und die Menschen ebenso berühren wie die ganz katholischen Formen. Sakrament ereignet sich dort, wo Gottes Gegenwart gespürt wird, und das haben wir Menschen nicht in der Hand.» 

Ueli Abt/kath.ch, Red.

Teaserbild: pixabay.com

Stola
Die neue Stola für Nichtkleriker aus dem Kloster Fahr. ©  zVg

 

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