Ein Ratgeber für pflegende Angehörige


Der Ratgeber «Nahe sein bis zuletzt» ist neu aufgelegt worden. Er hilft Angehörigen und Nahestehenden, Schwerkranken beizustehen. Dabei wird besonderen Wert darauf gelegt, dass die Pflegenden sich selbst nicht vergessen und fürsorglich mit sich umgehen.

Das Buch mit gut 100 Seiten gliedert sich nach Themen wie Palliative Care, Betreuung zu Hause, praktischen Fragen zur Pflege, aber auch zum Testament, zur Sterbebegleitung und zum Trauerprozess. Auch die Seelsorge und der jeweilige kulturelle Hintergrund der Betroffenen finden ihren Platz. Die Broschüre ist eher auf das Lebensende ausgerichtet, weniger auf die Langzeitpflege. Die schwierigen sozialen Folgen einer Pflege, wie etwa das Ausdünnen des Freundeskreises, wird nicht verschwiegen. Die Pandemie hat die Situation der fehlenden Gemeinschaft noch massiv verschärft.

Umfangreiche Informationen

Die Sprache ist sachlich, unsentimental, aber zugewandt. Es wird nicht schön gefärbt, doch die Momente der innigen Gemeinschaft und Nähe erhalten auch ihren Platz. Die Texte sind gut lesbar gegliedert und kommen ohne Fremdwörter aus. Jedes Kapitel verfügt am Ende über eine praktische kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte. Allerdings fehlt ein Stichwortverzeichnis.
Man lernt konkret, wie sich der Sterbeprozess zeigt, wie bei Schmerzen Hilfe organisiert werden kann, welche Probleme sich bei der Medikamentation und der Hygiene stellen können. Dazu kommen wichtige juristische Fragen wie die Gestaltung einer Patientenverfügung und eines Vorsorgeauftrags. Die Verfügung sollte mit einem involvierten Arzt besprochen werden. Auch eine demente Person kann meist ausdrücken, ob sie der Schmerzbekämpfung vor der Lebensverlängerung den Vorzug gibt. Der korrekte Vorsorgeauftrag sollte «öffentlich beurkundet» werden. In unklaren Situationen greift sonst die KESB ein.

Sich selbst nicht vergessen

Selbstsorge ist ein sehr wichtiger Punkt in diesem Ratgeber, denn pflegende Angehörige vergessen oft sich selbst. Dabei wird gegen das schlechte Gewissen angegangen, das viele Pflegende – gerade religiöse Menschen -  haben, wenn sie erschöpft sind. Es wird auf Entspannungsübungen, Sport, Musik etc. hingewiesen, damit die Pflegenden nicht an die Grenze kommen. Dazu kommen die verschiedenen Entlastungsmöglichkeiten. Hier fehlt allerdings ein wichtiger Punkt in der Broschüre: Die Finanzierung! Entlastung zu organisieren, kostet sehr viel Zeit, Kraft - und Geld. Im Thurgau verlangt das Rote Kreuz für diesen Dienst beispielsweise 15 bis 40 Franken je Stunde, je nach Einkommen und Anzahl der Stunden. Sozialhilfe, Krankenkassen, IV oder KESB reden gegebenenfalls ein gewichtiges Wort mit, wieviel Stunden es denn sein dürfen. Auch Schutzmaterial wie Masken, Papiermäntel, Visiere, Gummihandschuhe kosten. Dies hat sich besonders in Corona-Zeiten gezeigt. Entlastungsdienste können aber nur kommen, wenn Schutzmaterial vorhanden ist! 

Ergänzungen

Als pflegende Angehörige hätte ich im Ratgeber gern noch das Hospiz breiter vorgestellt gesehen. Es ist keineswegs immer der letzte Ort des Sterbens, sondern kann Angehörige auch zwischendurch entlasten bei einer guten Pflege an Leib und Seele der schwerkranken Person. Hospize haben wie die Palliative Care-Teams ein grosses Wissen gesammelt, das sie zur Verfügung stellen. 
Dazu wäre nach einem Jahr Pandemie ein Hinweis auf die Corona bedingten Probleme der Pflege wünschenswert – wie etwa Isolation oder Quarantäne der Pflegenden wie Kranken, den fehlenden Besuchsmöglichkeiten in Institutionen etc. Im Thurgau gibt es weiter ein grundsätzliches Problem: Sollten Pflegenden selbst zu einem medizinischen Notfall werden, gibt es ausserhalb der Bürostunden kein Notfalltelefon. Sie müssen also einen Plan B vorbereiten und möglichst gut dokumentieren (Medikamentenliste, Notfalltelefone, einspringende Personen). Dann muss die Polizei verständigt werden!
Studien zeigen, dass Haustiere schwerkranken Menschen und den Pflegenden oft viel Freude bereiten. Wer zu Hause kein Tier hat oder haben kann, kann Nahestehende bitten, sie bei Besuchen mitzubringen. Ein Vogelhäuschen oder ein Futterplatz ist ebenfalls ein schöner Zugang zum Leben und zur Natur.

Christiane Faschon, forumKirche, 2.3.21

Die Broschüre «Nahe sein bis zuletzt» kann kostenlos bestellt werden unter www.nahesein.ch.


 

Der Ratgeber wurde Anfang 2021 leicht bearbeitet neu aufgelegt
Quelle: Detlef Kissner
Der Ratgeber wurde Anfang 2021 leicht bearbeitet neu aufgelegt.

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