Ernüchterung bei Befürwortern von Kirchenreformen

Enttäuschung über die fehlende Deutlichkeit beim Zölibat und bei den Weiheämtern von Frauen ist der Tenor der Schweizer Stimmen zum Papstschreiben «Querida Amazonia». Einige mahnen an, den Blick für die ökologischen Fragen nicht aus den Augen zu verlieren.

Als eines der ersten äusserte sich das Bistum St. Gallen zum Papstschreiben «Querida Amazonia» und weist auf seiner Website darauf hin, dass der Papst in rund drei Fünfteln des Textes «den Fokus auf Umweltfragen, soziale Situation, Armut, Ausbeutung und die Auswirkungen des Klimawandels in Amazonien» lege. Ein ökologischer Ansatz verwandle sich immer auch in einen sozialen Ansatz, der die Gerechtigkeit in Umweltdiskussionen aufnehmen müsse, «um die Klage der Armen ebenso zu hören wie die Klage der Erde», zitiert das Bistum aus dem Papstschreiben. «Es ist uns bewusst, dass es betreffend neue Wege und Weiheämter keine Schritte gegeben hat», heisst es im Begleitschreiben des Bistums St. Gallen zur Zusammenfassung von «Querida Amazonia». Zu diesen Punkten nahm auch der Basler Bischof Felix Gmür in seinem Kommentar Stellung: «Bei der Ämterfrage bereitet der Papst zwar den Boden für weitere mutige Schritte. Er ruft zu mehr Mut und lokaler Mitgestaltung auf, bleibt aber in der Klärung hinter dem frischen Geist, hinter seinem eigenen visionären Anspruch zurück.»

«Affront an alle Frauen»

Darüber enttäuscht, dass der Papst sich weder zum Zölibat noch zum Diakonat der Frau äussert, zeigte sich die in der Schweiz lebende deutsche Theologin Jacqueline Straub – bekannt für ihren Wunsch, Priesterin zu werden. «Die Ermüdung wird noch grösser, die Unzufriedenheit ist unaufhaltsam. Zeit für Reformen ist jetzt. Nicht morgen!», teilt sie via Twitter mit. Optimistischer in der Frage des Zölibats ist Eva- Maria Faber, Professorin für Dogmatik an der Theologischen Hochschule Chur. «Querida Amazonia» sage an keiner Stelle, «dass der Pflichtzölibat unantastbar ist», sagt sie auf Twitter. «Ich sehe diese Tür nicht verschlossen», fügt sie auf Facebook hinzu. Problematischer findet sie die Aussagen zur Rolle der Frau. Eine Ansicht, die Daniel Kosch, Generalsekretär der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz, teilt. Papst Franziskus «schwebt eine Kirche vor, die stärker von Frauen mitgeprägt ist, ohne Zulassung zum Amt. Das finde ich theologisch und für unsere konkrete Situation schwierig», sagt er in einem Tweet. Schon vor Publikation des Textes hatte Kosch getwittert: «Wenn der Papst für Amazonien andere Prioritäten setzt als ‹viri probati›, heisst das nicht, dass in unserem Sprachraum die Frage der Stellung der Frauen und das Profil des Priesters nicht vorrangige Reformthemen sind.»

«Letzte Chance verpasst»

Enttäuscht ist auch der Kapuziner Walter Ludin, wie seinem kath.ch-Blog zu entnehmen ist: «Papst Franziskus verpasst eine der letzten Chancen, die Reform der katholischen Kirche ‹von oben› zu steuern.» Weil Franziskus sich nicht zu «viri probati» durchringen konnte, erwartet Ludin, dass der Papst damit «unbewusst und unwillentlich die Tore öffnet für eine schon lange am Horizont sich abzeichnende ‹Selbstermächtigung› der kirchlichen Basis.»

Sylvia Stam, kath.ch/Red. (18.2.20)


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Das Schreiben von Papst Franziskus zur Amazonas-Synode sorgt für geteilte Meinungen.

Bild: pixabay.com

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