Im Kloster Fischingen wird das Heilige Jahr gefeiert – ein Erlebnisbericht

Die Mitteilung, die Klosterkirche Fischingen werde im Heiligen Jahr 2025 Pilgerkirche, war für mich eine Über­raschung und Freude. Ehrlicherweise hatte ich nicht an allen vatikanischen Jahresthemen gleichermassen Freude. Oft­mals erschie­nen mir diese zusätz­lichen Akzente als Überladung oder Über­lage­rung des sonst schon reichen Kirchen­jahres. Aber mit dem Motto « Pilger der Hoffnung » konnte ich sofort etwas anfangen.

Das Motto spricht meine persönliche Situation, die Ver­änderungen in der Orts- und Welt­kirche sowie die gefühlte « Weltlage » an. « Hoffnung » ist ein wichtiges Thema, wenn sich so vieles verändert und Menschen in unter­schiedlichen Berei­chen Ver­un­siche­rung spüren. Hoffnung ist grund­legend für ein christ­liches Leben. Und ich bin Papst Franziskus dankbar, dass er mich und die ganze Welt­kirche auf dieses Thema gestossen hat. Es ist mir zu seinem kost­baren Erbe geworden.

Besondere Pilgergottesdienste
Für mich war klar, dass wir in Fischingen für das Heilige Jahr kein grosses zusätzliches Angebot zustande bringen. Bruder Leo und ich haben beschlossen, jeweils vor der Abend­messe am Donnerstag eine Beicht­gelegen­heit anzubieten und vier besondere Pilger­gottes­dienste auf das Jahr zu ver­teilen. Es brauchte etwas Anlaufzeit, doch nun sind wir beide überrascht, dass die Beichtgelegenheiten genutzt werden und wir darauf achten müssen, rechtzeitig für die Messe in die Sakristei zu kommen.

Oft kommen Menschen in den Beichtstuhl und sagen, dass sie schon jahrelang nicht mehr gebeichtet haben und gar nicht mehr so recht wissen, wie es geht. Das macht es für mich einfach, die Leute zu ermutigen, sie sollen schlicht aussprechen, was sie bewegt oder beschäftigt. Und dann braucht es halt Zeit, gut zuzuhören und die persön­lichen Erfahrungen mit dem Evangelium in Verbindung zu bringen.

Es ist gar nicht immer so leicht, Mut zu machen, tröstende Worte zu finden, Hoff­nung aufzuzeigen. Und vielfach bin ich selbst berührt von der unge­schminkten Offen­heit, mit der mir Lebens­geschichten und aktuelle Situationen und Heraus­forderungen anvertraut werden.
Ich kann nicht sagen, wie viele von diesen Menschen bewusst einen offiziellen Ablass suchen. Es war auch noch nicht gross ein Thema, auf das ich angesprochen wurde. Vielleicht wäre es aber einmal wert, über die Vaterunser-Bitte zu meditieren : « Und erlass uns unsere Schulden / wie auch wir sie unseren Schuldnern erlassen haben ». (Mt 6,12 in der Fassung der Einheits­übersetzung)

Ausrichten auf gemeinsames Ziel
Im Zusammenhang mit dem Projekt « Katho­lische Kirche Hinterthurgau » ist das Thema « Pilger der Hoffnung » eine Steilvorlage. Ich kann ja nicht nur meinen persön­lichen Lebens­weg als Pilgerreise verstehen. Auch als Kirche, als Gemein­schaft der Glaubenden sind wir auf dem Weg. Gerade bei strukturellen Ver­ände­rungen, die auch als Abbau erlebt werden, ist die Frage nach den religiösen und spiri­tuellen Grundlagen wichtig. Wenn wir gemeinsam die Frage klären, welche Hoffnung uns trägt, dann können wir uns auch auf ein gemein­sames Ziel aus­richten. Das Fernziel, das Reich Gottes, mag klar sein, aber welche Einzel­schritte nun konkret getan werden müssen, welches Nahziel wir als Etappe in den Blick nehmen, das ist dann nicht mehr so eindeutig. Ich gehe davon aus, dass verschiedene Wege zum Ziel führen. Und die einen sind mit einer forscheren Gangart unterwegs, andere nehmen es gemäch­licher oder gehen vorsichtig Schritt für Schritt.

Auf dem Weg bleiben
Gemeinsam auf dem Weg zu sein und mit­einander über die konkreten Schritte und Ziele zu beraten und sie auf­einander abzu­stimmen, ist auch ein Erbe und Auftrag von Papst Franziskus. Das heisst offiziell « synodaler Prozess » und bedeutet schlicht, dass wir zusammen unterwegs sind. Meine persönliche Hoffnung ist, dass wir nicht nur den Blick gemeinsam nach vorn richten, sondern immer auch aufeinander zugehen.

Ich habe die begründete Zuversicht, dass die Menschen, die jetzt schon engagiert sind, und andere, die neu dazukommen werden, tragfähige Beziehungen aufbauen. Es hängt nicht nur an den Seelsorgenden. Ich bin überzeugt, dass andere Talente da sind, die die Gemeinschaft bereichern und beleben. « Pilger der Hoffnung » bedeutet auch, dass wir noch nicht angekommen sind. Das Motto des Heiligen Jahres 2025 schenkt Mut und Zuversicht, auf dem Weg des Glaubens zu bleiben.

P. Gregor Brazerol OSB, 08.09.2025


Herzliche Einladung
Der nächste Pilgergottesdienst findet am Freitag, 19. September, in der Klosterkirche Fischingen statt. Ab 14 Uhr ist Beichtgelegenheit; um 15 Uhr beginnt die Eucharistie.

Waldweg
Quelle: Ralph Weibel
Durch das Dickicht des Waldes führt ein sicherer Weg.

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