Weder Frau noch Mann

Shannon Tobler aus Bussnang ist nonbinär, fühlt sich also weder als Frau noch als Mann und möchte einfach nur als Shannon gesehen werden. Dass es für diese Gefühlswelt überhaupt eine Bezeichnung gibt, erfuhr Shannon an einem Schulendkurs der JUSESO Thurgau.

Schon als Kind fühlte sich Shannon anders, nicht typisch als Mädchen, wollte etwa keine Kleider tragen. Dann mit 16 Jahren besuchte Shannon den Schulendkurs der JUSESO, wo Fachpersonen der Plattform «Du bist Du» über die geschlechtliche und sexuelle Vielfalt aufklärten. «Darunter sprach auch eine non-binäre Fachperson, bei der ich viele Vergleichsmöglichkeiten wahrnahm», sagt Shannon. Endlich war da eine Bezeichnung, ein Name für das Weder- Noch. Danach dauerte es rund ein Jahr bis zum inneren Coming-out, bis Shannon sagen konnte: Jetzt stimmt es für mich. Nochmal ein halbes Jahr später vertraute sich Shannon einem Kollegen an. Dieser nahm das Outing schlecht auf und tat es als Spinnerei ab. Eine herbe Enttäuschung. Eine Freundin hingegen, die ebenfalls am Schulendkurs dabei war, war entsprechend sensibilisiert für das Thema und reagierte positiv. Weitere Outings im Freundeskreis wollte Shannon keine mehr machen. Von der Familie gab es wenige Reaktionen. Sie hat die Situation angenommen, wie sie ist.

Soziale Einsätze geleistet

Auch Shannons Freund geht entspannt und offen mit der Thematik um. «Wir haben ein tolles Verhältnis », so Shannon. Bald schon beziehen die beiden im Kanton Bern eine gemeinsame Wohnung. Doch erst beendet Shannon das Praktikum bei der Fachstelle Kinder und Jugend der katholischen Landeskirche Thurgau in Weinfelden. Zur JUSESO hatte Shannon schon vor dem Schulendkurs Kontakt, kannte diese von Lagern her. Mit dem Wunsch, später in einem sozialen Bereich tätig zu sein, startete Shannon vor knapp einem Jahr ein Praktikum. Der erlernte Beruf in der Drucktechnologie scheint zu wenig zukunftsträchtig. Ziel ist es, nach einem weiteren Jahr Praktikum in einer bernischen Tagesschule die Ausbildung in Sozialpädagogik an einer höheren Fachhochschule zu starten. Erfahrung mit sozialen Einsätzen bringt Shannon schon einige mit. Bereits dreimal war Shannon in Griechenland für das Projekt Swiss for Greece, verteilte Hilfspakete, strich Wände, bot Hand, wo es gebraucht wurde.

Bewusstsein früh fördern

Um andere Menschen in ähnlichen Situationen zu unterstützen und Mut zu machen, ist Shannon für die Plattform «Du bist Du» in beratender Funktion unterwegs. Shannon sagt dazu: «Solche Aufklärungsbesuche in Jugendtreffs sind wichtig und nötig.» Denn noch immer sei es beispielsweise nicht normal, nach dem Pronomen einer Person zu fragen. Auch geht es darum, dass Menschen wie Shannon mehr «gesehen» werden und dass mehr Leute das Bewusstsein für die verschiedenen Geschlechtsidentitäten entwickeln. Das sollte laut Shannon schon in der Schule beginnen. «Die Menschen, die dort gezeigt oder beschrieben werden, sind meist heterosexuell und cis, d. h., die Geschlechtsidentität stimmt mit dem bei Geburt zugewiesenen Geschlecht überein », so Shannon. Auch beim Thema Unisex- WCs gibt es grosse Lücken. Schliesslich habe man zu Hause ja auch keine geschlechtergetrennten Toiletten.

Claudia Koch, forumKirche, 27.4.2021


Weitere Informationen: www.dubistdu.ch
 

Shannon Tobler war bereits dreimal im Einsatz für Swiss for Greece.
Quelle: Claudia Koch
Shannon Tobler war bereits dreimal im Einsatz für Swiss for Greece.

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