Pfarrer äussert sich zur Leitungswahl

Das neue Kirchgemeindegesetz der Landeskirche Thurgau, das am 1. Januar 2022 in Kraft trat, gibt den Kirchgemeinden das Recht, die Leitung ihrer Pfarrei zu wählen (siehe Kasten). In Bischofszell, Sitterdorf und Pelagiberg stellt sich Christoph Baumgartner, der seit 2007 dort Pfarrer ist, am 13. Februar zur Wahl. forumKirche fragte nach, was diese Wahl für ihn bedeutet. 

Wie oft mussten Sie sich bisher zur Wahl stellen?
Nur zu Beginn meiner Tätigkeit in Bischofszell.

Was halten Sie davon, dass ein Pfarrer bzw. ein*e Gemeindeleiter*in sich alle vier Jahre zur Wahl stellen soll?
Ich finde es persönlich gut. Ich wurde auch sogleich gefragt, ob ich mich zur Wahl stellen möchte, was ich bejaht habe. Im Blick auf das duale System finde ich es auch richtig, dass die Kirchgemeinde, von der ich angestellt bin, mich auch wählen kann. Sie hat ein Recht dazu. Aber es braucht dabei immer auch die Zusammenarbeit von Behörde und Bischof. 

Wie sehen das die Menschen in Ihrem Umfeld? Kirchengemeinderäte, Pfarreimitglieder?
Die sind froh, dass ich noch hier bin. Ich bin jetzt 66. Es wird sicherlich der Moment kommen, an dem ich meinen Dienst hier beende. Es gefällt mir hier nach wie vor gut. Ich habe ein gutes Einvernehmen mit den Behördenmitgliedern, den Mitarbeitenden und den Kirchbürger*innen. Während meiner Corona-Erkrankung waren die Leute sehr besorgt um mich. Ich habe Telefonanrufe und Vitamin C-Bomben wie Hagebutten-Konfitüre bekommen (lacht). Ich glaube, die Sympathie ist gegenseitig. Wir kommunizieren miteinander auf der gleichen Ebene. Die Wahl ist für die Menschen auch kein Problem.

Gibt es vorher noch eine Veranstaltung, bei der Sie sich nochmals vorstellen oder die Kirchbürger*innen Ihnen Fragen stellen können?
Am 13. Februar werden auch die Synoden- und Behördenmitglieder gewählt. Es wird nach dem Gottesdienst eine Kirchgemeindeversammlung geben. Am Ende einer solchen Versammlung besteht immer die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Wer möchte, kann mir dann seine Fragen stellen. Aber ich habe es bisher nie erlebt, dass mich jemand gefragt hätte, warum ich etwas so oder so mache.

Mit welchem Gefühl gehen Sie auf die Wahl zu? Sind Sie gespannt?
Ich lasse es auf mich zukommen. Eine solche Wahl ist für mich auch eine «révision de vie», eine Möglichkeit, mich zu fragen, wo ich stehe. Wenn ich merken würde, dass ein grosser Teil dagegen ist, dass ich weiterhin hier Pfarrer bin, muss ich über die Bücher. Das war für mich immer klar. Wenn in der Gemeinde die Spannungen zu gross geworden wären, hätte ich einen Wechsel vollzogen. Es fehlt einem dann die Glaubwürdigkeit.

Was passiert, wenn ein Pfarrer bzw. ein*e Gemeindeleiter*in nicht gewählt werden würde?
Dann geht der Ball an den Bischof. Wir sind ja durch die Missio vom Bischof für unseren Dienst beauftragt. Dann müssen der Bischof und die Kirchgemeinde miteinander verhandeln. Letztlich muss es dann zu einem Konsens kommen. Die Behörde allein kann nicht sagen, den wollen wir nicht. Für mich ist der Dialog sehr wichtig. Es dürfen die Fakten auf den Tisch kommen, es darf auch gestritten werden. Aber man muss miteinander einen Weg finden, damit der Frieden wieder einkehrt. 

Wie stehen andere Leitungspersonen zur neuen Regelung?
Ich habe von Pfarrern gehört, dass sie Schwierigkeiten damit haben, dass sie alle vier Jahre gewählt werden müssen. Das erstaunt mich. Natürlich bekommt dadurch eine Behörde bzw. die Kirchgemeinde eine gewisse Autonomie. Aber ich denke mir, das Konzil hat die Kirche als wanderndes Volk Gottes gesehen. Wir haben alle Anteil am allgemeinen Priestertum. Die Gläubigen haben schon etwas zu sagen. Manche Pfarrer haben ein anderes Kirchenbild und finden die Wahl deshalb nicht so gut. Für mich ist eine solche Wahl auch ein Stimmungsbarometer.

Interview: Detlef Kissner, forumKirche, 26.01.22


 

Wahl der Pfarreileitung
Das neue Kirchgemeindegesetz sieht vor, die Leitungen von Pfarreien (Pfarrer, Gemeindeleiter*in) alle vier Jahre neu zu wählen. Die neue Amtsperiode beginnt am 1. August 2022. Sechs Leitungspersonen von Thurgauer Pfarreien stellen sich am 13. Februar im Rahmen der Synoden- bzw. Behördenwahlen der Abstimmung. Leitet eine Person mehrere Pfarreien, die unterschiedlichen Kirchgemeinden angehören, muss sie sich in jeder einzelnen Kirchgemeinde und im Pfarrwahlkreis bestätigen lassen. Bei der Wahl gilt zu beachten: Die leeren Stimmen werden für die Ermittlung des absoluten Mehrs nicht ausgesondert, sondern mitgezählt. 
 


 

Pfarrer Christoph Baumgartner
Quelle: Detlef Kissner
Pfarrer Christoph Baumgartner – hier in der Kirche St. Pelagius von Bischofszell - stellt sich für weitere vier Jahre zur Wahl.

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