Eine Buddhistin in der Schweiz

Ladda Städler wohnt seit 17 Jahren in der Schweiz, der Heimat ihres Mannes. Die gebürtige Thailänderin erzählte Kirche ohne Grenzen von ihrem buddhistischen Glauben und wie sie die kulturellen und konfessionellen Unterschiede wahrnimmt.

Wie unterscheidet sich das Leben in der Schweiz von dem in Thailand?

Mein Leben hier ist wie eine Treppe nach oben: Ich muss eine Stufe nach der anderen nehmen. Wie die Sprache gibt es vieles was ich lernen musste, und ich lerne immer noch. In Thailand leben wir unter einfachen Bedingungen, aber die Liebe und Beziehungen sind wichtig. Man wird von Familienmitgliedern bei allem (z. B. Kindererziehung und Haushalt) unterstützt und kann auch immer auf die Hilfe des Freundeskreises zählen. Hier wird eher weniger Beistand angeboten, ich musste mich in Selbstständigkeit üben. Aber mittlerweile habe ich einige Freundinnen, die mir im Alltag helfen. Ausserdem habe ich auch eine gute Schwiegermutter, die gelegentlich unsere Kinder hütet. Eine interkulturelle Ehe kann herausfordernd sein, weil verschiedene Ansichten manchmal zu Missverständnissen führen. Es gab Situationen, wo mein Mann etwas ganz anders verstanden hat als das, was ich meinte. Wir müssen voneinander und übereinander lernen, aber meine grosse Liebe gibt mir Kraft.

Sie sind, wie ca. 94 % der Bevölkerung Thailands, eine Buddhistin. Wie pflegen Sie Ihren Glauben?

Ja, ich bin in einer buddhistischen, aber nicht besonders religiösen Familie aufgewachsen. In der Schweiz wohnte ich die ersten fünf Jahre mit meinem Mann im Grossraum Zürich, wo ich manchmal den Tempel Wat Srinagarindravararam in Gretzenbach [Anm. d. Red. das grösste buddhistische Zentrum in Europa] besuchte. Ich reiste mittlerweile auch vier Mal alleine nach Thailand, um einige Zeit in einem buddhistischen Naturkloster zu verbringen. Meditation hilft mir, meine innere Ruhe zu finden. Ich bete manchmal auch zu Hause, wenn ich ein Bedürfnis danach verspüre. Generell folgen Buddhisten dem Weg der goldenen Mitte. Wie ein gestreckter Faden sollte ein Mensch nie zu angespannt oder zu locker sein. Es reicht, wenn man ein gutes Herz und einen gesunden, überlegten Verstand zeigt.

Wie funktioniert bei Ihnen das interreligiöse Familienleben?

Unsere Kinder sind reformierte Christen, wie mein Mann. Das finde ich besser, weil sie deswegen eher in die christliche Kultur der Schweiz integriert sind. Wenn wir in Thailand sind, besuchen sie aber mit mir buddhistische Tempel und nehmen an den üblichen Ritualen teil. Ich zeige und erkläre unseren Kindern meine Kultur. Sie finden es interessant. Und wenn sie erwachsen sind, sollen sie ihre Religion frei auswählen. In Thailand glauben wir, dass ein Mensch ohne Religion keine Wurzeln hat. Das ist schlimm.

Haben Sie sich mit dem christlichen Glauben auseinandergesetzt? Wollte Ihr Mann nicht, dass Sie auch seiner Kirche angehören?

Nein, ich bleibe Buddhistin und er akzeptiert es. Ich denke, dass die Glaubensethik beider Religionen sehr ähnlich ist. Es ist uns einfach wichtig, dass man ein guter Mensch bleibt. Mein Mann schätzt es, dass er von mir oder von meiner Familie nie zum Konvertieren aufgefordert wurde. Unsere grosse Hochzeit organisierten wir in meiner Heimat in buddhistischer Tradition. Danach wollten wir die Ehe auch kirchlich zelebrieren, aber das wurde uns leider von den Kirchenvorgesetzten in Thailand nicht erlaubt, weil die Ehe schon buddhistisch geschlossen war.

Würden Sie gerne einmal nach Thailand zurückkehren?

Nein, mir gefällt es im Heimatland meines Mannes und ich bin ihm sehr dankbar, dass ich durch ihn diese neue Welt kennenlernen durfte. Ich lerne hier so viel. Beispielsweise ist mir bewusst geworden, wie wichtig Naturschutz und Nachhaltigkeit sind. In meiner Heimat sind die Landschaften wunderschön, aber niemand kümmert sich um sie. Ausserdem ist die Schweizer Ausbildung für unsere Kinder sicher besser. Ich mache sehr gerne Ferien in Thailand, aber wohnen möchte ich hier. Nur der europäische Winter mit den niedrigen Temperaturen und wenig Sonne ist für mich ziemlich schwierig, deswegen fliegen wir meistens dann nach Thailand, um dort ein bisschen Wärme aufzutanken.

Text & Übersetzung: Monika Freund Schoch (27.5.19)


«My great love gives me strength»

A Buddhist in Switzerland

Ladda Städler lives for 17 years in Switzerland, the homeland of her husband. The native Thai spoke with Kirche ohne Grenzen about her Buddhist beliefs and explained how she handles the cultural and religious differences.

Mrs. Städler describes her life in Switzerland as «a staircase that she needs to climb up». There are many things to learn, starting with the language, ending on sustainability. At first the Swiss culture was demanding, since people don’t rely on each other by providing permanent assistance in all matters like in Thailand. «Here I had to become more independent », she admits. Generally Mrs. Städler is happy in Switzerland, though, and wouldn’t move back to her homeland any more. «I am very grateful that this new world has opened to me through my husband».

An intercultural marriage can be challenging as the different worldviews sometimes lead to misunderstandings. «We have to learn about each other and from each other, but my great love gives me strength». She grew up as a Buddhist and doesn’t have an intention to change her believes, but decided to raise the children in faith of their Swiss father. «This way they have a better chance to be well integrated in the Christian culture of this country». While visiting Thailand the kids are learning about its culture and also taking part in Buddhist rituals, though. «As adults they can feely chose their religion », allows Mrs. Städler.

«In Thailand we believe, that a person without religion doesn’t have roots. That is bad», explains Mrs. Städler. That’s why she is trying to maintain her faith and even stayed few times in the Thai monastery to find her inner peace. Her beliefs she defines as following the Golden Mean path. «Like a stretched thread, a person should never be too tense or too loose. It's enough to show a good heart and a healthy, thoughtful mind», she condenses. 

Ausgabe Nr. 11/2019


 

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Ladda und Dr. med. dent. Philip Städler mit ihren Kindern, Felix und Lisa, in ihrem Zuhause in Waldstatt (AR).

Bild: Monika Freund Schoch

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