Luzern, 30.12.2020 (Red.). Verschiedene Basisgruppen haben mit einem offenen Brief an Bundesrat Ignazio Cassis gegen die Verschärfung der Vergabe von Bundesgeldern an Hilfswerke protestiert. 

Sehr geehrter Herr Bundesrat

Aufgrund des Engagements der Hilfswerke für die Konzernverantwortungsinitiative haben Sie die Praxis der Vergabe von Bundesgeldern erneut verschärft und die politische Kontrolle über deren Verwendung noch mehr ausgeweitet. Künftig dürfen Hilfswerke das Geld der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) nicht mehr für Informations- und Bildungsarbeit im Inland verwenden. Konkret: Ein Hilfswerk darf zwar weiterhin afrikanische Bäuerinnen im Gewinnen von traditionellem Saatgut unterstützen, in der Schweiz aber keine Veranstaltungen mehr durchführen, die die Macht multinationaler Konzerne über die Landwirtschaft im südlichen Afrika beleuchten.
Wir empfinden es als unwürdig, dass sich ein Land, das sich immer wieder seiner Demokratie rühmt, Werken, die sich einer gerechteren Welt verschrieben haben, solche Maulkörbe auferlegt. Und wir protestieren dagegen, dass zwar die Folgen des Unrechts gelindert werden dürfen, aber seine Ursachen und Verantwortlichen verschwiegen werden müssen. Wie können wir die konkreten Lebensbedingungen von Abermillionen von Armgemachten dieser Welt vor Augen haben, ohne gleichzeitig die politischen Rahmenbedingungen in den Blick zu nehmen, die diese mitverursachen? Und wie soll nachhaltige Veränderung hin zum Besseren bzw. ein notwendiger sozial-ökologischer Systemwechsel je möglich werden, ohne tiefgreifende Veränderung des politischen und persönlichen Bewusstseins über entsprechende Informations- und Bildungsarbeit?
Gerade etwa die Ökumenische Kampagne der Fastenzeit von Brot für alle und Fastenopfer (diese wird mit privaten Mitteln finanziert) hat hier über Jahrzehnte hinweg einen unschätzbaren Beitrag geleistet. Die Bildungsarbeit der beiden Hilfswerke hat nicht nur Generationen die Augen geöffnet für die Hintergründe konkreter Not, sondern hält in ihnen auch den Traum einer anderen, einer Welt des Friedens und der Gerechtigkeit wach.
Es genügt angesichts der riesigen globalen Herausforderungen bei Weitem nicht, die Menschen im Süden zu unterstützen, sondern die entsprechende Arbeit vor Ort muss zwingend mit politischer Arbeit bei uns verbunden werden und bleiben. Entwicklungszusammenarbeit und Entwicklungspolitik sind nicht voneinander zu trennen.

Wir bitten Sie eindringlich, auf die prophetische Stimme und auf die über Jahrzehnte hinweg gemachten Erfahrungen der Hilfswerke zu hören und Ihre eigene Haltung zu überdenken.

Wir danken Ihnen dafür.

Basisgruppen/Basisgemeinschaften
Chêne, Genf, Küssnacht am Rigi, Luzern Nord, Luzern Süd, Meyrin, Nyon, St. Gallen

 

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