Kolumbianische Ernte geht durch Klimawandel verloren

Fernando Castrillón Zapata setzt sich in Kolumbien in der Fastenopfer-Partnerorganisation Grupo Semillas für die Lebensgrundlagen der ländlichen Bevölkerung ein. Der Klimawandel ist dabei ein wiederkehrendes Thema, er bestimmt den Alltag von Bauern*Bäuerinnen in Kolumbien in einschneidender Weise. Der Agronom erzählt, wie.

Welchen Auswirkungen des Klimawandels begegnen Ihnen in Ihrer Arbeit?

Natagaima (im kolumbianischen Departement Tolima, Anm. d. Red.) registriert Temperaturen über 47° C und ist eine der heissesten Gemeinden in Kolumbien. Die Temperaturen steigen immer mehr. Die Regenzeiten hingegen haben sich um die Hälfte – zwei statt vier Monate – verkürzt. Wichtige Nutzpflanzen wie der Mais schaffen es nicht mehr, genug zu wachsen. Die Ernte geht verloren und mit ihnen die Samen fürs nächste Jahr. Nur der Teil der Bevölkerung, der Zugang zu genügend Wasser hat, kann die Ernte sichern.

Das heisst konkret?

Wenn Seen austrocknen, ist weder Ackerbau noch Viehzucht möglich. Es entstehen Konflikte, weil Tiere Zäune durchbrechen, um nach Wasser zu suchen, oder weil einige Viehzüchter*innen Wasser aus Aquädukten für die Kühe missbrauchen, obwohl es für die Nutzung von Menschen vorgesehen wäre. Das führt dazu, dass Gemeinschaften umziehen müssen. Frauen, Kinder und alte Menschen werden oft zurückgelassen, wenn die Männer auf der Suche nach Wasser und neuen Weideflächen losziehen. Verschärft wird die Situation durch eine nationale Wirtschaft, welche den Zugang zu Wasser kappt. In Natagaima und Villa Vieja (Stadt und Gemeinde im kolumbianischen Departement Huila, Anm. d. Red.) gibt es rund 240 Hektar Teiche, die mehr als die erlaubte Wassermenge des Flusses Magdalena für eine Fischzucht beanspruchen, während gleichzeitig Hormone und Antibiotika in den Fluss gelangen. Zusätzlich werden kleine Nebenflüsse für den Bergbau freigegeben. Damit verschwinden lebenswichtige Quellen für die Gemeinschaften.

Was tut Ihre Organisation Grupo Semillas dagegen?

Wir unterstützen die Gemeinschaften, sich an den Klimawandel anzupassen, durch dürretolerantes Mais-Saatgut etwa, das nur einen Drittel Wasser benötigt. Es gibt Hühner, die mit weniger Wasser auskommen. Zudem legen wir agrarökologische Gärten mit ihnen an. So können sie ihre Saatgutbanken wieder aufbauen, ihre Produkte diversifizieren und diese verkaufen – und dadurch letztlich unabhängiger werden. Gerade in Corona-Zeiten wurden Gemeinschaften, die sich selbst ernähren konnten, weniger von der Pandemie betroffen.

Reicht das, um gegen den Klimawandel anzukommen?

Nein, wir betreiben auch Lobbyarbeit. Das Landwirtschaftsministerium liefert gen - verändertes Saatgut, chemische Pestizide, die das Gebiet verwüsten, während das Umweltministerium die indigene Bevölkerung verurteilt und verteufelt, weil sie einen Baum gefällt hat. Es braucht Druck auf Regierungen, die den Profit vor das Wohlergehen der Menschen stellen und die den Bergbau und die Energiegewinnung dermassen vorantreiben, Wälder abholzen, Sümpfe austrocknen und Wasser umleiten. Aber letztlich müssen wir alle Themen wie die Wüstenbildung aufs Tapet bringen. Auch ein Land wie die Schweiz ist dazu aufgerufen.

Interview: Madlaina Lippuner, Fastenopfer/Red. forumKirche, 16.2.21


Zur Person

Fernando Castrillón Zapata ist Projektleiter von Grupo Semillas. Die Fastenopfer-Partnerorganisation engagiert sich mit Bauern*Bäuerinnen, indigenen und afrokolumbianischen Gemeinschaften für agrarökologische Anbaumethoden, für die Teilhabe von Frauen und Jugendlichen am wirtschaftlichen, politischen und sozialen Leben und sie betreibt Lobbyarbeit. Fernando Castrillón Zapata ist Gast der Ökumenischen Kampagne 2021. Er kann wegen der Corona-Pandemie nicht in die Schweiz kommen, wird sich aber per Video an Veranstaltungen beteiligen.


Verantwortung übernehmen

Diesjähriges Kampagnenmotto: Klimagerechtigkeit – jetzt!

Die Länder, die am meisten von der Klimaerwärmung betroffen sind, haben am wenigsten dazu beigetragen. Während der Ökumenischen Kampagne 2021 vom 17. Februar bis zum 4. April machen Fastenopfer und Brot für alle auf diese Ungerechtigkeit aufmerksam und fordern, dass diejenigen Verantwortung übernehmen, die den Klimawandel am meisten befeuern.

Auf den Philippinen wechselt sich extreme Trockenheit in immer schnellerem Rhythmus mit sturzflutartigen Taifunen ab. In Kenia verdorren Felder, in Indonesien überflutet der ansteigende Meeresspiegel fruchtbares Land, vernichtet Ernten und zerstört Häuser. Brot für alle und Fastenopfer machen während der Ökumenischen Kampagne 2021 auf diese Ungerechtigkeit aufmerksam und fordern, dass diejenigen Länder Verantwortung übernehmen, die den Klimawandel am meisten befeuern. Dazu gehört auch die Schweiz. Diese soll bis 2040 klimaneutral werden. Mit einer Unterschriftensammlung appellieren die Hilfswerke an die Schweizerische Nationalbank (SNB), alle Anteile an Unternehmen abzustossen, die an Förderung, Handel und Verarbeitung fossiler Energieträger beteiligt sind. Und auf www.klimagerechtigkeit-jetzt.ch machen sie die Stimmen der Menschen im Süden hörbar und zeigen die Folgen unseres Konsums im Norden.

Madlaina Lippuner, Fastenopfer/Red. forumKirche, 16.2.21

Nähere Infos: www.sehen-und-handeln.ch

Fernando Castrillón Zapata bei einem Projektbesuch mit einer Bäuerin in Natagaima.
Quelle: © Fastenopfer
Fernando Castrillón Zapata bei einem Projektbesuch mit einer Bäuerin in Natagaima.

 

 

 

 

 

Fernando Castrillón Zapata
Quelle: © Fastenopfer
Fernando Castrillón Zapata

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