Neue Broschüre zum Agathu-Jubiläum

Anlässlich des 25-jährigen Bestehens des Vereins Agathu haben die beiden Historiker Uwe Moor und Andreas Thürer ein Buch über Kreuzlingen und die Flüchtlinge seit den 80er Jahren verfasst. Darin aufgezeigt wird auch die wegweisende Unterstützung der evangelischen wie der katholischen Kirche.

Drei Referate und eine Mahnung des Berner Pfarrers Edi Wildbolz waren es, die die Kreuzlinger Bevölkerung 1988 für eine Welle an Flüchtlingen sensibilisieren sollten. «Die Welle folgte nicht so direkt, aber wir sahen die Probleme kommen», sagt Karl Kohli, Präsident des Vereins Arbeitsgruppe für Asylsuchende Thurgau (Agathu). Der ehemalige Präsident der Evangelischen Kirchgemeinde Kreuzlingen hat die prekäre Flüchtlingssituation seit Eröffnung der Empfangsstelle für Asylbewerbende 1988 hautnah miterlebt. Im Juni 1992 erliess das Bundesamt für Flüchtlingswesen die Weisung, dass alle Asylbewerbenden ohne Papiere abgewiesen und Gesuche nur zu Bürozeiten bearbeitet werden sollen. Dies brachte Kreuzlingen mit den Abgewiesenen in Kellereingängen und Hinterhöfen den unrühmlichen Titel «Schandfleck der Nation» ein.

Mussten als Laien viel lernen
Die Situation war chaotisch und mobilisierte verschiedenste Menschen. Engagiert waren unter anderen die spätere Kirchenrätin Hilde Schultz-Baltensberger, die bereits Ende der 80er Jahre als Hilfswerksvertreterin die Essensabgabe von Freiwilligen in einem Militärzelt koordinierte und Vroni Zimmermann, welche in der Rechtsberatung tätig war und dann die Arbeit von Agathu (Gründung 1995) über Jahre prägte. Zu ihnen gesellte sich später der reformierte Pfarrer Paul Rutishauser, der sich zeitlebens für Gerechtigkeit und Menschenrechte einsetzte. Angespornt und unterstützt durch den evangelischen Kirchenrat, holte er Hilfsorganisationen sowie die katholische Kirche mit ins Boot und gründete eine Arbeitsgruppe. Kohli erinnert sich: «Wir waren Laien und mussten alle viel lernen.» Mit «alle» meint Kohli neben den Freiwilligen einerseits die Stadt, die befürchtete, dass wegen des Engagements noch mehr Flüchtlinge kommen und bleiben wollen. Andererseits die Verantwortlichen des Bundes-Asylzentrums, die für Ordnung sorgen und sich an staatliche Vorgaben halten mussten. Kohli ist es heute deshalb wichtig, dass sich alle gegenseitig in ihrer jeweiligen Rolle anerkennen. Das scheint mittlerweile auch gelungen, da Agathu 2014 den Prix Kreuzlingen der Stadt und die Anerkennung als wichtige Entlastung von Roger Boxler, Chef des Empfangs- und Verfahrenszentrums Kreuzlingen, erhielt.

Umfassende Lektüre
All diese Erlebnisse sind nun in der 170-seitigen Broschüre «Kreuzlingen und die Flüchtlinge» von Uwe Moor und Andreas Thürer übersichtlich zusammengestellt worden. Die Chronologie der Ereignisse ergibt sich aus der Beschreibung der damaligen politischen Situation, ergänzt durch Interviews mit Entscheidungsträger*innen und Engagierten, diversen Zeitungsartikeln sowie vielen Bildern aus den 80ern bis heute. Ferner werden einzelne Projekte hervorgehoben und Erfahrungen von Flüchtlingen dargestellt. 

Claudia Koch/Red., 12.1.2022
 

Die Broschüre kann bei info@agathu.ch bezogen werden.

Paul Rutishauser
Quelle: zVg
Der reformierte Pfarrer Paul Rutishauser, der 2017 verstarb, holte die katholische Kirche mit ins Agathu-Boot.

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