Frischer Wind durch Soziokulturelle Animation 

Gibt es ein grösseres Kompliment, als wenn man merkt: «Meine Idee wird umgesetzt?», fragt Rahel Fässler (26), eine Soziokulturelle Animatorin in einer Luzerner Pfarrei. Dort bringt sie durch ihre Profession wertvolle Impulse für neue Wege in der Pastoral. Im Interview mit Kirche ohne Grenzen schildert sie, welche Chancen eine interdisziplinäre Zusammenarbeit für das «Kirche-sein-vor Ort» bietet.

Was ist Soziokulturelle Animation?

Soziokulturelle Animation arbeitet vorwiegend mit partizipativen Projekten. Wir ermutigen Menschen zur aktiven Mitgestaltung ihres eigenen Lebensraums. Eine Disziplin, welche Menschen querbeet verbindet. Damit verbunden ist immer auch der Anspruch, dass die Angebote niederschwellig sind. Die Inklusion aller in eine Gemeinschaft, in die Gesellschaft, sind ein eminent wichtiges Ziel der Soziokulturellen Animation. Dabei geht es darum, die Zugehörigkeit der Beteiligten zu fördern. Dies nicht nur durch Schein- oder Teilpartizipation. Dies bedeutet, dass wir bedürfnisorientiert arbeiten und somit auch stets aufgefordert sind, die Bedürfnisse zu erfragen.

Was bedeutet «niederschwelliges Angebot»?

Zugänglichkeit für alle. Dabei wird beispielsweise darauf geachtet, welche Sprache, Begriffe und Bilder verwendet werden, damit es alle verstehen. Dies impliziert, dass eine einfache und zugängliche Sprache gewählt wird, frei von Fachbegriffen. Auch die Art der Kommunikation soll vielfältig sein. Heisst, nicht nur Pfarreiblatt und Flyer oder Facebook, sondern kreative Wege der Kommunikation suchen. Darüber hinaus gehört zu einem niederschwelligen Angebot auch, dass es gratis oder zumindest möglichst günstig ist. Auch die Zeit und Dauer der Angebote muss dabei berücksichtigt werden, ebenfalls sollte stets auf die Tages- oder Wochenstruktur der jeweiligen Zielgruppe Rücksicht genommen werden. 

Was tut die Soziokulturelle Animation in einer Pfarrei?

Begegnungsmöglichkeiten schaffen, dort anwesend sein, wo sich die verschiedensten Alters- und Personengruppen aufhalten und Beziehungen aufbauen. Dabei ist zentral, dass durch die eben erwähnten niederschwelligen Angebote die Teilnahme am Pfarreileben für jegliche Personen ermöglicht wird. Diese Teilnahme erfolgt durch direkte Beteiligung und Mitbestimmung der Zielgruppe von Projektbeginn an. Wir wollen ihre Bedürfnisse eruieren und ihre Ideen gemeinsam umsetzen, mit den Methoden der Soziokulturellen Animation einerseits, sowie dem Fachwissen der Religionspädagogik und/oder der Theolog*innen andererseits. Wesentlich ist, dass wir als Pfarrei in diesem Prozess begleitend und bestärkend wirken. Auf diese Art und Weise können auch neue, ferne, andere Personen angesprochen, erreicht und eingebunden werden. So gehen wir neue Wege, die im Interesse der Gesellschaft liegen. Diese Wege sprengen vielleicht unsere bisherigen Vorstellungen von Kirche und Pfarreileben, aber dafür entsteht eine Dynamik von Eigeninitiative, Lebendigkeit, Partizipation und Zugehörigkeit – und dies im besten Fall nachhaltig. 

Welchen Mehrwert hat eine Pfarrei konkret?

Ich persönlich wünsche mir eine offene Kirche. Und da hat die Soziokulturelle Animation Instrumente, um kirchliche Angebote so zu initiieren und zu begleiten, dass eben diese Kultur der «Offenheit», des «Willkommens», der «Zugehörigkeit für alle» zum Tragen kommt. Es geht schliesslich darum, dass wir unsere Arbeit den Bedürfnissen unserer Zielgruppe anpassen. Es kann entlastend für ein Pfarreiteam sein, wenn man interdisziplinär arbeitet, da nicht alle Professionen dasselbe Fachwissen und dieselben Instrumente beherrschen. Es lohnt sich für ein Team, wenn sich alle einmal überlegen, was sie unter «Bedürfnisorientierung» verstehen und wie sie das nun, jeder in seinen Wirkungsgebieten, entsprechend umsetzen können. Sie sollten sich ferner der Frage stellen, wie ebendies in der jeweiligen Profession gepflegt werden kann. Für eine gute interdisziplinäre Arbeit benötigt es vor allem «Neugier» von allen Beteiligten und eine Offenheit gegenüber den anderen Professionen. Es kommen verschiedene Disziplinen mit enorm viel Fachwissen und Methodenkompetenz zusammen. Dabei geht es dann darum, wie man diese in der Praxis bestmöglich verbinden kann. Es benötigt eine gute Diskurskultur, damit in Gesprächen auf Augenhöhe besprochen werden kann, wie wichtige theologische Inhalte und Anliegen anhand soziokultureller Methoden umgesetzt werden und zum Tragen kommen. Was man dabei sicherlich beachten muss, sind die Sprachbarrieren. Da die eine Disziplin, wenn sie beispielsweise von Partizipation spricht, etwas anderes meint, als das, was die andere darüber weiss. 

Text: Romina Monferrini, Kirche ohne Grenzen, 21.6.21
Übersetzung: Monika Freund Schoch


Interdisciplinary parish work

A breath of fresh air through sociocultural animation 


«Is there a greater compliment than realizing that your idea is being implemented?» asks the sociocultural animator Rahel Fässler (26), who works in a Lucerne parish. She tells KoG which opportunities interdisciplinary cooperation offers for «being church on the spot».

What does Socio-Cultural Animation do in a parish?

Creating opportunities for encounters, being present where the most diverse age and person groups are, building relationships (…). It is essential that we as a parish accompany and encourage them in their process. In this way, even new, distant, different people can be addressed, reached and involved. In this way we go new ways, which are in the interest of the society. These paths may go beyond our previous ideas of church and parish life, but in return a dynamic of initiative, liveliness, participation and affiliation is created – and in the best case this is sustainable.

What does «low-threshold offer» mean?

It means accessibility for all. For example, attention is paid to what language, terms and images are used so that everyone understands. This implies that a simple and accessible language is chosen, free of technical terms. Also the way of communication should be diverse. (…) In addition, it also means that the offer is free or at least as inexpensive as possible. Consideration must also be given to the time and duration of the offers, always taking into account the daily or weekly structure of the respective target group.

What advantages does a parish have out of the interdisciplinary work?

I personally wish for an open church. And Socio-Cultural Animation has the tools to initiate and accompany church activities in such a way (…). Different professions with an enormous amount of expertise and methodological competence come together. The issue is then how to combine all these disciplines in the best possible way in practice. A good culture of discourse is needed so that discussions can take place at eye level about how important theological content and concerns can be implemented and brought to bear using sociocultural methods. Certainly the terminology barriers must be considered. Since one discipline, when it speaks of participation, for example, means something different from what the other knows about it.

Rahel Fässler
Quelle: Romina Monferrini
Rahel Fässler wirkt in einer Luzerner Pfarrei unter anderem in der Quartierarbeit und initiiert dort für und mit unterschiedlichen Altersgruppen partizipative Projekte.

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