Im Gespräch mit einer engagierten Kenianerin

Einheimische sind für viele Migranten Helden des Alltags. So auch für die gebürtige Kenianerin Ida Steiner, die im Appenzellerland ihr Zuhause gefunden hat. Was sie dort erlebt hat, motivierte sie, selbst Gutes zu tun.

Was war die grösste Herausforderung für Sie in der Schweiz?

Ich bin mit meinem Mann, einem Schweizer, vor acht Jahren von Kenia nach Brienz gezogen. Das Schlimmste war die Arbeitslosigkeit am Anfang, weil ich seit der High School immer gearbeitet hatte. Für eine kommunikative Person wie ich es bin, sind Sozialkontakte von zentraler Bedeutung. Zum Glück habe ich in einem Verein nette Frauen kennengelernt, die gerne mit mir Englisch übten. Die gemeinsamen Aktivitäten waren eine wichtige Bereicherung für mich.

Dann zogen Sie nach Schwellbrunn im Appenzellerland.

Mein erster Tag in Schwellbrunn vor sechs Jahren am Weihnachtsmarkt war kalt und verschneit. Die Sprache war herausfordernd, aber mir ist viel Geduld geschenkt worden. Ich spürte eine ehrliche Wärme von den Dorfeinwohnern. Diese einzigartige Erfahrung hat aus mir diejenige gemacht, die ich heute bin. Ich war eine Fremde und wurde aufgenommen. Ich fühlte mich sofort zuhause. Darum sehe ich unser Dorf als grosse Familie. Als ich z. B. mal einen schweren Unfall hatte, boten einige Frauen für zwei Wochen freiwillige Hilfe in unserer Bäckerei an, sodass ich mich richtig erholen konnte.

Wie hat diese Barmherzigkeit Sie beeinflusst?

Ich achte mehr auf die Bedürfnisse anderer. Als ich noch in Kenia lebte, war ich zu beschäftigt mit meinem eigenen Leben und dadurch nicht aufmerksam auf Leid und Armut. Wenn ich jetzt dorthin fliege, freue ich mich auf meine Heimat, doch ich sehe sie nun mit geöffneten Augen und höre den Menschen richtig zu. Die Landwirtschaft schrumpft, und die Familien können sich davon nicht mehr ernähren. Auf die Regenzeit ist kein Verlass mehr, was Pflanzenanbau fast unmöglich macht. Und wenn es endlich regnet, ist die Erde zu trocken, um Wasser aufzusaugen, was zu Überflutung führt und den bestehenden Anbau zusätzlich beschädigt. Es tut mir weh, wenn ich meine Freunde sehe, die so stark unter Druck stehen. In mir erwachte der Wille, etwas zu verändern.

Was haben Sie denn unternommen?

Eine Lehrerin hatte vor einigen Jahren in der Gegend, wo ich aufwuchs, eine private Schule in ihrer Wohnung gegründet. Zuerst nur für ein paar Kinder, die keinen Zugang zur Bildung hatten. Inzwischen hat sie schon 200 Schüler und sammelt Geld für ein neues Gebäude. Das Bauland dazu wurde ihr bereits geschenkt. Wir wollten den oft sehr weit entfernt wohnenden Kindern den Schulweg erleichtern. Deshalb organisierte ich zusammen mit meinem Mann einen Container, in dem wir gespendete Secondhand-Velos nach Kenia schickten. Eine lokale Firma hat den Grossteil der Transportkosten übernommen. Ausserdem geben uns die Leute immer wieder verschiedene Sachen – wie Kleider – die wir jeweils nach Kenia bringen. In unserer Bäckerei steht ein «Guter-Zweck-Sparschwein». In den letzten sechs Monaten haben wir damit über 3000 Franken gesammelt. Die Grosszügigkeit und Nächstenliebe der Schweizer berührt uns zutiefst.

Welche Hilfsprojekte planen Sie derzeit?

Ich träume von einer Wasserquelle mit manuell bedienter Pumpe. Das wird hunderte von Notleidenden helfen, sich selber zu versorgen und von Dritthilfe unabhängig zu werden. Dafür braucht es aber noch einen langen administrativen Weg bis zur Bewilligung. Wir benötigen natürlich auch noch die finanziellen Mittel – alleine das Graben wird über 5000 Franken kosten. Ich bin aber zuversichtlich und hoffnungsvoll, weil ich Gottes Schutz und Liebe spüre.

Interview & Übersetzung: Monika Freund Schoch


Inspired by the community

A life transformation of a Kenyan woman

If you think that foreigners only complain about the Swiss people, you’re wrong. For many immigrants the locals are heroes helping to integrate in the new country. Sometimes just a smile or a little kindness is already enough to make someone’s day better or even influence the whole life of a person. The main thing is to show each other an open heart. Kirche ohne Grenzen has found a perfect example of it: Ida Steiner from Kenya.

A young vivid woman tells a heartwarming story of being embraced and cherished by the community in a little village from the first day on after she moved there: «I couldn’t speak German, but people have shown me so much patience and warmth, that I immediately felt accepted and at home. (…) I love Schwellbrunn and think of the locals as a big family. (…) When I have had an accident some women offered free work in our bakery for two weeks, so I could recover. Where else in the world you would find such good will?»

This experience made Ida sensitive on the needs of others. She became more spiritual and aware of God’s love and protection. Bringing charity to the less fortunate was following (for example: a bike transport to Kenya, for children who live far away from school). She sees a lot of problems in her homeland: «The poverty has grown. (…) It is hard to live from farming as you can’t rely on the rain periods anymore.» There is a big unemployment rate in Kenya and the ground is either too dry or flooded, which makes agriculture nearly impossible. The next project is building of a water well, which would help hundreds of folks in Kenya. Steiners know that they can count on support of Swiss people, who proved themselves very generous.


Ausgabe Nr. 3/2018

 

Ida Steiner hat in Kenia ein Business Administration Studium absolviert –
irgendwann möchte sie in der Schweiz Psychologie studieren.

Bild: zVg

Kommentare

+

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.
CAPTCHA
Diese Sicherheitsfrage überprüft, ob Sie ein menschlicher Besucher sind und verhindert automatisches Spamming.
Bild-CAPTCHA
Geben Sie die Zeichen ein, die im Bild gezeigt werden.