Neuer Prior für Taizé

Seit Anfang Dezember 2023 ist der Anglikaner Frère Matthew neu Prior der Ordensbrüder von Taizé. In einem Interview mit katholisch.de erzählt er, wie er nach Taizé gekommen ist und worin er seine neue Aufgabe sieht. forumKirche präsentiert Auszüge aus diesem Gespräch.

Am Samstag, den 2. Dezember 2023, übergab Frère Alois sein Prior-Amt an Frère Matthew. Frère Matthew hat Jahrgang 1965 und lebt seit seinem 21. Lebensjahr in Taizé. Wie er katholisch.de auf YouTube erzählt, ist er aufgewachsen in einer englischen Stadt und in der anglikanischen Kirche. Er sehnte sich schon als Jugendlicher nach Gebet und Gemeinschaft. Diese fand er in seinem Umfeld praktisch nicht. Als ihn an der Universität Sheffield ein Mitstudent nach Taizé einlud, war das für ihn fast wie ein Nach-Hause-Kommen. Er hatte sich immer gewünscht, in einem grossen Haus auf dem Lande zu leben. Frankreich kannte er von Familien- und Schulferien her.

Eigene Menschlichkeit akzeptieren
Zunehmend verspürte Frère Matthew das Verlangen, Jesus alles zu geben. Idealistisch wollte er alles verlassen, um Jesus nachzufolgen. «Diesen Idealismus muss man mit der Realität zusammenbringen», sagt er heute. «Es gilt, die eigene Menschlichkeit zu akzeptieren.» Auch heute noch sei etwas in ihm, dass sich nach dieser Radikalität sehne. Denn das Evangelium selbst sei etwas Radikales, das es immer wieder zu entdecken gelte. Dieser Weg dauere ein Leben lang. «Ich habe jetzt mehr Geduld. Das ist wohl das Einzige, das ich gelernt habe», meint er. Das bedeute aber keine Passivität, sondern mehr Zeit für den anderen und für den Geist Gottes, damit Veränderungen stattfinden könnten. 

Gemeinsam auf dem Weg
Frère Matthew sieht die ökumenische Gemeinschaft jetzt an einer Wegkreuzung, denn es gebe mittlerweile 15 Brüder, die Frère Roger, den Gründer von Taizé, nicht mehr gekannt hätten. «Es ist eine besondere Zeit, denn wir brauchen noch die Erinnerungen an Frère Roger, aber auch ein Anpassen ans Heute. Wir werden als Brüder weiterhin das gemeinsame Leben suchen. Eventuell braucht es mehr Strukturen, um aufzuzeigen, wer Entscheidungen fällt, und um mehr Zuhörer zu haben», sagt er. Sein Vorgänger habe den Weg dafür geöffnet. Jeder bringe seine eigene Persönlichkeit mit als Prior. Allerdings mag Frère Matthew das Wort Prior nicht. Er sieht sich vielmehr als Diener der Gemeinschaft. Wichtig sei, dass die Gemeinschaft über den Weg entscheide. Er sei da, um zuzuhören. Es gebe natürlich Entscheidungen, die er fällen müsse, aber immer erst durchs Zuhören. «Wir sind gemeinsam auf dem Weg, wir suchen die Herausforderungen von heute gemeinsam», betont Frère Matthew. Er ist der Kopf von etwa 100 Ordensbrüdern. 

Mutter aller Gläubigen
Eine Begebenheit mit Frère Roger ist Frère Matthew besonders in Erinnerung geblieben: Es war bei seinem zweiten Besuch in Taizé nach dem Abendgebet, als Frère Roger eine Ikone der Mutter Maria mitbrachte und mit ihm davor betete. Frère Roger sagte ihm, Maria sei die Mutter aller Gläubigen. «Das hat mich sehr beeindruckt. Denn er hatte einen evangelischen Hintergrund, ich einen anglikanischen», erzählt Frère Matthew. Er habe danach in der Bibel nachgelesen und realisiert: Maria war die Erste, die Ja gesagt hat zu Jesus. Das könne als Modell dienen, wie alle Gläubigen Jesus empfangen und ihn «zur Welt bringen» könnten. 

Selbstlosigkeit und zuhören
Religiosität, Vielfalt und Internationalität erleben die Brüder in Taizé persönlich durch den Kontakt mit den vielen Jugendlichen. Frère Matthew selbst hat Kontakte zu orthodoxen Kollegen in Russland, zu Leuten in Israel und Palästina. «Grosse Sensibilität und Zuhören ist nötig», sagt er. «Ebenso ist es eine grosse Verantwortung, diese Jugendlichen mit grossem Respekt zu empfangen. Die Fälle von Missbrauch in den eigenen Reihen können wir nicht vergessen. Wir können den Betroffenen zuhören und immer noch rücksichtsvoller sein. Frère Roger hat von Selbstlosigkeit gesprochen. Das ist sehr wichtig für mich. Wir empfangen die Jugendlichen nicht, um für uns selbst etwas zu empfangen.»

Béatrice Eigenmann, forumKirche, 10.01.2024


Europäisches Jugendtreffen
Vom 28.12. – 1.1. fand in Ljubljana, der Hauptstadt Sloweniens, das 46. Europäische Jugendtreffen statt. Organisiert wird es jeweils von der Taizé-Gemeinschaft, zusammen mit den Ortskirchen. An Silvester hat Frère Matthew die jungen Teilnehmenden dazu eingeladen, darüber nachzudenken, welche Initiativen sie als Pilger*innen des Friedens zu Hause ergreifen können. 2024 findet das Treffen in Tallinn statt, der Hauptstadt Estlands.
 

Ist neuer Prior von Taizé: der Anglikaner Frère Matthew
Quelle: Tamino Petelinsek
Ist neuer Prior von Taizé: der Anglikaner Frère Matthew

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