Stationenweg widmet sich der Care-Arbeit

Im luzernischen Sursee regt seit Mitte Mai der Stationenweg «Wirschaft ist Care» zum Nachdenken an. Darüber, wie eine Wirtschaft gestaltet werden müsste, in der vermehrt das Miteinander statt der Profit im Zentrum steht. Der etwas andere Stadtrundgang ist Teil der siebten Schweizer Frauen*synode, die im letzten Jahr Corona-bedingt als Grossanlass nicht stattfinden konnte.

Ursprünglich hatte der Verein Frauen*synode in Zusammenarbeit mit dem Verein Wirtschaft ist Care (WiC) geplant, zu diesem Thema Anfang September 2020 eine Versammlung mit ungefähr 1'000 Personen in der Stadthalle Sursee durchzuführen. Doch die Pandemie zwang die Spurgruppe, der auch die evangelische Theologin und Autorin Ina Praetorius angehört, zum Umdenken. «Wir dachten schon vorher über eine alternative Form nach, weil uns die Nachhaltigkeit eines synodalen Prozesses wichtig war», erklärt sie. Daraus entstand dann – in Zusammenarbeit mit der Stadt Sursee – die Idee des Stationenwegs. «Wir sind sehr zufrieden mit dieser Lösung, weil der Rundgang eine dezentralisierte und kreative Form der Auseinandersetzung mit dem Thema ist», so Ina Praetorius. 

Geführt oder individuell

Die Route durch Sursee besteht aus 15 Stationen, die fussläufig in rund zwei Stunden begehbar sind. Passend dazu gibt es eine anschauliche Broschüre. Sie wurde von Ina Praetorius mitverfasst und durch Illustrationen der Comiczeichnerin Kati Rickenbach bereichert. Mit diesem Hilfsmittel in der Hand kann sich jede*r neben der geführten Variante auch alleine oder in Gruppen individuell auf den Weg machen. Vom Bahnhof aus über die ehemalige Ofenfabrik, ein früheres Hebammenhaus sowie den Friedhof bis zum alten Kapuzinerkloster und dem Einkaufszentrum Surseepark widmet sich jeder einzelne Posten einem bestimmten Aspekt der Wirtschaft wie «geboren werden und gebären», «sterben», «schützen», «wohnen» oder «auswandern und einwandern». Die Verbindung zu den einzelnen Begriffen ergibt sich jeweils aus der Historie der Plätze. So können die Besucher*innen vor der ehemaligen Landwirtschaftsschule beispielsweise darüber nachdenken, wer sich welches Essen leisten kann.

Zur Dankbarkeit anregen

Es gehe immer auch um Gerechtigkeit und darum, dass wir voneinander abhängig sind, meint Ina Praetorius. «Im Zentrum stehen sollte deshalb die Sorge füreinander und das Bewusstsein dafür, dass sich Ökonomie, also die Lehre vom guten Haushalten, nicht einfach nur auf Geld und Profit beschränken sollte, sondern die vielen unbezahlten Leistungen einschliesst, die Menschen erbringen, um sich gegenseitig ihre Bedürfnisse zu erfüllen». Die Kernfrage, um die sich alles drehe, sei: «Was muss sich ändern, damit wir in einer nachhaltigen Zukunft miteinander unterwegs sind?», so die Theologin. Der Stationenweg solle aber nicht nur als Kritik an den herrschenden Zuständen verstanden werden, sondern genauso zur Dankbarkeit anregen. «Es ist nun mal ein Fakt, dass wir überleben, weil viele andere etwas für uns leisten. Im Sinne der christlichen Tradition möchten wir auch die Anerkennung dafür spürbar machen», sagt Praetorius. 

Liebe als Grundlage

Zusammen mit dem Surseer Historiker Georges Zahno leitete die Theologin bisher selbst vier Führungen – eine Station ist ihr dabei besonders wichtig geworden: «Die Liebe. Anfangs war geplant, diesen Posten im Stadthaus zu verwurzeln, weil dort die standesamtlichen Trauungen stattfinden. Liebe bedeutet aber mehr als nur eine Hochzeit. Deshalb wollten wir sie in der Mitte des Rundgangs verorten, im wunderschönen Ehret-Park, auch als Verweis auf die christliche Tradition und die Worte von Kirchenvater Augustinus 'Liebe, und dann tu' was du willst!'». Denn Liebe, so Praetorius, sei schliesslich die Grundlage und der Anfang von allem. Nicht nur in Sursee. Der Verein wünscht sich, dass die Idee mithilfe der für alle zugänglichen Broschüre von vielen anderen Verbänden, Pfarreien oder Institutionen an den Orten, an denen sie ansässig sind, übernommen und dort eigenständig realisiert wird – damit der Gedanke weitergetragen wird. 

Sarah Stutte, forumKirche, 18.8.21


Der Abschluss der Frauen*synode und somit auch des synodalen Prozesses findet am 4. September ebenfalls in Sursee in einem kleinen Rahmen mit geladenen Gästen statt. Dabei werden die politischen Forderungen lanciert, die sich aus dem jahrelangen gemeinsamen Nachdenken ergeben haben. Der Stationenweg wird darüber hinaus weiterhin besuchbar sein. 

Broschüre herunterladen oder bestellen: www.frauensynode2021.ch
Infos zum Verein «Wirtschaft ist Care»: www.wirtschaft-ist-care.org
 

 

 

 

 

 

Die Theologin Ina Praetorius gehört zu den Gründungsmitgliedern des Vereins WiC  (Wirtschaft ist Care).
Quelle: ©zVg
Die Theologin Ina Praetorius gehört zu den Gründungsmitgliedern des Vereins Wirtschaft ist Care (WiC).

 

 

Eine der Illustrationen von Kati Rickenbach zum Posten «Arbeiten».
Quelle: ©Kati Rickenbach
Eine der Illustrationen von Kati Rickenbach zum Posten «Arbeiten».

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