Über die Folgen der Quellensteuerreform

Im Oktober 2022 stellte die Verwaltung der katholischen Landeskirche Schaffhausen fest, dass allmählich Steuereinnahmen ausbleiben. Grund ist die schweizweite Quellensteuerreform (s. forumKirche 24/2022, S. 7). Dominik Brasser, im Synodalrat verantwortlich für das Ressort Finanzen, erklärt, warum diese Reform die Landeskirche unerwartet traf und wie die Verluste abgefedert werden können.

Wie setzen sich die Einnahmen der Landeskirche zusammen?
Über die Hälfte der Einnahmen besteht aus dem Staatsbeitrag, den der Kanton ausbezahlt, fast ein Viertel aus der Zentralsteuer, die die Kirchgemeinden an die Landeskirche entrichten. Der kleinste Anteil der Einnahmen, die Quellensteuer, die bei Grenzgängern und Personen ohne Niederlassungsbewilligung erhoben wird, kommt von der kantonalen Steuerverwaltung. 

Was hat sich 2022 durch die Quellensteuerreform geändert?
Die Quellensteuerreform ist bereits 2021 erfolgt: Die Quellensteuereinnahmen sinken, dafür steigen die ordentlich veranlagten Steuern - dies allerdings verzögert.

Aber warum wurden die Folgen erst 2022 bemerkt?
Weil viele Steuerpflichtige wohl erst 2022 von ihrem Recht Gebrauch gemacht haben, ihre Steuern ordentlich zu veranlagen. Auf das Steuerjahr 2021 hatte die Reform noch keine messbaren Auswirkungen. Jetzt ist das Problem erkannt und jetzt lösen wir es. Wir haben innert weniger Tage mit der Geschäftsprüfungskommission und mit den Kirchgemeinden das Problem analysiert und das weitere Vorgehen abgesprochen.

Was beinhaltet die Quellensteuerreform?
Bisher konnten Quellensteuerpflichtige erst ab einem Bruttoeinkommen von 120'000 Franken Abzüge geltend machen, z.B. für die Säule 3a, Fahrtkosten oder Unterhaltszahlungen. Diese Ungleichbehandlung wurde von EU/EFTA bemängelt. Deshalb wurde schweizweit diese Reform durchgeführt, durch die auch die kantonalen Unterschiede in der Besteuerung vereinheitlicht wurden. Die Reform ermöglicht allen Betroffenen, ihre Steuern ordentlich zu veranlagen. 

Warum ist die katholische Landeskirche Schaffhausen von dieser Umstellung überrascht worden?
Weil wir von der Steuerbehörde nicht informiert worden sind. Diese hat die Gemeinden orientiert, die Kirchen sind dabei aber vergessen gegangen. Natürlich hätten wir uns auch über die Medien informieren können. Aber es ist fraglich, ob uns dabei die Konsequenzen für unsere Einnahmen klar geworden wären. 

Wurden die anderen Landeskirchen (reformierte und christkatholische) darüber informiert?
Das weiss ich nicht. Diese Reform hat für die anderen Landeskirchen unter Umständen auch andere Auswirkungen. Auf die Kirchgemeinden hat die Reform auch keine grossen Auswirkungen, weil die Quellensteuern nur einen geringeren Teil ihrer Einnahmen ausmachen. 

Was bedeutet dieser Wechsel für die Rechnung 2022?
Es wird ein Minus von etwa 187'000 Franken geben. Die Landeskirche kann dieses aufgrund eines gesunden Finanzpolsters tragen. Wir haben bereits vor einem Jahr wegen der Minuszinsproblematik überlegt, wie wir das Polster verkleinern könnten. Nur mit grossen Anstrengungen konnte die Bezahlung von Minuszinsen abgewendet werden. Ein ideales Polster wäre ein Betrag in der Höhe des Jahresumsatzes, etwa 1.4 Millionen Franken. Die Landeskirche verfügt derzeit aber über rund 2 Millionen Franken. Der verzögerte Eingang der Steuern hilft uns somit, den «Kassastock» auf das gewünschte Mass zu senken.

Und für das Budget 2023?
Eine Variante wäre gewesen, sofort die Zentralsteuer für die Kirchgemeinden zu erhöhen, um damit die Mindereinnahmen auszugleichen. Aber der Budgetprozess war bei den Kirchgemeinden schon weit fortgeschritten. Deshalb haben wir uns für eine "ruhige" Lösung entschieden und ein Minus von ca. 187'000 Franken budgetiert, welches die Landeskirche tragen kann.

Ist damit zu rechnen, dass die Kirchensteuern, die bisher über die Quellensteuer hereinkamen, nun verzögert über die Regelsteuern zufliessen?
Ja, der Betrag der bisherigen Quellensteuern wird mit etwa ein bis zwei Jahren Verzögerung über die ordentliche Veranlagung bei den Kirchgemeinden eintreffen. Die Steuerverwaltung geht davon aus, dass die Höhe der Steuereinnahmen insgesamt etwa gleich bleibt.

Wie kann der veränderte Zugang von Kirchensteuern zwischen Kirchgemeinden und Landeskirche ausgeglichen werden?
Es ist bereits ein Treffen im Juni 2023 mit den Kirchgemeinden geplant, um mit Blick auf das Budget 2024 eine Anhebung der Zentralsteuer zu besprechen. So könnten die geringeren Steuereinnahmen bei der Landeskirche und der Anstieg der Einnahmen bei den Kirchgemeinden ausgeglichen werden. 

Interview: Detlef Kissner, forumKirche, 28.12.2022
 

Dominik Brasser
Quelle: zVg
Dominik Brasser (l.), im Synodalrat verantwortlich für das Ressort Finanzen

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