Wie in Kerala Weihnachten gefeiert wird

Mathäus Varughese, leitender Priester des Pastoralraums Thurgau Mitte, erzählt Kirche ohne Grenzen im Interview über die Weihnachtszeit in seiner Heimat Indien. Obwohl die meisten Menschen dem Hinduismus angehören, gibt es einen kleinen christlichen Anteil in der Bevölkerung. Im Bundesland Kerala, wo Priester Varughese herkommt, sind 30 Prozent Christ*innen. 

Feiern Sie den Advent in der indisch-katholischen Tradition, oder bereiten Sie sich auf andere Weise auf Weihnachten vor? 
Leider gibt es bei uns diese schöne Tradition des Advents nicht. Trotzdem ist Weihnachten ein freudiges Fest für viele Menschen in meiner Heimat. Durch unsere christlichen Schulen, die für alle offen sind, erhalten die Kinder Wissen über die christlichen Feste. Weihnachten ist das Lieblingsfest der Kinder. Sie erwarten es mit grosser Vorfreude. Vom 20. Dezember an bereiten sie sich – wie auch Jugendliche – für den «Carol Service» vor: Tagsüber üben sie Weihnachtslieder ein und gehen am Abend von Haus zu Haus, um gemeinsam zu singen. Viele Menschen erwarten die Singenden mit Begeisterung und geben ihnen Spenden oder Snacks. Für viele religiöse Jugendvereine ist das die Möglichkeit, etwas Geld für ihre karitativen Projekte zu sammeln. Die spirituelle Vorbereitung beginnt am 1. Dezember. Von diesem Tag an bis zum 24. Dezember ist Fastenzeit. Menschen nutzen diese Zeit zur Selbstreflexion und um Jesus in ihrem Leben zu empfangen. Die meisten Erwachsenen verzichten auf teures Essen wie Fleisch, Milchprodukte und Süssigkeiten. Viele Pfarreien organisieren Andachten, Meditationen und Möglichkeiten zur Beichte.

Sind der Weihnachtsbaum und die Weihnachtskrippe ein wichtiger Teil der indischen Tradition? 
Viele Gläubige schmücken einen Weihnachtsbaum mit farbigem Papier, Luftballons und Beleuchtung. All das kann man an den Weihnachtsmärkten kaufen. Einen Tannenbaum, wie man ihn in der Schweiz kennt, gibt es in meiner Heimat nicht. Deshalb verwenden wir einen beliebigen Baum mit Blättern. Die Krippe gehört auf jeden Fall zu unserer Weihnachtsfeier. Viele Jugendvereine bauen grosse Krippen in oder vor der Kirche auf. In den meisten Fällen beginnt der Krippenbau am 20. Dezember. Zu Hause stellen die Menschen auch Krippen aus Stroh auf. Hauptsache, es wird viel Licht und viel Farbe für die Dekoration der Krippen verwendet.
 
Werden in der Weihnachtszeit die Geschäfte und Strassen dekoriert? 
Ja, die Geschäfte und Strassen sind ab dem 1. Dezember weihnachtlich dekoriert. Viele Menschen hängen einen Stern an ihrem Haus auf. Er verweist auf den Stern, der die drei Könige zu Jesus geführt hat. Obwohl viele Menschen eine andere Religion haben und diese Bedeutung nicht kennen, hängen auch sie einen Stern an ihr Haus.

Wenn eine Mitternachtsmesse gefeiert wird, wie sieht das Ritual aus?
In der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember findet zwischen 24 Uhr und 3 Uhr die Mitternachtsmesse statt. Sie wird ganz festlich mit Weihnachtsliedern und Gebeten gefeiert. Am Schluss des Gottesdienstes kommt der Weihnachtsmann in die Kirche und verteilt den Menschen einen Weihnachtskuchen. Diese Geste läutet das Ende der Fastenzeit ein. In vielen Pfarreien gibt es eine sogenannte Agape, das ist das gemeinsame Essen nach dem Gottesdienst. Zur Agape bringen viele Personen Essen mit, und es wird untereinander geteilt.

Wie wird Weihnachten in der Familie und mit Freunden gefeiert?
Die Weihnachtsfeier zu Hause beginnt mit dem Frühstück am 25. Dezember. Ein besonderes, selbst gebackenes Fladenbrot namens Appam aus fermentiertem Reisteig und Kokosmilch sowie Curry mit Fleisch gehören dazu. Danach verteilen die Familienmitglieder ihre Geschenke. Meistens sind es Kleider. Zum Mittagessen besuchen sich Verwandte gegenseitig. Das Mittagessen ist auch ein festliches Essen. Man isst beispielsweise Biriyani, eine speziell zubereitete Art von Reis mit Rindfleisch. Alle essen zusammen – und je nachdem bleiben die Verwandten zwei bis drei Tage. Vor allem die Kinder geniessen diese Zeit wegen des guten Essens, der Geschenke, ihrer Ferien und der Feierlichkeiten. Es ist zwar für die Erwachsenen eine anstrengende Zeit, aber sie bringt mehr Glauben, Gemeinschaft, Leben und Liebe.

Interview & Übersetzung: Andrea Metzger, 28.11.2023


Un tiempo de autoreflexión y de acogida de Jesús en la vida personal

El Padre Mathäus Varughese en su entrevista con Kirche ohne Grenzen, comenta sobre la celebración y tradiciones de la Navidad en Kerala (India), su país de origen.

¿Cómo se preparan los católicos para la época de Navidad y qué tradiciones tienen?
Lamentablemente no tenemos la hermosa tradición del Adviento. Sin embargo, para la mayoría de la gente en mi país natal, la Navidad es una celebración muy alegre y en especial para los niños, quienes la esperan con gran expectativa. La preparación espiritual va acompañada de ayuno desde el 1 al 24 de diciembre. Los adultos aprovechan este tiempo para la autorreflexión y acogida de Jesús en su vida personal. Muchas parroquias organizan meditaciones y confesiones. 

Niños y jóvenes ensayan villancicos a partir del día 20 de diciembre y por la noche van de casa en casa para cantar juntos. La gente los espera con entusiasmo y les da donativos. Estos se utilizan en proyectos caritativos. 
Definitivamente, el pesebre, forma parte importante de nuestra fiesta navideña y son los jóvenes quienes se encargan de hacerlos y decorarlos con bastante luz y colorido. También utilizamos cualquier árbol natural con hojas, como árbol navideño, el cual es decorado con papeles de colores, globos y luces.

¿Cómo se celebra el fin de la Cuaresma?
La misa de medianoche se celebra solemnemente con villancicos y oraciones. También representa el fin de la Cuaresma. Las celebraciones navideñas con familia y amigos inician el 25 de diciembre con un desayuno y almuerzo festivos, donde se prepara un pan casero especial llamado Appam. Posteriormente, los miembros de la familia se reparten regalos. A pesar de ser una época estresante, es también una época favorita para los adultos, porque la viven con más fe, ayuda mutua y amor. 
 

Priester Mathäus Varughese
Quelle: Andrea Metzger
Priester Mathäus Varughese kommt aus dem indischen Kerala und lebt seit fünf Jahren in der Schweiz.

 

 

 

Fladenbrot Appam mit Curry
Quelle: Wikimedia Commons/Devika
Gehört in Kerala am 25. Dezember auf den Frühstückstisch: Fladenbrot Appam mit Curry

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