LIFT: Ein Erfolgsprojekt auch in Schaffhausen und im Thurgau

Der Aadorfer Peter Gall engagiert sich seit Jahren im Thurgau, damit Jugendliche eine Chance in der Arbeitswelt erhalten. Als Lehrer und als Regionalkoordinator Ostschweiz des Jugendprojekts LIFT.

Wenn Peter Gall erzählt, dann sprudelt es förmlich aus ihm heraus. Er unterstreicht viele seiner Sätze mit den Händen und lacht zwischendurch, wenn er sich an einen seiner ehemaligen Schützlinge erinnert. Seine Augen leuchten, seine Energie ist geradezu ansteckend und sein ehrliches Engagement in jedem Wort spürbar. Peter Gall ist Lehrer aus Leidenschaft. Seit 43 Jahren und auch über die Pension hinaus. Eine Lebensaufgabe. Auch deshalb ist der Aadorfer ein unermüdlicher Kämpfer für die gute Sache, die ihm seit einem Jahrzehnt in Form eines Förderprogramms wirklich am Herzen liegt – als Ostschweizer Regionalkoordinator des Jugendprojekts LIFT.

Neue Perspektiven

Das Integrations- und Präventionsprogramm LIFT (Leistungsfähig durch frühzeitige Förderung und praktische Tätigkeit) hilft Oberstufenschüler*innen mit erschwerter Ausgangslage – die also mit Lern- oder Sprachschwierigkeiten sowie Problemen im sozialen Umfeld zu kämpfen haben – ab der 7. bis zur 9. Klasse den Weg in die Arbeitswelt zu finden. Dazu können sie in der unterrichtsfreien Zeit wöchentliche Kurzeinsätze in bis zu drei unterschiedlichen Betrieben absolvieren. So sammeln sie erste Erfahrungen in der Berufswelt und lernen die Anforderungen an den späteren Arbeitsalltag kennen. Ihre Schulen begleiten sie dabei durch den Prozess und bereiten sie in Modulkursen auf die Arbeitseinsätze vor. Die Jugendlichen werden entlöhnt und zwecks Verbindlichkeit wird mit ihnen ein Arbeitsvertrag aufgesetzt. Zudem schreiben die Betriebe Kurzbeurteilungen über die Jugendlichen an ihren jeweiligen Wochenarbeitsplätzen und diese wiederum Tagesberichte darüber, wie ihnen die Arbeit und der Betrieb gefällt. «Den Jugendlichen eröffnen sich dadurch neue Perspektiven, sie gewinnen Selbstvertrauen und eignen sich Sozialkompetenzen an. Vor allem merken sie, dass die praktische Leistung genauso zählt und nicht nur die schulische. So wachsen sie zu mutigen Menschen heran und über sich selbst hinaus», sagt Peter Gall. Der Erfolg des Projekts spricht für sich – rund zwei Drittel der LIFTSchüler* innen findet dank des Programms nach der Schule direkt eine Lehrstelle. Seit diesem Jahr unterstützt der Kanton Thurgau LIFT finanziell mit einem Leistungsauftrag und das Gesamtprojekt wurde von der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Kantons Waadt kürzlich mit dem Ethikpreis 2020 ausgezeichnet.

Hohe Erfolgsquote

Ein gemeinnütziger Verein hob LIFT 2006 in Bern aus der Taufe und koordiniert das Jugendprojekt inzwischen schweizweit, in 21 Kantonen. Dazu zählen auch Schaffhausen und der Thurgau, wobei das Projekt im Thurgau besonders gut ankommt. Aktuell beteiligen sich hier knapp 25 Schulen am LIFT-Projekt, mit rund 300 Schüler*innen, von denen fast 90% eine Anschlusslösung finden. Ohne die Begeisterungsfähigkeit von Peter Gall wäre dies nicht möglich. Als der LIFT-Regionalleiter für die Ostschweiz das erste Mal vor gut zehn Jahren von dem Förderprogramm für Jugendliche hörte, brachte er es als Versuchsversion in seine Kleinklasse der Aadorfer Oberstufe, prägte es dann massgeblich mit und machte es über die Region hinaus bekannt. «Es ist erstaunlich, wie oft man von diesen jungen Menschen positiv überrascht wird, wenn man ihnen nur eine Chance gibt, sich zu beweisen. Sicherlich kann man nicht alle Jugendlichen vermitteln. Aber wenn es gelingt, berührt mich das immer wieder», so Peter Gall. Wenn es nach ihm ginge, könnte das LIFT-Angebot noch ausgeweitet und grundsätzlich für alle Oberstufenschüler* innen zugänglich gemacht werden, denn «je schneller die Jugendlichen in den Berufsalltag kommen, desto grössere Chancen haben sie, sich dort bewähren zu können», erklärt er. Und fügt dann lächelnd hinzu: «Ich mache diese Arbeit so gerne, weil ich so viel damit bewirken kann». Das gelingt Peter Gall, weil er niemanden so schnell aufgibt, viel Zeit in diese junge Menschen investiert und ihnen damit Hoffnung schenkt – und eine Zukunft.

Sarah Stutte, forumKirche, 18.8.20



Weitere Infos: www.jugendprojekt-lift.ch

Auf guten Wegen: Ein ehemaliger LIFT-Schüler erzählt

Der 18-jährige Steven Bäggli aus Hagenbuch besuchte an der Aadorfer Sekundarschule die Kleinklasse von Peter Gall und nahm dadurch am Jugendprogramm LIFT teil. In der Schule hätte ihm manchmal die Motivation zum Lernen gefehlt, gibt er zu. Erst mit der Zeit habe er gemerkt, dass er sich mehr anstrengen müsse, um etwas zu erreichen. «Durch LIFT wurde ich noch spezifischer auf das berufliche Leben vorbereitet», sagt er. Von der 2. bis zur 3. Oberstufe ging Steven Bäggli Donnerstagnachmittags arbeiten und konnte im zweiten Betrieb, in den er durch das LIFT-Programm hineinschnuppern durfte – der Firma Schäfli & Dieterich AG in Frauenfeld – eine Lehre als Haustechnikpraktiker EBA Sanitär beginnen. Diese hat er im Sommer 2018 abgeschlossen. Zurzeit absolviert er im gleichen Betrieb eine Zusatzausbildung zum Sanitärinstallateur EFZ, die er nächstes Jahr beendet. An seiner jetzigen Stelle gefalle ihm, dass die Arbeit sehr vielseitig sei, er brauche die Abwechslung. Wenn es LIFT nicht gegeben hätte, meint er, wäre es schwieriger für ihn geworden, eine passende Lehrstelle zu finden. «Durch LIFT habe ich erreicht, was ich wollte. Ich kann das Projekt nur empfehlen», sagt er.

Sarah Stutte, forumKirche, 18.8.20

Das Interview mit Steven Bäggli lesen Sie hier.

Steven Bäggli, 18 Jahre
Quelle: Sarah Stutte
Voller Tatendrang: Der 69-jährige Peter Gall verhilft Jugendlichen zu mehr Chancen im Arbeitsleben.

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