Mit Josua Boesch vom Kreuzweg zum Auferstehungsweg

Er wolle nicht mehr predigen, meinte der reformierte Pfarrer Josua Boesch. Er wolle eine andere, sinnlichere Sprache finden. So zog er sich in die Stille zurück und schuf aus der Betrachtung heraus Metall-Ikonen, die oft einen «durchlässigen Jesus» zeigen. Vielen eröffnete er damit einen neuen Zugang zum Mysterium von Kreuz und Auferstehung.

Das Titelbild dieser Ausgabe von forumKirche stammt von einem Menschen mit einer ungewöhnlichen Lebensgeschichte. Ich habe ihn vor vielen Jahren im Bildungshaus Mattli in Morschach kennengelernt. Der etwa 50-jährige Mann stellte sich als reformierter Pfarrer aus Zürich vor, der zunehmend Mühe mit dem Predigen habe. Er habe sich zur Meditationswoche angemeldet, weil er einen neuen Weg suche. Es fehle ihm etwas in seinem Beruf, das Sinnlich-Bildhafte. Auch das Handwerkliche. Er sei in seinem ersten Beruf Gold- und Silberschmied gewesen.

Ein anderes Sprechen
Am Ende der Woche «verkündete» er, er werde im Pfarrhaus ein kleines Atelier einrichten mit einem Fenster nach aussen. Die Leute könnten ihm ruhig zuschauen, das ergebe dann wahrscheinlich ganz neue Gespräche. Der Wiedereinstieg in den alten Beruf war zwar nicht leicht, doch er war überzeugt, dass er so auf neue, andere Art von seinem Glauben «reden» könne. – Später verliess er das Pfarramt und lebte zehn Jahre in Camaldoli, einem Kloster in Italien.
In dieser Zeit entstanden – ganz aus der Stille und Kontemplation heraus – sehr besondere Werke. Er nannte sie Metall-Ikonen, die er streng nach der Handwerkskunst, die er gelernt hatte, herstellte; wobei «herstellen» nicht das richtige Wort ist. Er entwickelte die Ideen, arbeitete mit Gold und Silber und besonders gern mit den «minderen» Metallen wie Messing und Kupfer. Aus den geschnittenen Formen gestaltete er die Grundlagen zu einem einfachen «Bild» - und überliess es dann dem Feuer. Das war ihm sehr wichtig: Nicht er war der Künstler, im Feuer war ein anderer Schöpfer am Werk. Er bemühte sich sehr, ganz präsent und achtsam zu sein gegenüber dem Augenblick, gegenüber den Materialien, seinen eigenen Empfindungen, und ganz durchlässig zu werden für das, was gerade jetzt im Feuer Gestalt annahm – ein Geschenk! In ihm war grosse Freude und Dankbarkeit dafür.

Der Gekreuzigte tanzt
Oft kombinierte Josua Boesch seine Metall-Ikonen mit Fundstücken aus der Natur. Die ersten Ausstellungen – meist in sakralen Räumen – zeigten schnell, dass diese sinnliche Art der Verkündigung vielen Menschen einen neuen Weg zum Glauben weisen kann. Josua Boesch hat auch einige Handikonen geschaffen. Auf einem Stein, der gut in der Hand liegt, ist die kleine Figur eines auferstandenen Christus appliziert. Ein Spitalseelsorger bringt diese Handikone oft ans Bett von Schwerkranken, die sie dann ein paar Minuten in der Hand halten, während sie mit dem Zeigefinger blind die Figur abtasten. Oft ein Trost und eine Stärkung des Glaubens – ganz ohne grosse Worte.

In den Jahren des Rückzugs und der Kontemplation im Kloster ist über viele Phasen der «auferstehungsweg» entstanden. Man darf das mehrteilige Werk, begleitet von Texten, als Josua Boeschs Hauptwerk bezeichnen.

Für einen Goldschmied ist das Kreuz immer ein Thema. Im Kloster war er, in guter katholischer Tradition, umgeben von unzähligen Darstellungen des gekreuzigten Jesus. Er hat diese Tradition auch hochgeachtet. Der Weg, den Jesus ging, war ein Leidensweg, ein Kreuzweg. Und viele Menschen, die heute leiden, finden in der Betrachtung dieses Kreuzes Trost und Kraft.
Aber Josua Boesch war der Meinung, wir sollten den ganzen Weg im Auge behalten. Zum Karfreitag gehört auch Ostern. Darum der Name «auferstehungsweg» und eine entsprechende Darstellung: Die Kreuzesform ist noch erkennbar, doch die ausgestreckten Arme weisen nach oben, haben eine Schalenform. Wir dürfen dem Auferstandenen anvertrauen, was uns beschäftigt, er nimmt es mit: himmelwärts …
Eine ganz starke Aussage machen jene Auferstehungskreuze, in denen der Körper fehlt, wie zum Beispiel im Bildungshaus Mattli in Morschach. Man erkennt die Umrisse, das Zentrum aber ist leer … Wir selber sollen beim Betrachten mit unserem ganzen Wesen durchlässig werden für Gott.

Ich weiss aus zahllosen Rückmeldungen, dass sich viele beim Betrachten dieses Auferstehungskreuzes gestärkt fühlen im Glauben: Schmerz und Leiden gehören zum Leben. Aber an Ostern wissen wir, dürfen wir glauben, dass uns ein Leben in Fülle verheissen ist.

Bruno Dörig, 28.03.2024


Kunstkarten und Bücher zu Josua Boesch können im Internet unter www.josuaboesch.ch bestellt werden.

Handikone von Josua Boesch
Quelle: © Förderverein Josua Boesch
Oft ein Trost und eine Stärkung des Glaubens – ohne grosse Worte: eine Handikone von Josua Boesch

Kommentare

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Christine Zybach

30.03.2024, 12:13

Danke Bruno für Deinen persönlichen, lebenserfahrenen Artikel!

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