Vom authentischen Muttersein

Rahel Iten ist Mutter dreier Kinder der Jahrgänge 2015, 2017 und 2022 und lebt mit ihrem Mann auf einem Bauernhof in Hünenberg (ZG). Während zehn Jahren war sie als Jugendarbeiterin an einer Berufsschule tätig. Noch heute ist sie dankbar für ihre Erfahrungen als gestylte Frau in einer Stadtluzerner Wohngemeinschaft (WG): Laute Mitbewohner, schlaflose Nächte und mit Erbrochenem verunreinigte Betten haben sie auf ihr Muttersein vorbereitet. Rahel Iten ist eine der Mütter, die für die Plattform «Mamas Unplugged» schreiben.

Was hat Sie dazu gebracht, Minirock und Stöckelschuhe gegen Trekkingschuhe, Funktionskleidung und Schweine einzutauschen?
Eigentlich nur mein Mann. Die Schweine konnten schlecht umziehen … Nach der Geburt des ersten Kindes arbeitete ich noch in Sursee. Das war ein Spagat: Hier der grosse Bauernhof ausserhalb von Hünenberg, dort die Maurer- und Strassenbaulehrlinge. Aber es war gut so, dass ich aus der WG in Luzern ausgezogen bin. Ich war dort so lange, es musste mal etwas anderes kommen. Wenn es nicht mein Mann gewesen wäre, dann wäre es etwas anderes gewesen … Nein, natürlich bin ich froh, dass ich meinen Mann getroffen habe.

Wie empfinden Sie das Muttersein?
Es gibt nichts Paradoxeres: Ich würde alles für die Kinder tun. Aber manchmal könnte ich davonlaufen. Ich empfinde eine so wahnsinnig grosse Liebe, die unbeschreiblich ist. Aber mit einer Wand zu reden, ist manchmal einfacher als mit einem Kind. Jedes Kind ist wieder anders. Bei meiner Ältesten kann ich langsam an die Vernunft appellieren. Aber es ist ein langer Weg bis dorthin. Zurzeit habe ich zwei Kinder in der «Wackelzahnpubertät», also in einer Art Trotzphase 2.0. Es ist etwas vom Schwierigsten, bei Trotzanfällen zu ertragen, was rundherum läuft. In so einer Situation ist nicht die Mutter-Kind-Beziehung schwierig, sondern die Leute um einen herum. Diese Blicke und Kommentare! Trotzdem: Wenn es Abend ist, finde ich, es ist schön, Kinder zu haben. Dann überwiegen die positiven Gefühle. Zurzeit stehe ich völlig hinten an. Aber ich weiss, dass eine Zeit kommen wird, in der ich mich wieder auf mich selbst konzentrieren kann – in zehn bis fünfzehn Jahren. 

Wie sind Sie zur Plattform «Mamas Unplugged» gestossen?
Es war eher so, dass die Plattform auf mich gestossen ist. Ich habe auf Facebook den Blog «Dini Muetter» angefangen zu schreiben. Als Hobby, um die Erlebnisse zu teilen. Alles, was mich belastet hat – und zwar auf meine Art, indem ich überspitzt formuliere. Dann nahm Nadine Chaignat, die Gründerin von «Mamas Unplugged», Kontakt mit mir auf. Sie sagte, ihr Mann und sie würden gerade meine Beiträge lesen und sich kaputtlachen. So kam es im Oktober 2017 zu einem Treffen. Wir waren uns auf Anhieb sympathisch. 

Was bezwecken Sie mit Ihren Beiträgen?
Grundsätzlich gilt, alles nicht zu ernst zu nehmen. Auch wenn man schreit und einen Heultag hat: Es könnte noch schlimmer sein. Humor hilft bei so vielen Sachen. Ich dachte erst, nur mir geht es so mit dem Kind, vor allem in der Trotzphase. Alle anderen Mütter schaffen es, super tolle Kinder zu haben und eine gestylte, aufgeräumte Wohnung. Ich war völlig überfordert mit der Verantwortung für diesen kleinen Menschen und habe mich allein gefühlt. Ich musste niederschreiben, wie es mir geht. Mit der Zeit habe ich immer mehr Rückmeldungen erhalten. 

Was für Rückmeldungen erhalten Sie denn?
Die Mütter schreiben, dass sie herzhaft lachen konnten, dass sie das jetzt gerade gebraucht haben. Es hilft ihnen zu lesen, dass sie nicht allein sind. Dank Social Media verbreitet sich das. Früher hat man vielleicht innerhalb der Familie darüber geredet. Ich verstehe jetzt, dass es ein ganzes Dorf braucht, um ein Kind grosszuziehen. Allein schafft man es kaum, man kann froh sein um jede Unterstützung, die man erhält. Wir Frauen von der Plattform haben einen Redaktionschat, der auch genutzt wird, uns gegenseitig aufmunternde Worte zukommen zu lassen, wenn es einer von uns einmal nicht so gut geht. Da fühlt man sich weniger allein. Dieser Zusammenhalt ist toll. 

Béatrice Eigenmann, forumKirche, 10.05.2023


«Mamas Unplugged»
Rahel Iten ist bei «Mamas Unplugged» für die humorvolle Sicht aufs Muttersein verantwortlich. Auf www.mamasunplugged.ch wird Mutterschaft in all ihren Facetten gezeigt. Die Plattform mit Blogposts, Podcasts und einem Instagram-Profil soll Mütter ermutigen. Muttersein soll sichtbar und erlebbar werden – und sich verändern. Darüber hinaus bietet die Plattform Rezepte und einen Shop.
 

Rahel Iten: Mutter sein mit Humor
Quelle: zVg
Rahel Iten: Mutter sein mit Humor

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