Jugendliche erzählen über ihren Glauben

Im Sommer 2021 wurden Jugendliche in der Romanshorner Pfarrei aufgefordert, Fotos zu machen, die etwas mit ihrem Glauben zu tun haben (vgl. forumKirche 17/2021, S. 10). Diese Fotoaktion stiess auf grosse Resonanz. forumKirche möchte nun in einer Jahresserie auf Seite 8 einige dieser Fotos zeigen. Im folgenden Bericht werden zwei junge Fotografinnen vorgestellt, die etwas über ihre Bilder und ihren Glauben erzählen.

Unter dem Titel «Jesus, on the floor» konnten Jugendliche und junge Erwachsene Fotos einsenden, die sie mit ihren Handys - geplant oder ganz spontan - gemacht hatten und die sie in Verbindung mit ihrem Glauben brachten. Es gingen über 30 Fotos ein, die am 3. September in einer Ausstellung gezeigt wurden und als Sammelband in der Kirche von Romanshorn auslagen. In der neuen Jahresserie von forumKirche mit dem Titel «Glaubensbilder» werden einige dieser Fotos mit ihren Titeln zu sehen sein. Interessierte junge Menschen sind eingeladen, ihre eigenen «Glaubensbilder» zu schicken, die dann im Heft oder auf der Webseite veröffentlicht werden (vgl. Kasten). Die Gedanken der beiden Fotografinnen im folgenden Bericht können anregen, über den eigenen Glauben nachzudenken oder gar selbst zur Kamera zu greifen.

Leonie und «Das Gestell Gottes» (S. 8)
Die 14-jährige Leonie besucht seit dem Sommer die Kantonsschule Romanshorn. Die Idee mit der Fotoausstellung fand sie «voll cool». Es sei spannend zu sehen, wie andere den Glauben wahrnehmen und in welche Bereiche er überall hineinspielt. Bei ihrem eigenen Foto hat sie sich keine grossen Gedanken machen müssen. Die Idee dazu kam ihr, als sie mit ihren beiden knapp zweijährigen Neffen spielte: «Sie turnten im ganzen Haus herum, vor allem am Bücherregal. Es zog sie immer wieder zu der Bibel hin, die genau auf ihrer Höhe stand. Da machte ich das Foto mit der Bibel im Regal.» Mit den zwei Kleinen, die Leonie zu ihrem Motiv hinführten, verbindet sie Wachstum und Hoffnung. Es fasziniert sie, wie sich die beiden weiterentwickeln, ständig etwas Neues lernen. «Ausserdem bin ich jetzt Tante. Ein Grund für mich, immer weiterzumachen», betont sie stolz. Das alles entdeckt sie in ihrem Foto, dem sie – ohne lange nachzudenken - den Titel «Das Gestell Gottes» gegeben hat. Hinzu kommt, dass sie die Bibel fasziniert, weil sie das meist gekaufte Buch der Welt ist. «Es ist unglaublich, dass so viele Menschen einen Glauben haben. Der Glauben hat eine krass grosse Macht.» Dabei denkt sie nicht nur an das Christentum, sondern auch an die anderen Religionen.

Leonie kann sich durchaus andere Szenarien für ein Glaubensbild vorstellen, zum Beispiel ein Foto, das den Zusammenhalt zwischen ihr und ihren Kolleg*innen verdeutlicht. Oder eines, das etwas mit den Leistungen in der Schule zu tun hat: «Ich versuche zu glauben, dass ich die Prüfungen hinbekomme. Und schlussendlich ist es auch so.» Hier erfährt sie den Glauben als etwas, das ihr Selbstvertrauen gibt. In der Ausstellung beeindruckte sie vor allem ein Foto mit einem grossen gedeckten Tisch, welches für sie den Glauben an die Familie als starke Gemeinschaft ausdrückt. Ein Foto mit einem Fussball hat sie auch angesprochen. «Beim Fussball muss man daran glauben, dass man eine gute Leistung bringt. Viele berühmte Spieler*innen bekreuzigen sich, wenn sie eingewechselt werden», so die Schülerin. Schliesslich hat es ihr noch ein Foto angetan, das einen Baum mit einem Sonnenuntergang zeigt. Das fand sie «so wunderschön, dass es fast nicht real sein kann». Wer glaube, mache eben die Erfahrung, dass scheinbar Unreales doch real ist. Darüber hinaus begegnete sie in der Ausstellung aber auch Bildern, deren Bezug zum Glauben sich ihr nicht gut erschloss. Bei diesen Bildern hätte sie gern gewusst, welchen «Hintergedanken» die Fotograf*innen dabei hatten.

Im Blick auf die unterschiedlichen Religionen gesteht die 14-Jährige leicht verlegen, dass sie das Christentum nicht so interessiere. Da hätte sie schon viel darüber gelernt. Die anderen Religionen findet sie hingegen «extrem spannend», z. B. den Islam mit seinen Vorstellungen und Bräuchen. Zwei ihrer Mitschüler seien Muslime, eine Mitschülerin gehöre dem Hinduismus an. In der früheren Klasse habe es noch mehr Muslim*innen gegeben. Ausserdem habe auch die Lehrerin der Kochschule dem Islam angehört. Dort habe sie viel über den Ramadan, das Fasten, das Fastenbrechen und die Essgewohnheiten der Muslim*innen gelernt.

Dann erzählt sie, dass sie daran glaube, dass Menschen in anderen Menschen oder Dingen wiedergeboren werden. Das mache für sie Sinn: «Ich stelle mir das Leben wie eine Batterie vor. Das Leben wird weniger, wird wieder aufgeladen und beginnt dann von Neuem.» Auch die Vorstellung eines Karmas sei für sie plausibel. Wenn man etwas Schlechtes mache, bekomme man auch etwas Schlechtes. Allerdings kann sie sich nicht vorstellen, dass man unendlich wiedergeboren wird. Irgendwann kommt man an einen Platz – Himmel oder Hölle –, an dem man bleibt.

Und wie sieht sie die Person Jesu? Es beeindruckt sie, dass er seine Jünger wie eine Familie behandelt hat. Diesen zunächst fremden Menschen sei er schliesslich ganz nahe gewesen. Nach dem Abendmahl habe er sich entschlossen, alle Sünden auf sich zu nehmen. Dies sei eine sehr grosse Aufgabe gewesen, die er mit seinem Tod erfüllt habe.

Für die 14-Jährige ist es gut, an etwas zu glauben, «wenn man dabei realitätsnah bleibt». Dann kann der Glaube zu einer wichtigen Stütze im Leben werden, z. B. wenn man krank wird oder gar das Leben bedroht ist. Im Alltag hilft er, dass man nicht gleich aufgibt, sondern konsequent weitersucht. (dk)

 

Samira mit «Freiheit» (Titelbild)
Auch die 16-jährige Samira, die in Romanshorn die 3. Sekundarklasse besucht, fand das Projekt von Elfride Zefi eine gute Idee. «Für mich war es spannend zu sehen, was andere in meinem Alter mit dem Glauben verbinden und wie sie das in einem Bild beschreiben würden. Deshalb habe ich mich auch direkt bereit erklärt, hierbei mitzumachen», sagt sie. Samiras Bild wurde von ihr in den Ferien im Tessin aufgenommen und spiegelt nicht nur im Wasser die Schönheit der Natur ab, sondern zeigt auch Weite und damit Möglichkeiten auf – dem Blick sind sozusagen keine Grenzen gesetzt. «Für mich hat Glauben etwas mit Freiheit zu tun. Deshalb hatte ich dieses Wort direkt im Kopf, als ich von der Idee erfuhr, Momente des Glaubens mit dem Handy festzuhalten. Das Foto gab es da schon und so ist beides ineinandergeflossen», erklärt die Oberstufenschülerin.

Die Bilder der Jugendlichen wurden anfangs September 2021 im Rahmen des Kunstprojekts «s´drüüK» im «Treffli» in Romanshorn ausgestellt. Dort trafen sich die jungen Teilnehmer*innen und tauschten sich untereinander über ihre Fotos und Gedanken dazu aus. «Von den anderen Bildern hat mir eines sehr gut gefallen, das eine Familie gezeigt hat. Die Idee, dass die Familie für diese Person den Glauben symbolisiert, fand ich sehr schön. Teilweise war es für mich ziemlich überraschend, auf was meine Kolleg*innen gekommen sind», meint Samira. Für die 16-Jährige zeigt sich der Glauben jedoch so oder so auf vielfältige Art und Weise, beispielsweise auch, wenn sie mit ihrem Pferd Suny Zeit verbringt. «Wir haben zusammen schwere Zeiten durchlebt, als Sami Verletzungen hatte und wir keine Turniere mehr bestreiten konnten. Die Ärzte meinten damals, dass sich mein Pferd nicht mehr erholen wird. Doch das hat es und wir konnten uns wieder als Team zusammenraufen. Auch das ist für mich Glauben, denn es hätte auch ganz anders ausgehen können».

Die junge Romanshornerin kam durch ihre Familie dazu, sich eingehender mit Religion auseinanderzusetzen. «Bei uns ist das ein grosses Thema. Meine Oma ist strenggläubig und geht jeden Tag in die Kirche. Ich selbst finde es spannend, wie verschiedene Menschen ihren Glauben interpretieren», so Samira. Sie ist davon überzeugt, dass Gott immer für die Menschen da ist. «Wenn etwas einmal nicht so läuft, wie es soll, sorgt Gott dafür, dass es wieder in die richtigen Bahnen gelenkt wird. Er hilft uns in Situationen, in denen wir nicht weiterwissen und schenkt uns Rat», sagt sie. Viele ihrer Kolleg*innen, so die 16-Jährige, würden nicht an Gott glauben, was sie aber nicht schlimm finde. «Ich frage sie dann nur, wer ihnen Kraft gibt, wenn sie selbst keine mehr haben». (sas)

Sarah Stutte und Detlef Kissner, forumKirche, 29.12.2021


 

Beiträge gesucht!
Gesucht sind ganz spezielle Momente, etwas, was euch sehr wichtig ist, was euch berührt, was mit eurem Glauben zu tun hat. Macht ein Foto von einem solchen Augenblick und schickt dieses mit eurem Vornamen, Alter und einem kurzen Titel (Beispiel auf Seite 8) an redaktion@forumkirche.ch. Das Foto sollte im Hochformat und in einer hohen Auflösung aufgenommen werden, d. h. nach der Aufnahme mit dem Handy per Mail verschickt werden. Wir von der Redaktion versuchen so viele Fotos wie möglich in unserer Serie «Glaubensbilder» zu veröffentlichen. Mitmachen können junge Menschen bis zu einem Alter von 25 Jahren.

Leonie
Quelle: Detlef Kissner
Leonie interessiert sich sehr für andere Religionen.

 

Bücherregal mit Bibel
Quelle: zVg
Das Gestell Gottes

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Samira
Quelle: Detlef Kissner
Samira ist überzeugt, dass Gott immer für die Menschen da ist.

 

Landschaft
Quelle: zVg
Freiheit

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