Ausbildung für freiwillige Begleiter und Begleiterinnen

Die Begleitung von Sterbenden und Schwerkranken im Kantonsspital ist für Doris Rubli zur Lebensaufgabe geworden. Die Ausbildung dazu hat sie in einem Kurs erworben, der Mitte des Jahres erneut startet.

Doris Rubli strahlt Ruhe aus. Ihre Ruhe schöpft sie aus vielen eindrücklichen Erlebnissen an Patientenbetten im Kantonsspital Schaffhausen, wo sie seit fünf Jahren Menschen in ihrer letzten Lebensphase begleitet. «Ich empfinde es als Vorrecht, diesen Dienst zu tun», sagt sie, «ich fühle allergrössten Respekt vor einem endenden Leben.»

Mit dem Sterben in Berührung kam die Schaffhauserin, als sie ihre Eltern gepflegt hat. «Meine Mutter litt fünf Jahre lang an Krebs. Am Ende starb sie gerne. Sie war eine sehr gläubige Frau und hat sich auf den Himmel gefreut», erzählt Rubli. Dies habe ihr Gelassenheit im Umgang mit Sterben und Tod geschenkt. Damals hörte sie von einer Frau, die schwer krank im Spital lag und keinen Besuch erhielt. «Es machte mich betroffen, dass jemand in seiner letzten Lebensphase so allein ist, und mir wurde klar, dass ich Menschen begleiten möchte.»

Eigene Endlichkeit

Nach ihrer Pensionierung besuchte die ehemalige Handarbeitslehrerin die «Ausbildung für freiwillige Begleiterinnen und Begleiter». Zwei Gruppen veranstalten alle paar Jahre diesen Kurs: Die Vereinigung zur Begleitung Schwerkranker Schaffhausen und Umgebung, die Patienten zu Hause oder in einem örtlichen Pflegeheim unterstützt, sowie die Sitzwache der Spitalseelsorge, die im Kantonsspital Einsätze am Abend und in der Nacht leistet. Die Teilnehmenden setzen sich im Kurs mit der Betreuung von schwer kranken und sterbenden Menschen, aber auch mit der eigenen Endlichkeit auseinander. Andreas Egli ist Spitalseelsorger am Kantonsspital. Gemeinsam mit seinem katholischen Kollegen Ingo Bäcker und weiteren Fachpersonen leitet er die Ausbildung und betreut die Sitzwache der Spitalseelsorge. «Es braucht die Auseinandersetzung mit der eigenen Sterblichkeit, um in diesem Bereich tätig zu sein», sagt er. Den Kursinhalt bilden religiöse und ethische Fragen, Palliativ Care sowie medizinische und pflegerische Aspekte des Sterbeprozesses. Ein Abend auf dem Waldfriedhof widmet sich der Abschiedskultur und Trauerarbeit. Ein anderer Kursabend dreht sich um Spiritualität: «Es geht darum, eine Grundhaltung zu finden, welche die spirituelle Haltung der Patienten respektiert. Ein Einsatz ist niemals eine missionarische Angelegenheit», sagt Ingo Bäcker.

Da sein statt handeln

Ein Einsatz kann bis zu sechs Stunden dauern, die Anfrage dafür kommt kurzfristig. Meist ist es das Pflegeteam auf der Station, das die Spitalseelsorge um Freiwillige anfragt. «Das Pflegepersonal erkennt, wenn Angehörige Entlastung brauchen oder Patienten nicht allein sein wollen», sagt der Spitalseelsorger. «Die Aufgabe der Freiwilligen lautet: Da sein als Mitmensch stellvertretend für die Angehörigen.» Voraussetzung dafür sei eine stabile seelische und körperliche Verfassung und die Bereitschaft, sich auf die Patienten und ihre Bedürfnisse in immer wieder neuen Situationen einzulassen. Das Handeln sei Aufgabe der Pflege: «Die Freiwilligen müssen aushalten können, dass sie nicht viel mehr tun können, als einfach da zu sein», sagt der Pfarrer.

Um Ruhe beten

Oft ist eine Person nicht mehr ansprechbar, wenn Doris Rubli ans Bett tritt. Früher hatte Doris Rubli damit gerungen, am Krankenbett nicht gross handeln zu können. «Heute versuche ich anzunehmen, was auf mich zukommt, und gehe betend in eine solche Situation», sagt sie. «Im Gebet übergebe ich den Patienten Gott.» Manchmal singt oder summt sie ein bekanntes Lied aus dem Kirchengesangbuch am Bett eines sterbenden Menschen: «Oft reagiert die Person darauf. Dann weiss ich, jetzt ist eine Verbindung entstanden zwischen uns. Das ist sehr eindrücklich, macht den Tod aber immer auch zu einem persönlichen Abschied.»

Während ihrer mittlerweile rund 30 Einsätze war Doris Rubli auch dabei, wenn jemand starb, oder sie war der letzte Mensch, mit dem eine Person noch sprach: «Eine Frau mit einem ganz friedlichen Gesicht sagte zu mir: ‹Ich hoffe, ich habe in meinem Leben nicht zu viele Fehler gemacht.› Ich habe ihr daraufhin angeboten, mit ihr zu beten. Nach dem Gebet ist sie mir unter Tränen um den Hals gefallen. Anderthalb Tage später ist sie friedlich gestorben. Ich war die letzte Person, mit der sie noch geredet hat.»

Adriana Schneider, Kirchenbote Schaffhausen/Red. (29.4.19)


Ausbildung 2019: August bis November.
Auskunft und Anmeldung bis Ende Mai: Andreas Egli, T 079 679 88 42, andreas.egli@spitaeler-sh.ch


 

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Bei ihren freiwilligen Einsätzen sitzt Doris Rubli bis zu sechs Stunden an einem Patientenbett.

Bild: Peter Leutert

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