Antworten auf Vertuschungsvorwürfe

Der Beobachter veröffentlichte am 17. August einen Artikel, in dem ein Fall einer Frau dargestellt wird, die als Jugendliche von einem Priester missbraucht wurde. Bischof Gmür wird darin unter anderem vorgeworfen, dass er sich nicht an die kirchenrechtliche Vorgabe gehalten habe, den Fall nach Rom zu melden. Die Arbeitsgemeinschaft der Pfarrblattredaktionen der Deutschschweiz (ARPF) fragte beim Bistum Basel nach und erhielt folgende Antworten. 

Warum kommt die Genugtuungskommission der Bischofskonferenz zur Entscheidung, es handle sich um einen «schwerwiegenden Fall», und spricht eine Entschädigungssumme über 15'000 Franken, während Bischof Gmür zum Schluss kommt, dass sich die Vorwürfe des Opfers nicht bestätigt hätten?
Die Genugtuungskommission macht eine Plausibilitätsprüfung, das Bistum prüft juristisch. Die beiden Wege folgen sehr unterschiedlichen Regeln und sind nicht direkt miteinander zu vergleichen. Der Widerspruch ist dennoch nicht zu leugnen. Der Bischof anerkennt, dass damals Verfahrensfehler gemacht wurden, die dazu geführt haben, dass kein kirchenrechtliches Strafverfahren eröffnet wurde.

Warum entscheidet Bischof Gmür nach der kanonischen Voruntersuchung, die Dokumente der Untersuchung nicht nach Rom zu schicken, und wie begründet er dies?
Der damalige Voruntersuchungsführer war der Meinung, dass nicht genügend Hinweise vorliegen, und ging fälschlicherweise davon aus, dass das Bistum die Akten nicht nach Rom schicken muss.

Weshalb hat Bischof Felix Gmür die Akten am 4. Juli dieses Jahres dennoch nach Rom geschickt?
Der Bischof hat die Angelegenheit nochmals überprüft, den Fehler behoben und alle Akten nach Rom übersandt.

Warum verhängte der Bischof dennoch ein Tätigkeitsverbot für den beschuldigten Priester in seinem Bistum, wenn sich doch die Vorwürfe des mutmasslichen Opfers angeblich nicht erhärten liessen?
Das Tätigkeits- und Kontaktverbot für den beschuldigten Priester wurde schon zwei Wochen vor Beginn der Voruntersuchung verhängt. Diese Schutzmassnahme wurde erlassen, um die betroffene Person vor jeglicher Einflussnahme durch den Beschuldigten zu schützen. 

Warum werden die Aufzeichnungen des Opfers nicht in die Beurteilung einbezogen?
Die Aufzeichnungen wurden durchaus einbezogen, aber aus heutiger Sicht falsch beurteilt.

Wieso händigte Bischof Gmür die Unterlagen, die nicht in die Beurteilung einfliessen und deren Richtigkeit in Zweifel gezogen werden, dem Beschuldigten aus?
Der damalige Voruntersuchungsführer hat fälschlicherweise Kriterien, die für ein kirchliches Strafverfahren gelten, bereits auf die Voruntersuchungsphase angewendet. Er war der Überzeugung, dass bereits für die Voruntersuchung dem Beschuldigten alle Beweise vorgelegt werden müssen, damit sich dieser angemessen verteidigen kann. Das ist verfahrensrechtlich nicht korrekt.

Interview: ARPF, 30.08.2023


Eine Zusammenfassung des Beobachter-Artikels und die offizielle Stellungnahme des Bistums Basel sind auf dieser Website unter News veröffentlicht.

Bischof Felix Gmür
Quelle: Pia Neuenschwander
Angesichts der vom Beobachter erhobenen Vorwürfe muss sich Bischof Felix Gmür erklären.

Kommentare

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Erich Häring

02.09.2023, 14:44

Zur „Entschuldigung“ von Bischof Gmür, mein persönlicher Eindruck: Ein schwammiges Schreiben, das lediglich zum Ausdruck bringt: sorry, sollte nicht passieren! Für jene, die vom unsäglichen Missbrauch Skandal in der Kah. Kirche direkt betroffen sind, mangelt es an Empathie und wird nicht deutlich, was der Bischof, bzw. der Betroffene, der sich fehlerhaft verhalten, daraus für Konsequenzen ziehen. Immerhin hat Bischof Gmür doch einen ehemaligen und den jetzigen Offizial als Berater für das Kirchenrecht, und ich möchte sehr hoffen , dass diese Priester sich, da die Missbräuche seit Jahren hinziehen, auch im geltenden schweizerischen Strafgesetzbuch sehr gut auskennen ( müssten). Zudem hat auch der Generalvikar gute Beziehungn nach Rom und dem amtierenden Nuntius in Bern.
Wenn drei Priester den Bischof in einem Missbrauchsfall beraten, oder die Sache nur bei einem liegt, die anderen aber nicht einbezogen werden, (ich habe davon keine Kenntnis), dann müsste der Bischof schon etwas mehr als „es ist halt ein Fehler passiert…) zum Ausdruck bringen. Ich denke dabei auch an die Seelsorgenden, die täglich von Menschen wegen den Missbräuchen angegangen werden. Sollen die Seelsorgenden, auf diesen Fall angesprochen sagen, der Bischof hat sich entschuldigt. Es kann ja ein Fehler passieren. Mir kommt dabei Papst Franziskus in den Sinn, der einen Bischof von Osnone eingesetzt hat, der von verschiedensten Quellen als Missbrauchstäter bezichtigt wurde. Der Papst beschimpfte die Kritiker als „dumm“. Als der Papst nicht mehr anders konnte, entschuldigte er sich bei den Bischöfen in Chile. - Das war es dann. -

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