Pastoralkonferenz zu «Nähe und Distanz»

Die Seelsorgenden des Thurgaus setzten sich in ihrer digitalen Pastoralkonferenz mit dem Schutzkonzept des Bistums Basels auseinander, in dessen Mittelpunkt Prävention und Intervention bei sexuellen Übergriffen steht. Begleitet wurden sie dabei von Christiane Weinand, die seit letztem Oktober als Präventionsbeauftragte des Bistums tätig ist.

Nachdem Christiane Weinand die Aufgaben des Diözesanen Fachgremiums gegen sexuelle Übergriffe vorgestellt und in das Schutzkonzept eingeführt hatte, berichteten einzelne Teilnehmende, wie dieses Konzept bisher vor Ort umgesetzt wurde. In einer Pfarrei hat schon das komplette Team die geforderten Privat- und Sonderprivatauszüge eingereicht. Bei den Mitarbeitenden der Landeskirche ist dies ebenfalls geschehen. In einem anderen Pastoralraum müssen die Mitarbeitenden – vor allem diejenigen, deren Aufgaben nicht mit einer bischöflichen Missio verbunden sind – noch darüber informiert werden.

Forderungen an Freiwillige?

Viele Seelsorgeteams beschäftigt die Frage, inwieweit von Freiwilligen – wie vom Bischof empfohlen – auch Privat- und Sonderprivatauszüge eingefordert werden sollen. Wo verläuft die Grenze? Christiane Weinand verwies darauf, dass dies vor Ort besprochen und entschieden werden müsse: «Letztlich geht es um die Frage, wie wir in der Pfarreiarbeit den Schutz vor Menschen gewährleisten können, die zu Grenzverletzungen neigen.» Sie machte auf andere Instrumente der Prävention aufmerksam, die ebenso eingesetzt werden könnten. Eine Teilnehmerin berichtete davon, dass sie grosse Widerstände bei Freiwilligen gegenüber einer Weiterbildung zum Thema «Nähe und Distanz» erlebt hätte: «Es herrschte die Meinung vor: Das ist nicht unsere Baustelle.» Es habe viel Überzeugungsarbeit gebraucht, bis der Kurs akzeptiert wurde. Christiane Weinand hob in diesem Zusammenhang hervor, dass Prävention nur im Dialog stattfinden könne und dass Teilnehmende an solchen Kursen für sich und ihre Beziehungsgestaltung etwas mitnehmen würden. «Dies muss in jedem Fall gut kommuniziert werden», so die Präventionsbeauftragte.

Hemmungen überwinden

In weiteren Ausführungen legte sie dar, wie sehr sich in den letzten 50 Jahren Regeln in Beziehungen – vor allem im Blick auf die Rolle von Kindern, Jugendlichen und Frauen – verändert hätten. Heute träfen unterschiedliche Normierungen von Beziehungsgestaltung aufeinander. In der Pfarreiarbeit könnten sich zudem die private und die dienstliche Beziehungsebene überlagern. «Das braucht immer wieder Klärung », so Weinand, «die Frage ist, wie wir dieses Thema besprechbar machen können. » Sie plädierte dafür, darauf hinzu - wirken, dass an verschiedenen Orten über Beziehung gesprochen wird – unter Kolleg*innen, im Team, bei Weiterbildungen, aber auch mit Frei willigen oder Gläubigen. Erst wenn sich eine Kultur der Besprechbarkeit entwickle, liesse sich auch bewerten, was Grenzverletzungen seien. Sonst werde diese Einschätzung nur individuell getroffen und nicht aus einer gemeinschaftlichen Haltung heraus. Ein Teilnehmer wies darauf hin, dass das Schutzkonzept vor allem Seelsorgende in die Pflicht nimmt. Was ist aber, wenn Avancen vom Gegenüber ausgehen und die*der Seelsorger*in sich gegen übergriffiges Verhalten wehren muss? Christiane Weinand sieht darin eine besondere Herausforderung, aber auch hier müssten eigene Bedürfnisse und Grenzen thematisiert werden.

Und Nähe!

Prävention bedeutet für die Fachfrau, nicht nur Abstand einzuhalten: «Wir müssen uns auch fragen, wie wir Nähe hinbekommen.» Seelsorge lebe ja gerade von emotionaler Nähe. Dem pflichtete ein Teilnehmer bei: «Ein verkrampfter Umgang ist das Ende vom Anfang.» Aber auch in diesem Fall sei es wichtig, im Dialog miteinander zu lernen und die Gläubigen dabei einzubeziehen, fügte Weinand hinzu. Im Verlauf der Sitzung wurde immer wieder Bedarf an Hilfe von diözesaner Seite festgestellt: Pastoralraumleitende bräuchten eine Schulung, wie sie die Gesprächsfähigkeit ihrer Teams über Beziehungsgestaltung fördern können; die Selbstverpflichtung, die Mitarbeitende unterschreiben, sollte durch ein Haltungspapier, Tutorial oder Webinar verständlicher gemacht werden; Freiwillige könnten durch Online-Lektionen für das Thema sensibilisiert werden; der Kirchenbasis sollten Grundinformationen zum Schutzkonzept und Kontaktdaten zur Verfügung stehen, die ihnen signalisieren, dass es der Kirche ernst ist mit ihrem Vorgehen gegen Missbrauch.

Detlef Kissner, forumKirche, 2.3.21
 

Plakat
Quelle: zVg
Das Bistum Basel wirbt mit einem Plakat dafür, sich über die gewünschte Nähe und Distanz zu verständigen.

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